A Long Way

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--- Letztes Kapitel ----------

Über seinen letzten Kommentar und meine dabei entstehende röte gluckste er, ehe er sich zum Abschied theatralisch verbeugte. Dann trat er einen weiteren Schritt rückwarts, die Hand am Türgriff, ein spitzbübisches Grinsen auf den Lippen.

"Auf bald meine Liebe!"

Und mit diesen Worten verlies er unter dem Klingeln der Türgriff den Laden.

--- Neues Kapitel ----------

Erleichtert atmete ich auf als ich endlich wieder für mich war.

Zumindest fast für mich. So auf William konzentriert hatte ich die zwei Mitarbeiter des Ladens hinter mir so vergessen, dass ich sie erst wieder nach dem Räuspern eines Mannes vernahm.

Peinlich berührt drehte ich mich um und schaute in das erwartungsvolle als auch leicht neugieriges Gesicht des Verkäufers. Ein Mann mittleren Alters, ein kleines Stückchen kleiner dafür aber um einiges beleibter als ich. Die meisten seiner Haare hatte er bereits verloren und auf seinem runden Gesicht pragte eine Brille die seine Statue noch zusätzlich fülliger erschienen ließ.

"Kann ich Ihnen nun helfen Miss?", fragte er höflich, wenn auch leicht irritiert als ich nicht direkt antwortete. Ich war gerade dabei mir eine passende Ausrede zurecht zulegen, den Laden wieder zu verlassen, als er als ein Zeichen der Erkenntnis die Augenbrauen hochzog. "Oh, ich kenne Sie! Sie müssen die Junge Miss Delaney sein, nicht wahr? Was machen Sie denn hier draußen bei diesem ungestümen Wetter? Nur gut das Sie eine so nette Begleitung hatten"

Erschrocken über die Tatsache erkannt worden zu sein, versteifte ich mich. Konnte man in dieser Stadt nicht wenigstens einmal Unerkannt durch die Straßen laufen? Immerhin gab es doch so viele Menschen in London...

In der Hoffnung mich wieder zu fangen und wieder besser konzentrieren zu können, blinzelte ich ein paar Mal in schneller Abfolge und holte unauffällig tief Luft. Jedoch nicht, ohne dabei das nonchalante Lächeln, dass noch immer auf meinen Lippen lag zu verlieren.

"Oh, freut mich zu hören das Sie mich erkennen. Sie haben recht, das Wetter ist wirklich widerwertig heute. Ich hatte wirklich Glück das mich ein Freund meines Vaters den Weg begleitet hat. " Theatralisch hob ich die Hand an meinen aufgerissenen Mund und setzte eine untröstliche Miene auf. "Ach je, ich habe ganz vergessen das Gebäck für den Nachmittagstee abzuholen! Sieht so aus als müsste ich mich eben doch nochmal schnell auf den Weg machen!"

Sofort wurde die Miene des Verkäufers sanfter und Mitgefühl spiegelt sich in seinen Augen. Manchmal war es wirklich zu einfach Männer zu manipulieren. "Und das bei dem Wetter Miss? Ich bin sicher mein Sohn wäre bereit für Sie zum Bäcker zu laufen! Gregory!", schlug der Mann gönnerisch vor und zeigte hinter sich zur Kasse. Ein junger Mann hinter der Kasse hob erschrocken den Kopf als sein Name gerufen wurde. "Hol doch bitte das Gebäck der jungen Dame ab!"

Also diese Geschichte war wohl nach hinten losgegangen.

"Nein nein, alles Bestens!" , beeilte ich mich zu sagen und drehte mich um zur Tür. "Ich kann auf dem Weg gleich nochmal nach meiner verschollenen Freundin schauen!"

Während sich die Mundwinkel des Verkäufers enttäuscht nach unten gingen, schien Gregory seinerseits sehr erfreut keine Botengänge bei dem anhaltenden Regen machen zu müssen. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Obwohl ein Teil von mir dem Treffen mit James entgegenfieberte, war auch ich nicht gerade scharf darauf nochmal nach draußen zu treten.

"Dann passen Sie gut auf sich auf Miss!", rief der Verkäufer mir hinterher, während ich die Türschwelle übertrat. Als die Tür schon fast geschlossen war, folgte "Und grüßen Sie Ihren Bruder James von mir!"

Rums.
Der Wind hatte die Tür hart zugeschlagen. Aber ich hätte auch genau so gut vom Blitz getroffen worden sein. Irgendwie  hatte ich es erfolgreich geschafft zu verdrängen ihn als meinen Bruder zu sehen, doch die Erwähnung meines Bruders durch Dritte erinnerte mich wieder an unseren Verwandtschaftsgrad und die Folgen meines Vorhabens.
Kalt gefror mir das Blut in den Adern während ich mich beeilte möglichst schnell Distanz zwischen mir und dem Geschäft zu gewinnen und das ungute Gefühl abzuschütteln.

