Überraschungen

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Ich ging schnurstracks nach oben in mein Büro, neben dem mein Schlafzimmer lag. Im Gegensatz zu England, hatte ich mir hier alles selbst einrichten dürfen. Das bedeutete, dass auch hier die Farben weiß und türkis im Vordergrund standen wie bei mir Zuhause. Ich mochte diese Kombination einfach. Es erinnerte mich irgendwie an die Schaumkronen, die auf den Wellen des Meeres tanzten. 
Ich ließ meinen Koffer in mein Schlafzimmer schweben. Es war nicht gerade groß, aber es reichte. Der Großteil des Zimmers wurde von einem zwei Meter breitem Bett eingenommen und ich hatte noch eine Frisierkommode, ein Nachtkästchen und einen großen Wandschrank. Das war es auch schon. Nicht gerade üppig, aber ausreichend. 
Mein Büro war der größere Raum von den beiden. Hier hatte ich alles, was ich zum Leben und Arbeiten so brauchte. Eine riesige weiße Regalwand, in der meine Bücher standen (sowohl fachlich als auch meine heißgeliebten Liebesschmöker), ein großer Schreibtisch aus Milchglas, hinter dem mein bequemer Ledersessel und davor zwei kleinere Stühle standen. Ein großes, weißes Ledersofa sowie eine Schrankwand, in der ein großer Fernseher stand, falls mir abends einmal langweilig wurde. Aber das kam ziemlich selten vor, da ich entweder laufen ging, Sport- und Tanzstunden gab, Aufsätze korrigierte oder mich mit einem Buch ins Bett verzog. Ich war also immer gut beschäftigt. Natürlich hatte ich auch einen Kamin. Er war aus weißem Sandstein und daneben hing ein türkisfarbenes Fässchen mit Flohpulver. Ich brauchte es zwar eher selten, da auch hier das An- und Abreisen wegen der Schutzzauber, die das Schloss umgaben, nicht möglich war, aber ich hatte mich schon das ein oder andere Mal mit Remus oder meiner Tante unterhalten. Das tat ich aber nicht so oft, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ, denn diese Art der Kommunikation war doch sehr unbequem. Immerhin musste ich mich da auf den hellen Parkettboden knien und meinen Kopf in den Kamin stecken. Nein, da waren mir Briefe eindeutig lieber. 
Ich packte schnell meine Sachen aus und ließ mich dann auf meinen Schreibtischstuhl fallen. Ich langte in mein Eingangsfach und zog den großen Stapel heraus, der nur darauf wartete, bearbeitet zu werden. Das meiste waren nur irgendwelche Regeländerungen, was das Schulleben anging oder irgendwelche Einladungen zu Seminaren. Das, was ich suchte, lag relativ weit unten. Die Mappe, mit meinen Stundenplänen. Ich hatte zwei Stück, da ich als eine der wenigen Lehrer zwei Unterrichtsfächer unterrichtete. Verwandlung und alte Runen. Das waren ja schon zu meiner Schulzeit neben Verteidigung gegen die Dunklen Künste meine Lieblingsfächer gewesen und da die Professoren, die diese Fächer zu meiner Zeit unterrichtet hatten, in Rente gegangen waren, hatte ich das kurzerhand übernommen. Es war ziemlich anstrengend, weil so mein Tagesplan ziemlich voll war, aber was soll's. So war ich wenigstens beschäftigt. 
Ich schaute meine Stundenpläne gut an und schrieb schließlich meinen eigenen. Wieso Olympe das nicht gleich so machte, verstand ich nicht ganz, aber was hätte ich denn sonst getan? Eben, mich nur gelangweilt. Folgendermaßen sah er aus. 

Montag: Verwandlung 3. Klasse, Verwandlung 6. Klasse, Wahlfach Kickboxen 1. - 5. Klasse, Alte Runen 4. Klasse, Mittagspause, Doppelstunde Alte Runen 7. Klasse, Doppelstunde Wahlfach Tanzen 1.- 5.Klasse 

Dienstag: Doppelstunde Verwandlung 1. Klasse, Alte Runen 5. Klasse, Alte Runen 6. Klasse, Mittagspause, Doppelstunde Wahlfach Kickboxen 6. und 7. Klasse, Doppelstunde Sprechstunde

Mittwoch: Doppelstunde Verwandlung 7. Klasse, Doppelstunde Alte Runen 5. Klasse, Mittagspause, Doppelstunde Wahlfach Tanzen 6. und 7. Klasse, Verwandlung 4. Klasse, Alte Runen 3. Klasse 

Donnerstag: Doppelstunde Alte Runen 6. Klasse, Doppelstunde Verwandlung 4.Klasse, Mittagspause, Alte Runen 7. Klasse, Alte Runen 6. Klasse, Doppelstunde Verwandlung 5. Klasse 

Freitag: Doppelstunde Verwandlung 2. Klasse, Doppelstunde Verwandlung 3. Klasse, Mittagspause, Verwandlung 6. Klasse, Verwandlung 5. Klasse, Alte Runen 7. Klasse, Alte Runen 4. Klasse 

Puh, ganz schön heftig. So viele Doppelstunden. Versteht mich nicht falsch, ich mag meine Klassen ja, aber Doppelstunden sind immer anstrengend, vor allem wenn man 2 Hauptächer und 2 Wahlfächer gleichzeitig unterrichten muss. Ich glaube, ich habe ja schon einmal erwähnt, dass es in Beauxbatons diverse Wahlfächer gab, die neben dem normalen Unterricht unterrichtet wurden und da keiner der anderen Lehrer Kickboxen und Tanzen geben wollte oder konnte, war diese Aufgabe auch noch mir zugefallen. Wem denn auch sonst? Ich hatte ja noch nicht genug zu tun. Also, nicht dass ich mich jetzt beschwere, denn ich liebe meine Arbeit, aber manchmal war das schon ziemlich anstrengend. 
Nachdem ich mit meiner Arbeit soweit fertig war, zog ich meine Schublade auf und holte mir meine Schachtel Zigaretten heraus. Ja, ich hatte zu rauchen angefangen. Zwar nicht sonderlich viel – nur vier bis fünf Zigaretten täglich – aber ich brauchte das irgendwie. Es war Teil meiner Entspannung. Sicherlich würden einige Leute sagen, dass ich einen absoluten Vollschuss habe, wenn sie davon wüssten, aber es war mir egal. Ich war trotzdem noch viel sportlicher, als viele andere Menschen auf dieser Welt. Schließlich hatte ich bisher genug in meinem Leben durch gemacht und das Rauchen hatte mir irgendwie dabei geholfen, dass ganze zu verarbeiten. Da konnte man auch einmal abschalten, wenn man nicht an Dinge denken wollte, die einem im Kopf herum geisterten. 
Ich steckte mir eine Kippe in den Mund und zündete sie an. Ich nahm einen tiefen Zug, behielt ihn kurz drinnen und stieß den Rauch dann wieder aus. Ah, das tat gut. Das war so...
Klopf, Klopf, Klopf.
Wer, in drei Teufels Namen, besaß die Frechheit, mich jetzt zu stören? Es war erst viertel vor eins, da hatte ich doch wohl noch meine Ruhe verdient, oder etwa nicht? Das war ja wieder einmal typisch. Kaum hatte ich mir eine Zigarette angezündet und genoss einmal die fünf Minuten, die ich für mich hatte und dann kam schon wieder irgendein Idiot daher, der etwas von mir wollte. Dazu kann ich nur eines sagen: AAAAAH!
Klopf, Klopf, Klopf. 
Ja doch. Himmel, immer diese Hetzerei. 
„Ja, bitte“, sagte ich und drückte hastig meine Zigarette im Aschenbecher aus. Nicht, dass es doch noch Olympe war. Sie verabscheute Rauchen. Aber Alkohol, der war ja soooo gesund!
Während ich schnell das Fenster öffnete, um den Rauchgeruch aus dem Zimmer zu verscheuchen, hörte ich, wie die Türklinke nach unten gedrückt wurde und die Tür leise aufging. Mein Gehör, das seit dem Werwolfangriff mindestens dreimal so gut funktionierte, ließ mich niemals im Stich. 
„Entschuldigen Sie“, meinte eine dunkle Herrenstimme, die mir irgendwie bekannt vorkam. Vielleicht täuschte ich mich aber auch. „Ich suche die stellvertretende Schulleiterin. Können Sie mir sagen, wo ich sie finde?“
„Da sind Sie bei mir schon goldrichtig“, erwiderte ich und drehte mich mit einem freundlichen Lächeln um. 
Da traf es mich auch schon wie ein Blitz. 

Bat in my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt