Kapitel 3

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Ich raffte all meinen Mut zusammen, straffte die Schultern, hob den Kopf an und ging auf die Bank zu. Ich hatte beschlossen nicht länger das stille Mädchen zu sein, das ihn nur anstarrte. Nein, heute würde ich mit ihm sprechen!

Ich ging an all den Menschen vorbei, die um mich herum auf der Wiese saßen und ignorierte ihre spöttischen Blicke.

Erstaunlich schnell hatte ich den Platz überquert und erreichte Alex und seine Freunde.

„Seht nur, das hässliche Entlein ist da!“, lachte eines der Püppchen.

„Wer hat die denn aus der Irrenanstalt gelassen?“, spottete ihre Freundin.

„Von welchem Planet kommt die denn? Anti-Modia? Planet of ugly faces?”, kicherte einer der Jungs dümmlich.

„So ein Nasenfahrrad!“, hörte ich eine weitere Stimme sagen.

„Total die Brillenschlange! Und seht mal ihre Metallfresse!“, lachte jemand irgendwo rechts von mir.

Doch ich ignorierte sie alle. Es war mir egal, was sie sagten oder dachten. Für mich zählte nur er.

Und genau er sah mich nun an. Seine blauen Augen richteten sich direkt auf meine braunen und ein Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus.

„Serena!“, lächelte er.

Er kannte meinen Namen?

„Schön, dass du da bist!“ Er schien sich wirklich zu freuen.

Wieso freute er sich? Hatte er mich jemals schon bemerkt?

„Danke!“, wollte ich sagen, doch ich bekam keinen Ton heraus.

Da war er wieder, der Kloß in meinem Hals.

Ich wollte ihm danken. Ihm sagen, dass es ebenfalls eine Freude war ihn zu sehen, doch es gelang mir nicht. Stattdessen wurde der Kloß in meinem Hals zu einem Knoten, der sich immer enger um meine Kehle schlang.

„Schaut nur, das Äffchen kann nicht sprechen!“, lachte eines der Püppchen hinter mir.

Ich wollte ihnen das Gegenteil beweisen. Irgendetwas sagen, was ihnen zeigte, dass ich sprechen konnte. Doch es ging einfach nicht.

„Was erwartet man auch von so einer?“, lachte einer der Jungs.

„Naja, wer so viel mit der Nase in Büchern steckt, sollte doch wenigstens ein Wort beherrschen!“, gackerte das zweite Püppchen wie ein Huhn.

„Vielleicht ist sie ja taubstumm!“, kam mir ein recht nett wirkender Junge zu Hilfe.

„Nein, die ist einfach nur strohdumm!“, lachte eine mir bekannte Stimme, was mich dazu veranlasste, mich umzudrehen.

Dort stand er.

Er war einer von ihnen.

Ich traute meinen Augen kaum.

Luke stand vor mir und lachte mich aus.

Mein bester Freund, Luke.

Mein einziger Freund.

Er sah mich an, wie er es immer tat. Doch dieses Mal lag etwas in seinen Augen, dass mich erschaudern ließ. Er amüsierte sich ebenso über mich, wie jeder andere hier.

„Luke!“, platzte es aus mir heraus. All die Empörung und Verwirrung lag in meiner Stimme. Ich beachtete nicht mehr, dass ich umgeben war von Menschen, es zählte nur noch er. Warum tat er mir das an? Warum reagierte er wie all die anderen?

In seiner Gegenwart konnte ich immer sprechen. Ich konzentrierte mich einfach auf ihn. Mit ihm zu sprechen war kein Problem, auch wenn andere mich dabei beobachteten, wie es jetzt der Fall war.

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