Kopfschüttelnd schälte ich mir den seltsamen Anzug vom Leib und ließ mein langes blaues Kleid zum Vorschein kommen.
„Ser! Das ist wunderschön!“, keuchte Viola auf. „Nein, du bist es! Deine Haare!“
„Ja, ich war beim Friseur! Die arme Frau hatte unglaublich viel Arbeit! Ich dachte schon, sie würde es nie innerhalb dieses Jahres schaffen, meine Borsten zu Haaren zu machen, aber sie war schnell und gut“, grinste ich.
„Soso, Bier trinken, ja?“ Hinter Viola tauchte Luke auf. „Ich wusste gar nicht, dass du neuerdings trinkst. Okay, ich wusste auch nicht, dass du sprichst und dir die Haare machen lassen würdest!“
Alles um uns herum verschwand und wie zuvor beim Spiel starrten wir uns einfach nur in die Augen.
„Luke ich…“, begann ich, doch er brachte mich mit einer Geste zum Schweigen.
„Lass mich aussprechen, Ser!“, sagte Luke ohne eine Spur jeglicher Emotion im Gesicht. „Das Einzige, das ich wusste, ist, dass du tapfer bist. Ich wusste, du bist stark genug um eines Tages über dich selbst hinauszuwachsen und ich wusste, der Tag würde kommen, an dem du dich Jessica stellen wirst. Ich bin wahnsinnig stolz auf dich!“
„Ich lass euch zwei dann mal allein!“, murmelte Viola so leise, dass ich es fast nicht gehört hätte und bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge im Haus.
Eine kleine Träne schimmerte in Lukes Augen und ich war einfach nur sprachlos.
Sprachlos, obwohl ich endlich vor anderen gesprochen hatte.
Ich spürte, dass sich auch in meinen Augen Tränen bildeten, als ich ihn ansah und registrierte, wie sehr er mir gefehlt hatte.
Man sollte meinen, wenn Freunde sich ein paar Tage nicht sehen, wäre das nicht schlimm. Die meisten Freundschaften schafften es auch über Wochen, doch bei uns war es anders. Ich hatte ihn mein Leben lang immer um mich herum gehabt. Klar, auch wir hatten uns mal ein oder zwei Tage nicht gesehen, doch er hatte mir immer gefehlt. Und nun, da wir keine Freunde mehr waren, – was ich ja wirklich toll verbockt hatte – fehlte er mir noch viel mehr.
Ehe ich mich versah, hatte Luke mich gepackt und in seine Arme gezogen.
Sobald ich in seiner Umarmung lag, ließ ich den Tränen freien Lauf.
„Tu so etwas nie, NIE wieder, Ser! Hörst du? Nie wieder! Das verkrafte ich nicht!“, flüsterte Luke mir ins Ohr und ein Tropfen landete auf meiner Stirn.
Ein Tropfen, der definitiv nicht eine meiner Tränen sein konnte, schließlich flogen Tränen nicht nach oben. Ein Tropfen, der auch kein Regen sein konnte, schließlich befanden wir uns in einem Haus und ich konnte doch annehmen, dass das Dach und das Stockwerk über uns den Regen, der gar nicht existierte, von uns fernhielten.
Ich sah auf und mein Verdacht bestätigte sich. Auch Luke weinte. Er weinte nicht wie ich, schließlich war er ein Mann und Männer weinten nicht einfach los. Ich heulte Rotz und Wasser, Luke verlor ein paar unauffällige Tränen.
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Swot
أدب المراهقينVon keinem bemerkt und beachtet. Das ist Serena Fray. Ihr Aussehen entspricht auch ihrem Innern. Es gibt nichts wichtigeres als Lernen für sie. Sie ist durch und durch der Klischee-Streber. Freunde? Hat sie einen. Beziehung? Keine. Doch es gibt die...