Kapitel 32

391 39 5
                                    

Seit meinem kleinen Unfall mit der Lavalampe war nun eine Woche vergangen. Die meiste Zeit hatte ich mich in meinem Zimmer verbarrikadiert und es erfolgreich vermieden, ihm zu begegnen. Wem ich dabei nun eigentlich wirklich aus dem Weg ging, war schwer zu sagen. Während meiner Stunden in der Uni begegnete ich sowohl Alex, als auch Luke ein paar Mal und ging ihnen ebenso oft rasch aus dem Weg. Die Situation in Alex’ Zimmer war mir noch immer so peinlich, dass ich es einfach nicht schaffte, die Schultern zu straffen und ihm gegenüberzutreten. Er hatte mir bisher zwar keine Rechnung zukommen lassen, dennoch hatte ich die letzten Tage ziemlich lange nach einem kleinen Job gesucht. Ich wollte nicht, dass ich die Rechnung später meinen Eltern schicken müsste. Nein, dies war etwas, das ich allein schaffen musste, auch wenn dann kostbare Lernzeit fürs Arbeiten verloren ginge.

Was Luke betrifft, schien mir die Sache jedoch noch komplizierter zu sein. Ich konnte mir noch immer keinen Reim darauf machen, warum er mich gemieden hatte. Doch seit jenem Tage, der mich noch immer erröten lässt, scheint er es darauf anzulegen, mir zu begegnen und mich zu beobachten. Das jedenfalls ist es, was mir aufgefallen war. Also war es nun an mir, zu verschwinden und mich zu verstecken.

So sehr ich es auch gehasst hatte, nicht mit ihm reden zu können, so sehr nahm ich es ihm jetzt übel, dass er mich zurückgewiesen hatte. Hätte ich geahnt, was dieser Tag alles bringen würde, wäre ich im Bett geblieben, aber leider war meine Kristallkugel diesen Morgen im Urlaub.

„Vi!“, rief ich, während ich durchs Zimmer hetzte und etwas zum Anziehen suchte. Es schien, als wäre ich die letzten Wochen nicht ein einziges Mal in die Waschküche gegangen. Mein Schrank war, bis auf ein paar neongrüne Kuschelsocken mit orangefarbenen Streifen komplett leer. Dafür hatte der Wäschekorb einen beachtlichen Berg über sich angenommen und schien auf die doppelte Größe gewachsen zu sein.

„Viola!“, rief ich erneut, als ich sah, dass sie sich noch immer kein Stück bewegt hatte. Sie hing einfach in ihrem Bett, oder außerhalb ihres Bettes? Ihr Körper lag in ziemlich seltsamer Form auf dem Bett, doch ihr Kopf und ihre Schultern hingen hinab in Richtung Boden. Würde sie noch ein paar Zentimeter nach vorn rutschen, würde es ein schmerzhaftes Date von Kopf und Teppich geben, so viel stand fest.

„Ich leihe mir Hose und Top von dir, okay?“, fragte ich sie und rannte bereits, in mein Handtuch gewickelt, zu ihrem Schrank.

Von Viola war jedoch noch immer kein Geräusch zu vernehmen.

„Ich öffne deinen Schrank jetzt, wenn du irgendetwas dagegen hast, dass ich mir etwas von dir borge, dann sage es am Besten jetzt!“, rief ich ihr noch einmal zu.

Wie erwartet kam keine Reaktion.

Grinsend riss ich ihren Kleiderschrank auf und stellte fest, dass er, im Gegensatz zu meinem gähnend leeren Elend, proppenvoll war. Viola musste in der ganzen Zeit ziemlich oft in der Waschküche gewesen sein. Seufzend begann ich meine Suche nach etwas, das nicht zu kurz, zu bunt, zu durchsichtig, zu – einfach nach etwas, das auch ich tragen würde. Nicht, dass etwas an Violas Outfits auszusetzen wäre, ganz im Gegenteil, jedes einzelne stand ihr perfekt und betonte ihre Figur, ohne schlampig zu wirken. Sie waren nur alle einfach nichts für mich.

Ich mochte Grautöne - grau in jeder Form und Farbschattierung. Violas Schrank jedoch explodierte nur so in Farbtönen, die ich nicht einmal benennen konnte. Und dieser Schrank war das reinste Chaos. Nichts, rein gar nichts, war sortiert.

SwotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt