Tention

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Er sah mich weiter an. Es brodelte unter seiner Oberfläche, das war seinen Augen anzusehen.

Scheinbar unfähig weiter ruhig auf dem Stuhl sitzen zu bleiben stand James auf und begann im Wohnzimmer auf- und ab zu gehen, zwar langsam, scheinbar zielstrebig und notwendig, doch beim genaueren hinschauen vielmehr gehetzt und rastlos. Wie ein wildes Tier im Zoo.

Zeit, das eingepferchte Tier ein wenig weiter zu Reizen.

Nachdem ich einen weiteren und damit letzten Bissen getan hatte, stand ich grazil auf. In aller Ruhe schob ich meinen Stuhl zurück und strich betont langsam und sorgfältig die Krümel aus meinem ausladenden Dekolleté ehe ich meine Haare schwungvoll zurück und über meine rechte Schulter warf. Schwarze Wellen ergossen sich über meiner Haut und Haarspitzen kitzelten mich.

James, der mich aus dem Augenwinkel am anderen Ende des Raumes beobachtet haben musste, knurrte.

"Jetzt reicht's. Ich werde dich nicht als verdammte Dirne auf die Straße gehen lassen, nur weil du eine deiner kindischen Launen zu haben scheinst."

In schnellen Schritten durchquerte er den Raum und packte mich grob am Oberarm.

"Los, rauf mit dir und umziehen!" zischte er.

Unwirsch schob er mich vorwärts, raus aus dem Esszimmer. Mit aller Kraft stemmte ich mich gegen ihn, war er doch um so vieles stärker und wütender als ich. Mein, für ihn wahrscheinlich unerwarteter, Widerstand brachte ihn zum Stillstehen. Ich entriss ihm meinen Arm und ihn dadurch ebenfalls näher an mich heran.

Erneut trennten uns nur Zentimeter. Was uns beide einst kalt gelassen hatte, lud nun die Luft mit unertragbarer Spannung. Mein Herz raste. Langsam fuhr ich mit meiner Hand die nackten Konturen seines Schlüsselbeines nach, welche aus dem Hemd hervorschauten, ehe James energisch nach meiner Hand schnappte und sie an Ort und Stelle festhielt. Wütend und herausfordernd funkelnd schaute ich nach oben in seine Augen.

"Also erst anheizen und dann die Hitze nicht ertragen können?" säuselte ich, die Stimme triefend vor Sarkasmus.

Dabei drückte ich mich provokant noch ein bisschen näher an ihn und ließ meinen Körper zu ihm nach vorne kippen. Alleine sein zorniger und dunkler, leicht verschleierter Blick ließ mich geräuschvoll schlucken, wobei mein Hals zugeschnürt war und ich das Gefühl hatte einen Kloß in der Luftröhre zu haben. Eine Mischung aus Angst, Zorn und, wenn ich ehrlich war, auch Lust machten sich in mir breit. Teile in mir, wollte sich an ihn drücken und ihn zum Stöhnen und keuchen bringen. Ihn in die Knie zwingen und besiegen.

"Ich dachte ich hätte dir jetzt deutlich gemacht, dass dein Handeln Konsequenzen hat und du noch nicht mit den großen Spielen kannst." Seine Stimme war heiser und leise.

Seine Worte trafen mich unerwartet heftig und ich keuchte auf. Dass er nun bestätigte, dass ich seine Handlungen gestern richtig gedeutet hatte, riss mir ein weiteres Loch ins Herz. Gerne wäre ich weg gelaufen und hätte mich los gemacht, doch noch immer hielt James meine Hand in seinem Griff fest an seine Brust. Sein Daumen strich dabei geistesabwesend in sanften Kreisen über die dünne Haut auf der Innenseite meines Handgelenks. Mich überlief ein kalter Schauer. Wie um alles in der Welt konnte mich diese kleine Bewegung schon so in Rage versetzen?

Ich überdachte die Geschehnisse der letzten 24 Stunden und konnte mit logischer Schlussfolgerung nur zu einem Schluss gelangen. James Kenziah Delaney war ein Hexenmeister.

"Wenn ich aber mit den großen Spiele möchte?"

Kokett hauchte ich ihn den letzten Worte an seinem Gesicht vorbei ins Ohr. Das schien ihn nicht komplett kalt zu lassen. Seine Atemzüge wurden tiefer. Quälend langsam verstrichen die Sekunden und keiner bewegte sich. Traute sich zu bewegen. Wollte sich bewegen. Das Knistern und Herzrasen, die Wut und die Begierde hingen unausgesprochen doch für die Beteiligten unüberbrückbar im Raum. Mit der Hand an James Brust konnte ich durch den dünnen Stoff seines Hemdes nicht nur seine definierten Brustmuskeln sondern auch seinen schnell pulsierenden Herzschlag spüren. Er kribbelte unter meinen Fingerspitzen.

Sofort ging mir mein blödes gebrochenes Herz wieder auf und ich hoffte, träumte betete er spüre dieselbe Anziehung und die Verbindung wie ich. Ich wagte einen weiteren Blick in seine Augen. Wann immer ich ihn zu genau ansah hatte ich Angst, mich selber und meine Kontrolle erneut zu verlieren, sodass es bei einem zaghaften Blick von unten über meine langen Wimpern blieb. Mein Blick schweifte über die feingliedrige Nase, dessen Nasenflügel vor Anspannung bebten und die übergehenden sanft geschwungenen zusammengezogenen Augenbrauen. Als ich schließlich seine grünen Augen erreichte, traf mich vor allem ein Blick in welchem jedoch vor allem die Wut zu lodern sein schien. Und erneut verkrampfte sich mein Herz. Der Schmerz machte mich wieder wütend und kampflustig und ich geriet in eine neue Runde des Gefühlswirbels. Wir waren wir nur an diesen Punkt gekommen? Wann hatte sich meine Welt nur so verändert?

Natürlich hatte ich ihn gereizt und herausgefordert. Wiederholt. Doch nach letzter Nacht hatten wir eine Grenze überschritten von der ich nicht wusste wie wir wieder zurückkehren konnten.

Ich tat einen zitterigen Atemzug, angestrengt meinen Schmerz zu verdecken. Dabei stieg mir James Geruch in die Nase, war er doch nur Zentimeter von mir entfernt, und verwirrte mir erneut die Sinne. Er roch nach Schweiß, Kampf, Natur und Moschus. Aber auch nach Seife und Rasierschaum, herb und sauber. Nach James.

Und so zog er mich erneut in seinen Sog und anstatt ihn wie geplant und durchdacht auf Abstand zu halten, sank ich nur näher an ihn heran und überließ mich komplett meinen Instinkten. James Standhaftigkeit begann zu bröckeln. Sein Blick wurde weicher, nachgiebiger. Nur ein bisschen zwar, aber ich sah es. Der Griff um mein Handgelenk lockerte sich ein wenig und auch wenn er noch immer angespannt war wie ein Bogen, so schwand doch ein wenig der Anspannung aus seinem Blick. An seiner Stelle trat ein Verlangen wieder ein. Nur diese kleine Veränderung in seinen Augen und ich warf alle Vorsätze und Versprechungen die ich mir selbst gegeben hatte über Bord.

Wie hypnotisiert krallte ich mich mit der Hand auf seiner Brust in sein Hemd und zog ihn zu mir hinunter, näher an meinen Mund. James leistete kaum nennenswerten Widerstand und bevor ich mich versah spürte ich seine vollen weichen Lippen auf meinen und erneut war es als wären sie eigens für genau diesen Zweck erschaffen worden. Ein Teil, von dem ich nicht gewusst hatte das er fehlte fügte sich wieder ein und eine Hitze brach aus mir heraus.

Where The Lightning StruckWo Geschichten leben. Entdecke jetzt