Mad Hatter

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Sonnenlicht und die übliche Morgenübelkeit kitzelten mich aus meinem Schlaf. Hastig griff ich auf beiden Seiten neben mich und erfasste auf der rechten den Eimer. Grade noch rechtzeitig konnte ich mich über ihn beugen, bevor ich das ganze Bett vollgesaut hätte. Seufzend stellte ich den Eimer wieder weg und langte nach den Feuchttüchern, die auf dem kleinen Nachttisch, neben dem Krankenbett, neben meinem Handy lagen. Mit einem der Tücher wischte ich mir den Mund ab und ließ es in den Eimer fallen. Mein nächster Griff ging zu der Wasserflasche, die an dem Fußende, des Bettes lag. In einem Zug war die halbe Flasche leer.

Mehr oder weniger begeistert stellte ich jetzt fest, dass mein üblicher erster Morgenablauf vorbei wahr und dass ich, wie gestern Abend, noch immer im Krankenhaus lag und BamBam, wie er gestern gesagt hatte, verschwunden war, nachdem ich wohl tief und fest eingeschlafen war. Ich streckte mich und nahm mir mein Handy. Meine Kinder hatten mir ein Bild geschickt, wie ihr Vater etwas unbeholfen am Herd stand und versuchte Pancakes oder etwas ähnliches in der Pfanne zu machen. BamBam hatte mir eine halbe Stunde vor den Kindern ein Selfie von sich geschickt, auf der er völlig verpeilt im Bett lag und ziemlich grummelig das Gesicht verzog. 'fehlst neben mir' hatte drunter geschrieben. Ich lachte leise und scrollte mich schließlich durch die sozialen Netzwerke.

Noch immer machten Kampagnen wie #preyandpeaceforjyp oder #dontbombthemastersofmusic die Runden. Da wir das ganze hin und her und rumgeschleime nicht unterstützten wurden wir von der Klatschpresse nicht grade positiv bewertet, so hatte es jetzt auch mein Ausraster von vor drei Wochen ins Internetgeschafft, jedoch kursierte nur noch ein Screenshot der viralen Nachricht im Internet, da wir sofort dagegen vorgegangen sind.

Ohne dass überhaupt geklopft wurde, wurde die Tür zu meinem Krankenhauszimmer aufgerissen und zwei Ärzte gurkten herein. Augenrollend schaltete ich mein Handy aus und legte es neben mich auf die Matte. "Guten Morgen Mrs Bhuwakul mein Name ist Doktor Breyd. Ich bin Chefpsychologe auf der psychatrischen Station und das neben mir ist Doktor Marblen Oberarzt hier auf der Station der Allgemeinmedizin und der plötzlichen Einlieferungen." stellte sich mir ein, ziemlich nach Arschkriecher aussehender mitte vierzig jähriger, Mann mit seiner Kollegin vor und wollte mir die Hand reichen. Ich ignorierte seine Geste und auch die der Frau, die den Seelenklempner nachahmte. Von BamBam und meinen anderen, aus Asien stammenden Freunden, hatte ich gelernt, dass es das unrespektableste war, wenn man den Gruß eines älteren nicht erwiederte. Doch in den Augen des Beklopptendoktors lag genau so wenig Respekt, wie in meinem Empfinden. Er schien der Typ Mensch zu sein, der alles aus den Klatschzeitungen für das wahrste der Welt hiel und mich nun auf das geschriebene über mich herunterreduzierte. Ungewollt hatte ich durch meine Abweisung beim Interview wohl ein wenig mehr Bekanntheit erlangt. "Ich brauche keinen Sorgenabquatscher. Dafür habe ich meinen Mann und meine beste Freundin." murrte ich und sah abweisend aus dem Fenster.

"Mrs Bhuwakul, das verstehe ich, aber sie hatten einen ziemlich heftigen Shock durch etwas schlimmes, was Ihnen wohl wiederfahren ist." hämmerte er herum. Ich lachte auf. "Und Sie als Sprechstunden Arzt für nicht ganz dichte denken also, dass sie mir mein Trauma einfach so nehmen können?" lachte ich auf. "Sie kennen mich nicht, wissen nicht wie ich ticke, oder wie meine Denkweisen sind und wollen mir bei etwas helfen, was mich seit Jahren beschäftigt? Na dann nur zu. Versuchen Sie zu erraten was mich zu einer Geisteskranken macht." provozierte ich ihn, nur um zu wissen, ob er mit irgendeinem pädagogischen Müll anfangen würde.

Der Nervenarzt sog angestrengt die Luft ein. "Bestimmt werden Sie die Ereignisse von vor wenigen Wochen quälen." Wie oberflächlich er doch war. Dieser möchtegern Helfer für mentale Schäden hatte diese Berufsrichtung doch wohl nur eingeschlagen, damit er ordentlich Kohle scheffeln konnte und sich ein schönes Leben machen konnte. "Sie liegen Meilenweit daneben, weil Sie nähmlich, wie ich bereits erwähnte, keinen Plan von mir, geschweige denn von meiner Verhaltensweise haben. Sie sind oberflächlich. Das ist an ihren blankpolierten 1500 Dollar Schuhen und ihrer arschkriechermäßigen Frisur doch mehr als simple zu erkennen. Bestimmt glauben Sie auch das, was man sich so über den Ort wo ich arbeite erzählt. Falls ich wirklich einen Heiler für mentalität und Nerven brauche, will ich jemanden der unvoreingenommen ist und heut zu Tage ist diese Art Mensch so selten wie ein Einhorn in freier Wildbahn, also verlassen Sie, Herr Doktor Möchtegernzuhörer, mein Zimmer." ließ ich meinen offenen Gedanken freien Lauf. Sollten sie mich jetzt als schlecht gelaunt und zutiefst depressiv hinstellen, ich vertrat nur meine Meinung und mir war es egal, ob man sie akzeptierte oder ablehnte.

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