Chapter 10

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Ich sehe ihn mit aufgerissenen Augen an, unfähig, mich zu bewegen.

„Liz, wir holen sie da wieder raus, dass ist kein Problem! Okay?“

Ich atme tief durch. Immerhin haben sie nicht Nico oder Mate…

Mate, wo ist Mate?

Mein Blick bleibt an dem weißen Haus hängen, dann renne ich los.

Mit einem Hechtsprung bekommt mich Nico am T-Shirt zu fassen und hält mich fest.

„Wo ist Mate?“ Meine Stimme klingt panisch.

Nico presst mir blitzschnell eine Hand auf den Mund und zieht mich an sich.

„Wir holen ihn da wieder raus, ich verspreche es dir!“, flüstert er mir ins Ohr.

Ich stehe da wie erstarrt. Sie haben Mate.

Den Mann, der sich um mich gekümmert hat, seit ich elf war. Außer Nico der einzige mit dem ich freiwillig rede.

„Es tut mir so leid!“ Nico hält mich schützend in seinem Arm, doch mir ist kalt. Ich habe das Gefühl über einer Schlucht zu stehen, nur noch von einem dünnen Seil gehalten, was mich davor bewahrt in die Tiefe zu stürzen.

Am Rande meines Bewusstseins bekomme ich mit, wie Nico mich ins Haus trägt.

Er legt mich in mein Bett und ich rolle mich zusammen um mich wenigstens ein bisschen vor der Kälte zu schützen.

Sie haben Mate…

Der Satz geister mir im Kopf herum und macht mich verrückt. Der Gedanke, ohne ihn leben zu müssen …

Doch plötzlich reiße ich mich zusammen. Es gibt noch Hoffnung, oder?

Nico hat doch versprochen ihn wieder rauszuholen!

Sofort bekomme ich wieder ein schlechtes Gewissen. Was wenn wieder etwas schief geht, und Nico auch erwischt wird?

Ich wache auf, mit tief dunkelblauen Ringen unter den Augen und kann mich nicht daran erinnernd eingeschlafen zu sein.

Auch nachdem ich mir ein Schwall eiskaltes Wasser ins Gesicht gekippt habe fühle ich mich nicht wacher.

Seufzend ziehe ich mich an, zum Schluss noch meinen blauen Lieblingspulli und stapfe in die Küche um zu Frühstücken.

In der Tür stoße ich mit jemandem zusammen.

Erschrocken öffne ich meine Augen ganz und sehe Nico, der gerade noch sein Brötchen auffangen kann.

„Morgen! Nicht so stürmisch!“ Er lächelt mich an, doch dann wird sein Blick besorgt.

„Liz, du siehst furchtbar aus! Bist du die ganze Nacht wach gelegen?“

Ich zucke mit den Schultern, schiebe mich an ihm vorbei um zu frühstücken. Mein Magen grummelt und ich fühle mich furchtbar.

„He!“ Er legt sein Brötchen ab und dreht mich zu sich herum.

„Du schnappst dir Cassy, und ich hole Mate und Phil raus!“ Er sieht mich eindringlich an.

Ich nicke. „Okay, aber pass auf dich auf,“ sage ich leise.

„Sag mal, wann musst du eigentlich da sein?“, durchbricht Nico die Stille.

„Um acht. Argh, ich komme zu spät!“, rufe ich entsetzt und sprinte zurück in mein Zimmer um meinen Rucksack zu holen.

„Du hast noch nichts gefrühstückt!“, erinnert er mich, als ich wieder an ihm vorbei fege.

„Keine zeit, wir haben schon fünf vor!“ Ich springe in meine Schuhe und stopfe die Schnürsenkel bloß hinein.

„Ich fahr dich!“ Nico zieht sich seinen schwarzen Mantel über und ich rieche für einen Moment seinen Duft.

Ganz kurz erstarre ich, dann reiße ich mich zusammen und greife mir meinen Rucksack, den ich in meinem Zeitdruck einfach in den Flur geworfen habe.

„Hier!“ Nico drückt mir sein Brötchen in die Hand. Skeptisch und überrascht sehe ich ihn an.

„Sieh mich nicht so an, sondern iss!“

Wir rennen zu dem schwarzen Van und Nico macht den Motor an.

„Wo genau musst du eigentlich hin?“, fragt er, während das Auto die Einfahrt runter rollt.

Ich nenne ihm die Straße und er gibt Gas.

Schüchtern mümmel ich das Brötchen.

Die Fahrt vergeht für mich viel zu schnell. Am liebsten wäre ich einfach neben Nico sitzen geblieben, statt zu diesem blöden Wandertag zu gehen.

Ich schüttel meinen Kopf um die Gedanken los zu werden und als Nico schließlich anhält springe ich sofort aus dem Auto.

„Danke!“ ich werfe die Tür zu und renne zu den anderen.

Als ich noch einmal zurück blicke, sehe ich, dass er mir hinter her sieht.

Mein Herz macht einen Freudensprung.

Ich strahle richtig, als ich neben ein paar anderen Mädchen ankomme.

„Hi Liz! Na, gut drauf?“

Erschrocken sehe ich auf und entdecke Cassy. Warum hat sie mit mir gesprochen?

Ich nicke leicht und sehe sie verlegen an.

„Das ist toll! Ich habe dich noch nie lächeln gesehen!“

Ich werde rot und sehe auf den Boden. Zum Glück geht es in dem Moment los, und sie geht zurück zu ihren Freundinnen.

Geheimagenten reden nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt