Und nun stand genau dieses blonde Biest wieder vor mir.
„Kannst du nicht aufpassen wo du hinlatscht, Brillenschlange?“, keifte sie und richtete sich ihr Top neu, ehe sie sich wieder mir zuwandte. Ihre Augen weiteten sich einen kurzen Moment lang und dann kam dieses lang verhasste spöttische Grinsen wieder in ihr Gesicht. „Ich glaub es nicht! Serena? Serena Fray?“
Sie hatte mich also auf den ersten Blick nicht erkannt. Aber wieso sollte man auch sofort erkennen, dass derjenige vor einem stand, beziehungsweise auf dem Hintern saß, den man über Jahre fertig gemacht hatte.
Ich stand auf und im nächsten Moment stellte sich jemand hinter Jessica und ich bekam zum zweiten Mal innerhalb von Sekunden einen Schock, als ich von den braunen Haaren in das Gesicht blickte.
Das durfte einfach nicht wahr sein! Acht Wochen war ich auf der Uni und dachte, ich würde alles durch Unauffälligkeit überleben, mal abgesehen von den immer verschwindenden Mitbewohnern. Und nun das. Innerhalb von vielleicht einer Minute hatte sich mein Dasein als unauffälliges Mädchen zu einem Mädchen in der Hölle geändert. Diese eine Minute vom Zusammenstoß bis jetzt zeigte mir sofort, dass die Zukunft auf dieser Uni eine Katastrophe werden würde.
Jessica allein war schon schlimm genug, aber das war nun zu viel.
Vor genau zehn Jahren, zwei Monaten und siebzehn Tagen hatte ich eine Auseinandersetzung mit Jessica. Ich hatte damals meinen ersten Hund bekommen und als meine Mutter während des Spaziergangs kurz in einen Laden wollte, um noch ein paar Dinge einzukaufen, wollte ich ihn nicht allein lassen und so wartete ich mit ihm zusammen draußen auf meine Mutter. Das war ein Fehler.
Denn noch ehe ich sie sah, hörte ich vom Weiten schon Jessicas Stimme meinen Namen rufen.
Ich hatte mich umgesehen und als ich erkannte, dass sie über den Parkplatz auf mich zukam, verdrehte ich schon genervt die Augen.
Rasch schwand meine Hoffnung, dass sie an mir vorbei in den Laden gehen würde.
Sie blieb ein paar Meter vor mir stehen, zeigte auf mich und sagte ihrem Bruder, dass ich es sei. Ich kam gar nicht dazu mich zu fragen, was ich sei, da kam ihr Bruder schon auf mich zu.
Es war beängstigend. Er war ein knappes Jahr älter als wir und viel zu groß. Er war nicht nur für sein Alter ziemlich groß, ich war für meines auch noch viel zu klein, was mich wie einen Zwerg und ihn wie einen Riesen wirken ließ.
Er hielt genau vor mir an. Automatisch wurde ich noch kleiner, da meine Knie ein wenig einsackten.
Michael hatte mich einfach am Kragen gepackt und hochgehoben.
„Wenn du auch nur noch ein einziges Mal auf die Idee kommst, meine Schwester zu hauen, dann kriegst du es mit mir zu tun! Ist das klar?“, hatte er mich angefaucht.
Ich nickte einfach nur. Widerstand war zwecklos. So war das in dieser Familie. Es machte keinen Sinn zu sagen, dass ich sie gar nicht angefasst hatte.
Die gleiche Situation in der ich mich befand, hatte Luke zuvor mit Jessicas Vater erlebt. Der riesige Mann hatte ihn ebenfalls Problemlos am Kragen hochgehoben und ihm gedroht. Und das nur, weil Jessica heulend zuhause angekommen war und statt zu gestehen, dass sie in der Schule Ärger bekommen hatte, weil sie ihre Hausaufgaben vergessen hatte, hatte sie behauptet, Luke hätte sie mit riesigen Steinen beworfen.
Gutherzig wie Luke schon immer war, hatte er versucht, zu erklären was wirklich geschehen war. Doch die diplomatische Art hatte ihm nur noch mehr Ärger eingehandelt.
Diesen Fehler wollte ich nicht wiederholen. Also nickte ich einfach nur.
Michael Riverdale ließ mich los und ich plumpste neben meinem Hund auf den Hintern, ehe er und Jessica sich gackernd davonmachten.
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Swot
Teen FictionVon keinem bemerkt und beachtet. Das ist Serena Fray. Ihr Aussehen entspricht auch ihrem Innern. Es gibt nichts wichtigeres als Lernen für sie. Sie ist durch und durch der Klischee-Streber. Freunde? Hat sie einen. Beziehung? Keine. Doch es gibt die...