Mutual Assured Destruction

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--------------Letztes Kapitel---------------

Mit einem Schlag wurde mir das Ausmaß unseres Kontrollverlustes bewusst und ich schlug erschrocken eine Hand vor meinen Mund, ehe ich wieder zu James hochsah, dessen Gesicht meinen inneren Tumult für den Bruchteil einer Sekunde spiegelte, ehe jegliche Emotionen von ihm abfielen, er fachmännisch und mit routinierten Bewegungen seine Kleidung richtete.

"Vergiss nie, mit wem du es zu tun hast und wer das sagen hat Schwesterchen!", funkelte er, seine Stimme so monoton als wäre er Tod. Bevor ich ihm antworten konnte, drehte er sich um und war verschwunden wobei er mich überfordert und meinen widersprüchlichen Gefühlen ausgeliefert zurückließ.

---------------Neues Kapitel--------------------

Die nächsten Wochen waren der Horror.

Bitter-süßer Horror, in denen ich mehr als einmal an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifelte und mich fragte, ob ich einen Deal mit dem Teufel gemacht hatte. Es gab die Lieder über ihn und je mehr er mich in seinen Bann zog, desto mehr verlor ich den Boden unter den Füßen und den Anker zur Realität. Nicht selten ohne sein zutun.

James schlich sich nicht nur in mein Zimmer bei Nacht, sondern auch in meine Träume. Die Tage waren hart, ich wurde von ihm mit Verachtung gestraft. Er schien es nicht länger auch nur in einem Zimmer mit mir auszuhalten ohne von innen zu verbrennen. Unser Vater war erneut davon beordert worden, auf Dienstreise. Ein Fluch und ein Segen zugleich.

Es war eine konkrete Überwachung meiner Tätigkeiten durch die Anwesenden unseres Hauses und einer dauerhaften Begleitung in Form einer Anstandsdame engagiert worden. Sämtliche Treffen mit William standen nun unter genauster Beobachtung, wobei diese ironischerweise das unschuldigste meines momentanen Lebens waren.

Ja, ich traf mich weiter mit William. Ich war versucht gewesen es zu beenden, nachdem was nach dem verhängnisvollen Abend, an dem ich seinen Vater getroffen hatte, passiert war, doch ich brachte es nicht über mich. Sobald er mich sah, schien sein Gesicht aufzuleuchten ehe eine Entschuldigung nach der nächsten aus ihm heraus brach. 

Er habe sich mit seiner Anschuldigung mir Gegenüber daneben benommen.
Er wolle es nun wieder gut machen. Großherzig vergab ich seine (begründete) Anschuldigung, dass in der Beziehung zwischen meinem Bruder und mir etwas nicht stimme und log ihm ins Gesicht während mein Magen sich verkrampfte und meine Gesichtsmuskeln, die zu einem falschen höflichen Grinsen verzogen waren, schmerzten. 

Ich hätte es beenden sollen. Das wusste ich. Aber ein Teil von mir, ein sehr egoistischer und berechnender Teil, mit dem ich erst in letzter Zeit Bekanntschaft geschlossen hatte, flüsterte mir zu, welch gutes Alibi mir William zu bieten vermochte. Wenn alle auf ihn achten, würde niemand mitbekommen, was wirklich passiert war. Mit James.

Damit setzte sich die erste Wurzel des Verderbens in meinen Eingeweiden fest - das Gefühl von Schuld.

Ich kam an dem Tag nach Hause mit der Absicht mein Leben wieder unter Kontrolle zu bekommen und einen rechtschaffenden Weg einzuschlagen, als James mich ein paar Stunden später Abends an der Treppe lehnend begrüßte und entspannt seinen Gehrock anzog.
Als sei nicht geschehen, nie etwas gewesen zwischen uns.

Anhand seiner Kleidung und seines Aussehens wurde deutlich, dass auch er noch einer Abendverabredung innehalten gedachte und schon spürte ich die weiteren Arme des Verderbens nach mir Greifen: die Eifersucht.

Ähnlich wie James am Abend zuvor, versuchte ich den alles verschlingenden Gefühlen mit allen Mitteln der Macht zu entkommen, doch je später es wurde, desto mehr brodelte es unter meiner Oberfläche und der wachsende Hass und mein Wunsch James zu Besitzen nahmen überhand.

Where The Lightning StruckWo Geschichten leben. Entdecke jetzt