Der Regen hatte sich währenddessen wieder ein wenig gelegt und tropfte nun, in für England typischer Stärke, vom Himmel und verschleierte die Sicht zusammen mit aufsteigendem Neben zu einem alles einnehmenden Grau.

Als ich schließlich den Rand des Waldes erreichte schlug mein Herz stakato.
Mit dem Gefühl im Bauch, verfolgt zu werden, drehte ich mich um, doch ich konnte nichts erkennen was auf jemand anderen hinwies. Schnell schlich ich mich vorwärts, mit dem Bemühen so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen, in der Hoffnung mein Puls würde sich im Schutz der Bäume ein wenig beruhigen. Doch das Gegenteil war der Fall.

Jeder Meter tiefer in den Wald hinein gab mir das Gefühl keine Luft mehr bekommen zu können. Mein Herz schlug dermaßen laut und schnell im Kontrast zu der drückenden Stille des verregneten Waldes, das ich sicher war man könnte es noch aus einer halben Meile Entfernung hören.

Erinnerungen aus vergangener Nacht suchten sich ihren Weg nach oben und Bilder von James nackten, muskulösen Oberschenkeln und seinem definierten Hintern erschienen vor meinem inneren Auge. Mir wurde heiß und mein Puls beschleunigte sich noch weiter. War das wirklich erst gestern Nacht gewesen?

Mir wurde heiß und meine Wangen begannen zu glühen. Ich erinnerte mich weiter an das kalte Gefühl unsichtbarer Hände auf meiner Haut. Wie an mir entlang strichen, rau und grob mit gerade genug Druck das es noch angenehm war. Entlang an meinem Bein, meinem Oberschenkel, die Konturen meines Hüftknochens mit sanften Fingern dann weiter Richtung des Bauchnabels...
Wie machtlos ich mich gefühlt hatte...
Und doch wie gut es gewesen war...

Auf halber Strecke blieb ich stehen um Durchzuatmen.
Es war wieder einfach alles zu eng. Meine Kleidung, der Wald, meine Haut und meine Entscheidungsmöglichkeiten. Alles erstickte mich und Pünktchen begannen vor meinen Augen zu tanzen während mir mein Puls weiter in den Ohren rauschte und mich benebelte.

"Nicht jetzt, nicht so!", stöhnte ich und öffnete schnell den Knoten meines Mantels. Wenn das so weiter ging würde ich nie mein Ziel erreichen. Ich konnte mir nicht vorstellen das ein Körper solchen anhaltenden Belastungen wie meinem anhaltenden Herzrasen auf Dauer gemessen waren. Ich verlor langsam aber sicher den Verstand. Die Tatsache das ich an mich an einem Sonntag in den Wald schlich um mich zu einem ominösen Treffen im Wald mit meinem Halbbruder zu schleichen, welchen ich am Morgen noch stürmisch geküsst hatte nachdem er sich auf verdrehte Art und Weise am Abend zuvor in meinen Kopf gestohlen hatte, sollte Beweis genug sein.

Ich zwang mich tief und kontrolliert durchzuatmen und mich auf einen Punkt in der Ferne zu konzentrieren um die Beherrschung über meinen Verstand zurück zu gewinnen und die aufkommende Panikattacke zu unterdrücken. Langsam wurde meine Sicht wieder klarer und mein Herzschlag verlangsamte sich (wenn auch nur wenig).

Meine Augen waren wieder in der Lage zu fokussieren und ich erkannte eine mir bekannte Gestalt gute 100 Meter von mir entfernt auf einem Baum sitzen. James Körper war mir zugewendet, während er mit seinen Händen geistesabwesend einen Apfel zurechtschnitt. Sein Blick war dabei direkt auf mich gerichtet und selbst auf die Entfernung konnte ich spüren, wie dieser sich in mich bohrte.

Ich holte noch einmal tief Luft und trat dann mit gehobenen Hauptes, aber wackeligen Knien den Rest meines Weges an.
Ich brauchte Klarheit. Und zwar bald.

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Tut mir Leid Grimmchen ein Kapitel wirst du dich wohl doch noch gedulden müssen. Die Kapitel werden doch immer länger als ich mir eigentlich vorgenommen hatte und schwups, ist schon wieder mehr geschrieben als geplant. Ich verspreche aber das ich bis Mittwoch aller spätestens wieder Updaten werde und hoffe ich kann dich bis dahin hiermit über Wasser halten ;)

Where The Lightning StruckWo Geschichten leben. Entdecke jetzt