~Chapter 71~

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Den ganzen Tag verbrachten wir zusammen in Orlando. Maxim zeigte mir neben seiner alten Schule, noch den Park wo er sich seinen Arm, durch einen Skateboardstunt, gebrochen hatte als er 10 war. Er hatte geschworen, dass an dem Unfall der Stein schuld war, der ganz plötzlich auf der Bahn aufgetaucht war - vorher war er definitiv nicht dagewesen - und nicht die Tatsache, dass er es einfach nicht hingekriegt hatte diesen Stunt zu vollbringen. Während er von seiner Kindheit erzählte beobachtete ich ihn. Seine Augen strahlten, ich hatte ihn zuvor noch nie so euphorisch erlebt. Er leuchtete praktisch vor Freude, dazu konnte er nicht aufhören heftig mit seinen Armen zu gestikulieren und zu grinsen. Seine Kindheit und die Erinnerungen an seine Eltern waren die Rettungsringe an denen er sich festhielt um nicht zu ertrinken.

Danach waren wir am Strand und spazierten am Wasser entlang. Wir zogen unsere Schuhe aus und konnten das Wasser und den Sand zwischen unseren Zehen spüren. Ich hatte schon immer das Gefühl geliebt mit nackten Füßen durch den Sand zu laufen. Es hatte mir immer eine gewisses Gefühl der Freiheit gegeben.
"Setzen wir uns hin?", fragte Maxim. Der Strand war ungewöhnlich leer. Oder zumindest war es nicht so voll wie ich es von Orlando erwartet hätte. So war es aus sehr ruhig und entspannend. Ich folgte Maxim Beispiel und setzte mich zu ihm in den Sand. Max zog mich zu sich und platzierte seine Beine jeweils links und rechts neben meiner Hüfte. Ich schmiegte mich mit meinem Rücken an seine Brust und konnte seinen ruhigen Herzschlag spüren.
"Glaubst du, dass es falsch ist sein altes Leben zurück zu wünschen?", fragte ich ihn.
"Nein ist es nicht.", antwortete er.
"Ich wünschte ich hätte mein altes Leben zurück."
"Was genau willst du denn zurück haben?", fragte er ruhig und ohne jeden Spott.
"Ich will wieder eine Routine in meinem Leben haben. Ich will selbstständig sein. Ich will mir keine Sorgen mehr darüber machen, dass etwas schlimmes passiert sobald ich alleine bin. Ich habe Albträume, die nicht aufhören wollen. Ich hab einfach keine Lust mehr."
Max lehnte seine Wange an meinen Kopf und legte seine Arme um mich.
"Glaubst du, dass irgendwann alles wieder gut wird? Das das alles irgendwann aufhören wird?"
"Ja. Vielleicht nicht heute. Vielleicht auch nicht morgen aber irgendwann. Irgendwann wird alles wieder gut.", versprach er und küsste meine Schläfe.

"Wohin gehen wir jetzt?", fragte ich ihn.
"In einen Blumenladen. Ich muss Blumen für jemanden kaufen.", antwortete er und bog in eine kleine Gasse ab. Ich fragte nicht nach wem genau er Blumen schenken wollte, früher oder später würde ich es von ihm erfahren. Maxim steuerte auf einen kleinen Laden zu, vor dem unmengen an Blumen verschiedenster Art standen. Die Sonnenblumen zogen mich magisch an und ließen mich zu ihnen gehen. Wenn ich mir eine Blume aussuchen müsste, wäre es definitiv eine Sonnenblume. Allein der Fakt, dass sie sich zur Sonne drehen fand ich unglaublich schön. Es war eine Art Metapher: man muss sich zur Sonne drehen um den Schatten hinter sich zu lassen.
Maxim stellte sich neben mich und eine kleine Frau mittleren Alters kam aus dem Laden und lächelte uns freundlich an.
"Was kann ich für das schöne Paar tun?", fragte sie. Ihr Blick veränderte sich jedoch als sie Maxim genauer ansah. Ihre Augen wirkten plötzlich traurig und doch lächelte sie gleichzeitig.
"15 Sonnenblumen und 15 weiße Rosen. Stimmts?", fragte sie ihn und ich fragte mich woher sie wusste was er kaufen wollte.
"Ja", meinte er und lächelte, "immernoch das Gleiche."
"Jahre sind vergangen und du kaufst dennoch jedes Mal das Selbe.", sagte sie und nahm von den Sonnenblumen und den Rosen jeweils 15 Stück aus dem Wassereimern. "Du hast dich aber lange nicht mehr hier blicken lassen. Und noch nie in Begleitung.", bemerkte sie und sah mich an.
"Ich bin in letzter Zeit nicht dazu gekommen hierher zu fahren.", erklärte er, "Das ist übrigens meine Freundin."
Ich lächelte und blieb allerdings still. Sie ging in den Laden rein und Maxim und ich folgten ihr. Dann band sie die beiden Sträuße zusammen und legte sie auf die Theke. Maxim reichte ihr einen 20 Dollar Schein und nahm die Blumen in die Hand.
"War schön dich hier mal wieder zu sehen", sagte sie liebevoll, "deine hübsche Freundin natürlich auch!", fügte sie noch dazu.
"Ja fand ich auch."
"Geht es dir auch gut?", fragte sie ihn mütterlich.
"Ja. Ja mir geht es super.", antwortete er, "Wir müssen jetzt auch los. Ich komme in ein paar Wochen wahrscheinlich wieder."
"Ich freue mich schon drauf!", meinte sie und nickte ihm zu. Sie verabschiedeten sich von einander und Max griff nach meiner Hand und zog mich aus dem kleinen Blumenladen.
"Sie war meine Nachbarin. Und der Blumenladen gehört ihr schon seit ich denken kann.", erzählte er ohne das ich ihn auffordern musste. "Jedes Mal wenn ich in Orlando bin, komme ich hierhin und kaufe Blumen für meine Eltern. Sonnenblumen für meine Mutter und Pfingstrosen für meinen Vater. Das waren deren Lieblingsblumen gewesen. Wir hatten immer welche in unserem Haus als ich klein war."
"Ich liebe Sonnenblumen!", sagte ich ihm.
"Ja ich habe gesehen wie du sie angesehen hast." Maxim legte einen Arm um meine Taille und gab mir einen kleinen Kuss auf den Kopf. Langsam dämmerte es mir wohin Maxim jetzt gehen wollte. Er wollte zu seinen Eltern auf den Friedhof. Ich ging außerdem davon aus, dass er sehr oft nach Orlando fuhr um seine Eltern zu besuchen. Dabei ging er jedes mal vorher in den selben Blumenladen und kaufte die selben Blumen. Das erinnerte mich auch daran wie er immer das selbe bei Barbara im Café aß: das Lieblingsessen von Dan. Wahrscheinlich hatte er sich eine Art Routine daraus gemacht damit er sowohl seine Eltern und als auch Dan in seinem alltäglichen Leben mit einbinden konnte, obwohl sie nicht mehr am Leben waren. Ich glaubte auch, dass er keine Veränderungen in seinem Leben ausstehen konnte, deswegen tat er immer wieder die selben Dinge. Er hatte von dem einen auf den anderen Moment seine Eltern verloren und auch seinen besten Freund. Jahrelang war er immer wieder bei verschiedenen Familien, die ihn nicht verstanden und ihn verändern wollten. Vielleicht war das auch einer der Gründe wieso er vorher keine Beziehungen hatte.
"Einen Penny für deinen Gedanken.", meinte Maxim.
"Ich hab über dich nachgedacht.", gestand ich.
"Dann muss es ein echt interessanter Gedanke über mich gewesen sein; du hast so vertieft gewirkt.", sagte er und führte mich durch ein Tor. Wir waren auf dem Friedhof angekommen. Friedhöfe hatten mir schon immer eine Angst eingejagt. Ich bekam immer ein komisches Gefühl in meinem Herzen. Als würde es jemand zusammen drücken und nicht mehr loslassen wollen. Ich folgte Maxim stumm und ließ mich von ihm führen. Das Grab seiner Eltern war nicht weit weg von dem Eingang. Deren Grabstein war aus hellem Stein gefertigt - welcher Stein es genau war konnte ich nicht identifizieren - und einer der größten auf dem Friedhof.
Es bedeutete mir unglaublich viel, dass er mich zu dem Grab seiner Eltern brachte, schließlich hatte er zuvor niemanden hergebracht.
Vorsichtig legte Max die Blumensträuße auf das Grab und trat einen Schritt zurück.
"Hey Mom! Hi Dad!", sagte er und seine Stimme bekam einen Unterton, welchen ich noch nie zuvor bei ihm gehört hatte. Es war eine Mischung aus Freude und Trauer zugleich, und noch etwas was ich allerdings nicht ausmachen konnte. "Ich habe wie versprochen mein Mädchen mit gebracht. Das ist Veronica."
"Hallo", sagte ich. In jeder möglichen Situation, wäre es eigenartig und sogar witzig gewesen, dass er quasi mit sich selbst sprach. Aber hier und jetzt war es etwas komplett anderes. Es war weder eigenartig noch witzig, es war unglaublich vertraut und intim. Irgendwie war es auch schön, dass er mit seinen Eltern sprach und auf eine Art sogar respektvoll.
"Ich lass dich für einen Moment alleine.", sagte ich um ihm die Privatsphäre und die Zeit mit seinen Eltern zu lassen.
Er nickte anerkennend und lächelte dankbar. "Ich liebe dich.", sagte ich leise und küsste ihn auf seine Wange. Ich ließ ihn alleine und ging einige Meter weiter. Ich hatte auf dem Weg eine Bank gesehen auf die ich mich setzen konnte.

~ Maxim's Sicht ~

"Und wie findet ihr sie? Sie ist atemberaubend oder? Du würdest sie lieben, Mom. Ihr beide würdet sie lieben. Ich habe noch nie so einen Menschen wie sie getroffen. Ihr Inneres ist sogar noch schöner als ihr Äußeres. Ich habe das Gefühl als würde sie wieder Licht in mein Leben bringen. Ich weiß, dass ich die letzten Male immer vom Tod geredet habe und das es keinen Sinn mehr gab um weiter zu leben, aber seit sie da ist habe ich diesen Gedanken komplett vergessen. Ich will weiter leben, ich will ein guter Mensch sein. Für sie. Ich weiß, dass sich das schnulzig anhört und so kennt ihr mich garnicht aber es ist nicht einmal so, dass ich ohne sie nicht mehr leben will, ich kann nicht mehr ohne sie leben. Sie ist das Einzige was mir geblieben ist, was mir wichtig ist. Irgendwann werde ich sie heiraten. Da bin ich mir sicher. Und ich hasse es, dass ihr nicht dabei sein werdet. Ihr fehlt mir so sehr. Aber mir geht es gut. Ich bin glücklich. Wegen ihr. Ich muss jetzt auch los. Ich wollte Nica noch etwas zeigen. Ich hoffe euch beiden geht es gut und ich komme bald wieder. Ich liebe euch beide. Grüßt Dan bitte von mir!"

Ich hoffe es gefällt euch xx

Is he really a bad boy?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt