~Chapter 78 also known as the end~

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Zwei Wochen Später

Alle Klamotten waren verpackt. Alle wichtigen Sachen waren schon in einem LKW unterwegs. Alle Papiere lagen bereit in meiner Tasche. Somit war alles fertig für den Umzug. Allerdings gab es noch etwas was ich unbedingt erledigen musste.
"Frank?", sagte ich durch mein Handy.
"Miss Veronica.", antwortete mein persönlicher Bodyguard Frank, an die Bezeichnung musste ich mich erst einmal gewöhnen, "was kann ich für dich tun?"
"Könntest du mich zu einem Ort hinfahren?", fragte ich ihn.
"Natürlich, Miss Veronica. Ich bin sofort bei dir."
"Danke", ich legte auf. Von nun an durfte ich keinen Schritt mehr alleine ohne Frank machen. Die einzige Ausnahme war, wenn ich alleine Zuhause war, da musste Frank nicht hier sein - trotzdem war er immer in der Nähe, nur einige Minuten entfernt - oder wenn ich zusammen mit meinem Vater war oder mit Maxim. Und jetzt war ich froh, dass Maxim nicht da war. Er war bei sich Zuhause und verbrachte den Tag mit Taylor, Martin und Sophie. In den letzten zwei Wochen hatte er bei mir im Krankenhaus verbracht und nachdem ich entlassen wurde, mussten wir einiges an Papierkram erledigen. Deswegen hatte er sich den letzten Tag genommen um ihn mit seiner Familie zu verbringen. Mein Vater war arbeiten und von Mia und Jake hatte ich mich schon vor drei Tagen verabschiedet. Beide waren nach Australien geflogen. Ein gemeinsamer Urlaub. Mittlerweile war ich der festen Überzeugung, dass die beiden was am laufen hatten. Zwar hatten wir drei schon früher mal davon geträumt zusammen nach Australien zu fliegen aber, dass sie jetzt ausgerechnet zu zweit dahin geflogen waren, war schon eine Überraschung. Aber um ehrlich zu sein hatte ich kein Problem damit, nicht dass ich etwas zu sagen hätte, aber meinen Segen hatten die beiden auf jeden Fall. Vielleicht waren sie ja füreinander bestimmt. Wer weiß?
Frank, der durch die Haustür kam - er hatte einen Schlüssel, klopfte allerdings immer bevor er das Haus betrat - brachte mich aus meinen Gedanken.
"Miss Veronica!", begrüßte mich Frank und nickte mir zu.
"Hey!", erwiderte ich.
"Wohin soll die Reise gehen?", fragte er mich.
"Bevor ich es dir sage musst du mir etwas versprechen", er sah mich skeptisch an und ich fuhr fort, da er noch nichts dazu sagte, "du arbeitest doch für mich oder?"
"Ich arbeite für deinen Vater."
"Mein Vater hat dich angestellt aber genaugenommen bist du doch mein  Bodyguard oder nicht?"
"Worauf willst du hinaus?" Er wurde misstrauisch, dass konnte ich erkennen.
"Du musst mir versprechen, niemandem zu erzählen wo wir hinfahren. Weder Maxim noch mein Vater darf es erfahren."
"Das hört sich nicht gut an. Was hast du vor?"
"Du musst mir vorher versprechen es niemandem zu erzählen, Frank. Ich flehe dich an!" Sein skeptischer Blick verwandelte sich in Zweifelhaftigkeit. Es dauerte einige Augenblicke bis er erneut fragte, was ich vor hatte.
"Versprichst du mir, dass du niemandem erzählst wo wir hinfahren?", fragte ich ihn ein letztes Mal.
"Ich werde es niemandem sagen."

Frank und ich kamen ungefähr eine Stunde später an unserem Ziel an. Ich saß auf der Rückbank und sah ihm durch den Rückspiegel in seine Augen.
"Bist du sicher, dass du das tun willst? Ich halte ich für keine gute Idee."
"Ich muss es tun. Ich kann nicht nach New York ziehen ohne damit vorher abzuschließen."
"Ich glaube nicht, dass dein Vater oder Max begeistert wären, wenn sie es erfahren.", gab er mir zu bedenken. Natürlich war mir bewusst, dass mein Dad und Maxim ausrasten würden, wenn sie wüssten, dass ich vor dem Gefängnis stand und kurz davor war meinen Entführer - auch bekannt als mein Exfreund - zu besuchen. Mein Vater würde mit großer Wahrscheinlichkeit Frank auf der Stelle kündigen, schließlich sollte er auf mich aufpassen und nicht mich dabei unterstützen solche dummen Ideen auszuführen. Und Maxim, Maxim wäre wahrscheinlich einfach nur enttäuscht von mir. Vielleicht würde er es aber auch verstehe, wenn ich ihm erklären würde wieso ich das unbedingt tun musste. Irgendwann kratzte ich dann schließlich meinen Mut zusammen, öffnete die Autotür und stieg aus. Frank folgte mir stumm in das Gebäude. Es dauerte eine Weile bis Frank und ich letztendlich ins Besucherzimmer geführt wurden. Das ganze Abfragen und Abtasten, dauerte wirklich lange.
"Ich warte draußen.", sagte Frank als wir vor der Tür standen.
"Danke.", antwortete ich und er nickte mir zuversichtlich zu. Ich setzte mich auf den Stuhl, vor den Eisentisch. Der Raum bestand nur aus dreckigen, kahlen, grauen Wänden, einem Tisch und zwei Metallstühlen. Es sah genauso aus wie in den ganzen Filmen und Serien. Genau wie ich mir das vorgestellt hatte. Nur dachte ich, dass ich etwas entspannter wäre. Aber der Klos in meinem Hals verdoppelte sich gefühlt jede Minute, genauso wie meine Hände immer nasser wurden. Mein Herz schlug in unregelmäßigen Abständen und ich fing an meine Entscheidung zu hinterfragen. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen hierhin zu kommen. Die Tür wurde geöffnet und James wurde in Handschellen von einem Polizisten in den Raum begleitet. Er trug einen orangenen Overall und war deutlich überrascht mich zu sehen. Er setzte sich hin und der Polizist entfernte ihm die Handschellen. Dieser sagte mir, dass wir genau 30 Minuten Zeit hatten bevor er schließlich den Raum verließ.
"Ronnie.", antwortete er mit Sehnsucht in seiner Stimme, während er sich die Handgelenke rieb, die wund von den Handschellen waren. "Du kannst dir garnicht vorstellen wie froh ich bin dich zu sehen."
"Ich werde wegziehen.", sagte ich ihm und unterbrach damit seine Gefühlsduselei.
"Raus aus Miami?", fragte er überrascht.
"Ja."
"Zusammen mit ihm?" Den eifersüchtige Unterton überhörte ich nicht.
"Ja"
"Das freut mich für dich!"
"Danke", antwortete ich, da ich wusste, dass er es ernst meinte.
"Ist das der Grund wieso du hierhin gekommen bist?", fragte er mich.
"Nein", sagte ich, "das war nicht der Grund." Ich sah ihn an. Er wirkte viel unsicherer und nicht mehr so selbstbewusst im Vergleich zum letzten Mal. Sein Bart war länger geworden, auch seine Schultern wirkten breiter. Was ziemlich überraschend war, da es nur ein Monat her war, dass wir uns zuletzt gesehen hatten.
"Ich kann keinen Neuanfang starten, wenn ich mit der Vergangenheit nicht vorher abgeschlossen habe. Deswegen bin ich hier, damit ich mit allem abschließen kann. Ich möchte von dir, dass du mir jede Frage, die ich dir gleich stellen werde, ehrlich beantwortest. Okay?"
"Okay", antwortete er ohne zu zögern.
"Ich erkenne sofort, wenn du mich belügst!", sagte ich mit drohender Stimme.
"Ronnie, ich habe nichts mehr zu verlieren.", erwiderte er. Ich hätte mit Verzweiflung in seiner Stimme gerechnet, aber davon war nichts zu hören. Es klang eher so als hätte er sich mit seinem Schicksal abgefunden. "Ich werde dir alles ehrlich beantworten, ich verspreche es!" In diesem Moment tat er mir wirklich leid. Er hatte eine großartige Zukunft vor sich gehabt; seine Eltern waren beide aus sehr wohlhabenden Familien, die große Unternehmen gegründet hatten. Er hatte sehr gute Noten damals in der Schule gehabt und hätte danach sofort in einem der Unternehmen anfangen können. Das alles hatte er sich leider durch seine Taten und sein Verhalten genommen. Er hatte sehr dunkle Seiten an sich, aber ist er wirklich ein schlechter Junge?
"Hast du meine Entführung von Anfang an geplant?", fragte ich ihn und beschloss so neutral wie möglich zu reagieren, egal wie seine Antworten auch ausfallen mögen.
"Ich habe angefangen es nach meiner Entlassung zu planen."
"Wofür war die Waffe?"
"Um dir Angst zu machen."
"Hattest du vorgehabt mich zu verletzen?"
"Niemals!"
"Hättest du mich freigelassen, wenn Maxim nicht gekommen wäre?"
"Ja."
"Wolltest du auf mich schießen?"
"Nein. Es war ein Versehen."
"Wohin ging der zweite Schuss?", fragte ich.
"Ich wollte Maxim treffen, aber der Schuss ging daneben." Er hat auf Maxim geziehlt...Bevor ich weitermachen konnte, musste ich erstmal meinen normalen Atemrhythmus auf die Reihe bekommen. Ich wusste nicht was ich mit ihm angestellt hätte, wenn er Maxim getroffen hätte. Wahrscheinlich würde ich nicht mehr hier sitzen sondern ihn bereits erwürgen.
"Bist du froh, dass du ihn verfehlt hast?"
"Ja."
"Wieso?"
"Du hättest es mir niemals verziehen. Hätte ich ihn getroffen oder sogar getötet, würdest du es mir niemals verzeihen. Ich mein ich hab dich angeschossen und dich in Lebensgefahr gebracht und du bist deswegen nicht sauer, aber als du erfahren hast, dass ich ihn treffen wollte, warst du bereit mich anzuspringen.", zuerst tat ich so als würde ich nicht wissen was er meinte, aber dann fuhr er fort: "Deine Augen haben sich geweitet und ich habe dieses Zucken deiner Brust bemerkt. Aber du hast dich zurück gehalten, weil du weißt, dass du es bereuen wirst, wenn du ausgerastet wärst." Mit allem was er gerade gesagt hatte, hatte er recht. Er kannte mich, genauso gut wie ich ihn, wahrscheinlich kannte er mich sogar besser.
"Wusstest du, als du ihn in der Bar getroffen hast, dass es Maxim war?", fing ich erneut an mit meiner Fragenrunde.
"Ja."
"Hast du ihn extra provoziert? Weil du wusstest, dass wir zusammen sind?"
"Ja."
"Warst du draußen, auf meinem Balkon, als Maxim und ich da waren?" Ich erinnerte mich an das Gefühl, der Unsicherheit, das Gefühl als würde ich Dinge sehen, die nicht da waren.
"Ja. Ich war da. Aber nur das eine Mal.", ich wusste nicht ob der Gedanke mich beruhigen sollte, dass ich ihn wirklich gesehen hatte und ich es mir nicht nur eingebildet hatte oder ob ich mich jetzt noch unwohler fühlen sollte.
"Weiß er was zwischen uns war?", fragte er mich.
"Ja. Er weiß alles was du mir angetan hast.", beantwortete ich seine Frage.
"Wie hat er reagiert?"
"Er wollte dich umbringen." Er lachte.
"Ja, das glaube ich ihm. Ich glaube ich hätte es getan, wenn ich an seiner Stelle wäre." Ich wusste nicht was ich mit dieser Aussage anfangen sollte, deswegen reagierte ich nicht darauf und fuhr einfach fort.
"Was hat es mit der Fotowand aufsich?" Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass es die überhaupt gab, aber als ich von den Beamten befragt wurde, zeigten sie mir Bilder, die sie von der Fotowand gemacht hatten.
"Ich weiß nicht.", antwortete er und ich konnte die Unsicherheit spüren, "Ich war in einem Gefängnis voll mit Psychos, die ziemlich kranken Scheiß gemacht haben. Ich glaube ich hab es zu dem Zeitpunkt für eine gute Idee gehalten, Fotos von dir an eine Wand zu kleben und die Entführung zu planen als wären wir in einem Film."
"Was ist mit der Mappe?", ich brauchte nicht einmal erwähnen was für eine Mappe ich meinte. Er wusste sofort wovon ich sprach. Als ich die Bilder in der Mappe gesehen hatte, hatte ich mich noch nie so dreckig gefühlt. Alles was er getan hatte war unverzeihbarer kranker Scheiß, aber das war noch abartiger als alle seine Taten zusammen.
"Ronnie..."
"Antworte mir, James! Wir haben kaum noch Zeit und ich habe noch einige Fragen. Also, antworte mir!", drängte ich ihn, da ich langsam die Geduld verlor.
"Na gut.", seuftzte er. "Es hat mir gefallen. Es hat mir gefallen dich so zu sehen, deswegen habe ich die Bilder gemacht. Ronnie, ich weiß auch nicht was damals in mich gefahren ist. Ich kann dir nicht erklären wieso ich diese ganzen Dinge gemacht habe. Es war so als wäre ich zu diesem Zeitpunkt ein anderer Mensch gewesen. Ich hatte keine Kontrolle mehr über mich selbst.", er versuchte nach meinen Händen zu greifen, die auf dem Tisch lagen, aber ich zog sie sofort an mich und gab ihm nicht die Möglichkeit mich anzufassen, "Ronnie, wenn ich das alles zurück setzen könnte, alles was ich dir angetan habe, jede einzelne Schramme, die ich dir zugefügt habe, einfach alles, ich würde es auf der Stelle tun. Ohne zu zögern." Er wirkte heute komplett anders. Er benahm sich so wie damals als wir noch zusammen waren. Er war wieder der James in den ich mich damals verliebt hatte. Nur war keine Liebe mehr vorhanden. Zumindest nicht von meiner Seite aus. Das einzige was ich verspürte war Mitleid. Er tat mir leid, was er aus seinem Leben gemacht hatte. "Manchmal fühlt es sich so an als wäre ich ein Gast in meinem eigenen Kopf. Als hätte jemand anderes die Kontrolle übernommen. Du weißt wie ich eigentlich bin, du kennst mich besser als jeder andere Mensch. Du weißt doch wie ich wirklich bin, Ronnie!", er legte seine Arme über Kreuz auf den Tisch und sah mir in die Augen. "Die ganzen schrecklichen Sachen, die ich dir angetan habe, dass war nicht ich. Ich, mein wahres Ich, hätte dir niemals soetwas angetan. Du erinnerst dich doch noch daran wie wir früher waren, oder?", fragte er mich. Und das einzige was ich tun konnte war nicken. Natürlich wusste ich noch wie wir früher waren. Wir waren glücklich gewesen. Jung und naiv. Grün hinter den Ohren. Es war alles perfekt. Bis zu dem Zeitpunkt als bei ihm diese Schübe angefangen haben.
"Ich habe ein ganzes Jahr niemanden an mich gelassen.", erzählte ich ihm. "Nachdem du mir das angetan hast, nachdem du mich vergewaltigt hast, ich konnte keine Berührungen ertragen, keine Nähe. Ich hatte das Gefühl als wären deine Hände ständig auf meinem Körper. Als würdest du mich ständig anfassen.", es sah für einen Moment so aus als würde er Tränen in den Augen haben, aber ich hatte keine Lust darauf über unsere Beziehung zu reden, die längst vorbei war. Ich wollte, dass er versteht, was er mit mir gemacht hat.
"Du hast mir alles weggenommen, mein Stolz, meine Ehre, meinen Körper. Alles.", es tat mir in meiner Seele weh, darüber zu reden und all die Gefühle und Schmerzen erneut zu erleben.
"Es war mir so peinlich, ich fühlte mich danach so gedemütigt. Ich hatte den Eindruck, als wäre ich wertlos. Als hätte ich nichts besseres verdient. Danach hatte ich mir eingeredet, dass ich es verdient hatte vergewaltigt zu werden. Hätte ich es nicht verdient, dann wäre es mir nicht passiert. Richtig?"
"Nein!", antwortete er obwohl die Frage keine wirkliche Frage war. Deswegen ignorierte ich ihn und fuhr fort. "Ich wollte, dass niemand davon erfährt, weil es mir peinlich war, dass ich mit jemandem zusammen war, der mir soetwas antun konnte, es getan hat. Ich habe es niemandem erzählt, dass du mich vergewaltigt hast. Nur Mia."
"Und ihm. Maxim hast du es auch erzählt.", warf er mit ein. Es lag ein eigenartiger Ton in seiner Stimme. Als wäre er verletzt. Aber nicht nur wegen dem was er mir angetan hat, sondern auch, weil ich es Maxim erzählt habe. Oder vielleicht einfach nur weil Maxim in meinem Leben war. Und er nicht mehr.
"Wieso hast du es ihm erzählt?", fragte er mich. "Wieso ihm?"
"Weil er mir das Gefühl gegeben hat als wäre ich etwas Wert. Ich bedeutete ihm etwas. Ich tue es immer noch. Er war der Erste dem ich vertrauen konnte, er war der Erste vor dem ich keine Angst hatte. Deswegen habe ich es ihm erzählt, weil ich ihm mein Leben anvertrauen würde, wenn es sein muss.", beantwortete ich ihm seine Frage, "Ich habe es sogar schon getan. Er hat mir mein Leben gerettet, mehrmals.", ich wollte ihn leiden sehen. Ich wollte, dass er das Gleiche empfand wie ich damals. Ich wollte ihm wehtun, so wie er mir wehgetan hat. "Einmal sogar vor dir."

Is he really a bad boy?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt