Auf los geht's los

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Alles lief wie am Schnürchen. Oder sagen wir lieber, mehr oder weniger, denn ich musste meiner Chefin doch tatsächlich fast geschlagene ZWEI Stunden Rede und Antwort stehen. Ich meine, hatte sie eigentlich noch alle Latten am Zaun? Das war doch schließlich nichts ungewöhnliches, dass man spontan mal einen Tag frei brauchte, oder etwa nicht? Es könnte ja sein, dass ich einfach mal zum Frauenarzt oder so musste. Wobei, das sollte ich ihr lieber nicht sagen, sonst war ich am Ende noch im 8. Monat schwanger und es musste eine Babyparty der absoluten Oberklasse für mich geschmissen werden. Nein, nein, lieber nicht.
Also versuchte ich es einfach mit einem Teil der Wahrheit, aber ich hütete mich davor, ihr vom großen Highlight selbst zu erzählen, denn sonst wusste es Severus noch vor allen anderen. Wenn mich der Verrat, den ich vor ein paar Wochen aufgedeckt hatte, eines gelehrt hatte, dann dass ich Olympe nicht mehr allzu sehr vertraute. Schade zwar, da wir immer sehr gut miteinander ausgekommen waren, aber lieber würde ich mir die Zunge abbeißen, als noch einmal so herein zu fallen. Außerdem war meine Vorgesetzte eine rechte Tratschtante und ich war mir sicher, dass sie sofort zu Hagrid oder Dumbledore rennen würde, um zu berichten, dass ich Sev nun doch heiraten wollte. Und genau der sollte derjenige sein, der es als erstes erfuhr und zwar vorzugsweise von mir selbst.
Gut, wo war ich? Ach ja, ein Teil der Wahrheit. Die Erklärung, die ich mir zurecht gelegt hatte, musste Madame Maxime also einfach genügen. Ich eilte direkt von meinen Räumlichkeiten hinunter zur Beauxbatonskutsche, wo ich Olympe Gott sei Dank vollbekleidet und noch dazu alleine im Salon antraf. Ohne irgendwelche Umschweife kam ich sofort auf den Punkt meines Anliegens zu sprechen.
,,Olympe, ich brauche am Montag frei”, sagte ich eilig und lehnte mit einem Kopfschütteln den mir angebotenen Platz in einem Sessel ab.
Meine Freundin zog etwas verwirrt die Augenbrauen nach oben und kräuselte ihre Nase, wie immer, wenn ihr etwas nicht wirklich in die Karten spielte. Es sah mir nun mal überhaupt nicht ähnlich, dass ich einfach so den Unterricht ausfallen ließ, was wiederrum bedeuten würde, dass sie wahrscheinlich für mich einspringen musste und sie eben nicht mit Hagrid durch die Betten toben konnte. Oje, jetzt bloß kein Kopfkino, das konnte ich jetzt wirklich nicht gebrauchen.
,,Jetzt mal immer schön langsam, Marie”, gab sie auf Französisch zurück und setzte ihre Lesebrille ab, die bis eben auf ihrer Nase geruht hatte. ,,Es waren doch eben erst Ferien und am Montag ist der erste offizielle Unterrichtstag. Da kann ich Dir nicht so einfach frei geben. Die Schüler haben immerhin ein Recht auf ihren Unterricht und ich selbst habe eigentlich wirklich keine Zeit, um...”
Ja, verdammt nochmal, ich würde auch lieber jeden Tag 24 Stunden lang mit Severus vögeln. Ich hab es schon kapiert, Olympe, aber manchmal geht das einfach nicht und ich stehe schon so oft für Dich gerade... Genau so sollte ich ihr das eigentlich sagen, aber als ich sie schließlich unterbrach, wahrte ich natürlich Professionalität wie immer. Immerhin wollte ich ja etwas von ihr, also machte ich lieber einen auf obernett und freundlich.
,,Hör zu, Olympe, ich würde Dich nicht darum bitten, wenn es nicht wirklich wichtig wäre”, sagte ich deshalb schnell. ,,Du weißt, wie gerne ich unterrichte und dass ich auch niemals aus Jux und Tollerei Urlaub nehme, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Deswegen bitte ich Dich, mir einfach nur diesen einen Tag zu geben. Danach stehe ich wieder zu Deiner vollen Verfügung.”
Maxime seufzte schwer und lehnte sich in ihrem Sessel nach vorne, um mit mir auf Augenhöhe zu sein. Ja, selbst wenn sie saß und ich stand, war sie noch größer als ich.
,,Was ist denn überhaupt los, Marie? Was ist so wichtig, dass es nicht warten kann? Hast Du einen Arzttermin? Bist Du krank oder vielleicht sogar schw...”
Gaaah, wieso hatte ich gewusst, dass das jetzt kommen würde? Schnell weiter im Text, bevor sie dieses Wort noch aussprach.
,,Nein, es ist nichts dergleichen, Olympe. Ich erfreue mich bester Gesundheit, aber danke der Nachfrage. Es ist nur so, dass Severus am Montag Geburtstag hat und ich würde ihn gerne überraschen. Dazu muss ich aber noch einiges vorbereiten und das schaffe ich nicht in der einen Stunde, die mir nach dem Unterricht bleiben würde.”
,,Eine ÜBERRASCHUNG???”
Erschrocken zuckte ich zusammen, als Olympes lauter, freudiger Schrei die Wände der Kutsche zum Beben brachte und ich hatte Mühe und Not das Gleichgewicht zu halten, so sehr zitterte das ganze Gebäude. Oje, Olympe und ihr Temperament, damit hätte ich eigentlich rechnen sollen. Ihre Augen funkelten freudig erregt und sie blickte fast schon so erfreut drein wie ein kleines Mädchen, dem man gerade eröffnet hatte, dass es seinen Prinzessinnentraum leben durfte.
,,Pscht”, machte ich schnell und legte meinen Zeigefinger auf meine Lippen, um meine Freundin daran zu erinnern, dass sie diese Sache doch bitte nicht gleich in ganz England herum brüllen sollte. ,,Ja, eine Überraschung. Aber nichts großes. Nur ein romantisches Diner zu zweit. Aber bitte, Olympe, Du darfst es niemandem sagen. Diese Sache sollte unter uns bleiben, damit Severus auch wirklich überrascht wird.”
,,Oh, ja, natürlich, natürlich”, erwiderte sie schnell und tat so, als würde sie ihren Mund mit einem Schlüssel versiegeln. ,,Auf mich kannst Du Dich voll und ganz verlassen. (Na, das werden wir ja noch sehen) Aber jetzt erzähl schon...”
Und dann ging es los. Wie schon gesagt fragte sie mich fast zwei Stunden nach jeder noch so kleinen Kleinigkeit: Was ich denn genau geplant hatte... Was es zu essen geben würde... Wo ich die Zutaten einkaufte... Was ich gedenke zu tragen... Wo genau wir feiern würden... Wie die Dekoration aussah... Und so weiter und so fort...
Meine Antworten fielen dabei recht vage aus und ich tat oft so, als wüsste ich selbst noch nicht so genau, wie alles ablaufen würde. Dabei hatte ich jedes noch so kleine Detail bildlich vor Augen. Ich wusste schon genau, wie der Tisch gedeckt, die Teller angerichtet und die Umgebung ausgeleuchtet sein würde. Ich wusste auch genau, welches Kleid ich tragen und wie ich Severus überhaupt aus dem Schloss bekommen würde. Wie gesagt, ich war mir über alles im Klaren und war schließlich heilfroh, als ich die Kutsche mit einem ,,Aber natürlich bekommst Du dafür frei” verlassen konnte.
Das erste, was ich tat, bevor ich ins Schloss zurückkehrte, war mir eine Zigarette anzuzünden. Eine Begegnung mit der Halbriesin war einfach immer so verdammt nervenaufreibend und ich gebe zu, dass mir Olympe dabei oft tierisch auf den natürlich nicht vorhandenen Sack ging. Aber hey, immerhin hatte ich die Erlaubnis für Montag bekommen, also sei es drum. Manchmal musste man die Dinge auch mal positiv sehen. Es gab ohnehin schon viel zu wenige Optimisten auf dieser Welt. Vielleicht sollten wir sie ein bisschen mehr unterstützen.

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