Viola hatte mich zum Sprechen gebracht.
Sie hatte mich verteidigt, war für mich da, als ich eine Freundin brauchte.
Nun war sie es, die mich brauchte.
Und ich würde mir eher beide Beine abhacken, als nicht für sie da zu sein.
Viola weinte sich eine Weile in meinen Armen aus und ich tat nicht mehr als sie zu halten und ihr sanft über den Rücken zu streichen, doch genau das schien mir das Richtige zu sein.
Etwas in mir sagte mir, dass ich genau das tun musste.
Dass eine Freundin genau das tun musste.
Und Viola beruhigte sich langsam wieder.
Nach einigen Minuten lösten wir uns voneinander.
„Danke!“, flüsterte sie und wischte sich die Nässe von den Wangen.
Ich nickte einfach nur und versuchte leicht zu lächeln, was sie dann auch tat.
Einen Moment saßen wir beide noch da und sahen aus dem Fenster.
In der Gefühlslage zu fahren wäre fatal gewesen, also warteten wir einfach eine Weile ab, ehe wir uns auf den Weg zur Uni machten.
Wir hatten den halben Weg zur Uni hinter uns gelegt, als Viola plötzlich ein nicht sehr legales und durchaus lebensmüdes Wendemanöver hinlegte und wieder in Richtung Innenstadt fuhr.
„Himmel, willst du mich zu Tode erschrecken?“, keuchte ich, als ich nach der scharfen Linkskurve des Wendens auf der Straße wieder halbwegs gerade im Sitz saß.
„Entschuldige, das war nicht mein Plan!“, grinste sie.
„Das nächste Mal warne mich bitte vorher und warne andere, die bei dir ins Auto steigen, dass sie einen Footballhelm tragen müssen!“, grummelte ich.
„Meinst du nicht, ein Motorradhelm wäre besser?“, feixte sie.
„Nein, sie könnten versehentlich einen nehmen, der vorn offen ist. Also lieber gleich Footballhelm“ Ich hatte mich zwar noch nicht von dem Schrecken erholt – mein Herz raste wie verrückt – aber Viola wieder grinsen zu sehen, stimmte mich gleich genauso fröhlich.
„Serena? Du bist verrückt!“
„Sagt das Mädel, dass mich gerade fast in den Untergang gesteuert hätte, nur weil sie beschlossen hat, es wäre schöner mit dem Wind im Rücken zu fahren, auch wenn wir in einem Auto sitzen und nun in die falsche Richtung brettern!“, lachte ich und wurde dann aber wieder schnell ernst. „Wo willst du überhaupt hin?“
„Ich kenne da ein Cafe in der Stadt, die haben den besten Kaffee!“, sagte Viola so trocken, dass ich es für einen Witz hielt und lachte.
„Warte Mal, du meinst das wirklich so, oder?“, fragte ich fassungslos, nachdem sie mich verwirrt ansah.
„Natürlich, warum sollte ich das sonst sagen?“ Ich hasste Gegenfragen, aber diese war mir gleichzeitig eine Antwort.
„Und mich nennst du verrückt? Du wendest hier mitten auf einer befahrenen Straße um einen Kaffee trinken zu können und ICH bin verrückt? Viola, du hast offiziell einen Dachschaden!“ Wie an diesem Tag gewöhnlich, war es an mir, sie fassungslos anzustarren.
„Der Kaffee ist wirklich unglaublich gut!“ Sie sagte es, als würde es selbstverständlich sein und alles erklären.
„Normalerweise passen Wörter wie ’wirklich’ und ’unglaublich’ nicht in einen Satz, wenn es nicht um eine Glaubensfrage wie Gott geht!“ Es war einfach meine Pflicht, sie zu belehren.

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Swot
Novela JuvenilVon keinem bemerkt und beachtet. Das ist Serena Fray. Ihr Aussehen entspricht auch ihrem Innern. Es gibt nichts wichtigeres als Lernen für sie. Sie ist durch und durch der Klischee-Streber. Freunde? Hat sie einen. Beziehung? Keine. Doch es gibt die...