Chapter 33

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„Das musst du hier lassen.“ Nico zieht mir das T-Shirt vom Krankenhaus über den Kopf, dann legt er seine Arme um mich. Er ist angenehm warm und ich drücke mich leicht gegen ihn, bis mir klar wird, was ich da eigentlich gerade tue.

Sofort weiche ich ein kleines Bisschen zurück.

„Ok, kommst du?“ Er wirft mir einen Blick zu, den ich nicht deuten kann und schiebt mich zur Tür.

Ich falte noch schnell das T-Shirt, dann folge ich ihm in den Flur. Wir gehen schweigend neben einander her. Er scheint ganz in Gedanken versunken zu sein.

Mate erwartet uns vor seinem Zimmer. Auch er hat wieder seine normalen Klamotten an, und ich muss sagen, das schwarze T-Shirt steht ihm auch viel besser als das Ding vom Krankenhaus.

„Wollen wir?“ Er strubbelt mir über die Haare und lächelt mich an. Ich nicke.

„Der Van steht auf dem Parkplatz.“ Nico klimpert mit den Autoschlüsseln.

Mate und ich sehen uns an, beide ein Grinsen im Gesicht, dann stürmen wir los.

„Auf Wiedersehen“, ruft er noch einer der Krankenschwestern am Eingang zu, bevor wir nach draußen stürmen. Nico rennt uns fluchend hinterher.

Triumphieren sprinte ich vor Mate aus der Tür, schneide ihm den Weg ab, wodurch er leicht bremsen muss. Vor uns liegt der Parkplatz, eine gerade Strecke, der Van ist ungefähr hundert Meter entfernt.

Ich nehme noch mal alle Kraft zusammen und renne los, was das Zeug hält.

Panisch werfe ich einen Blick über die Schulter und sehe, wie Mate beschleunigt. Nico schlendert uns nun seelenruhig hinter her.

Mist, warum muss der Van auch so weit weg sein? Mate ist ein Meistersprinter. Obwohl er zwei Tage im Bett gelegen hat, oder gerade deswegen läuft er unheimlich schnell.

Schon auf halber Strecke hat er mich überholt und steuert auf die Beifahrertür zu. Keuchend setzte ich hinter ihm her, kann ihn aber nicht einholen.

Schließlich erreicht er als Erster das Auto und stellt sich sicherheitshalber vor die Tür.

„ich, keuch, sitze vorne!“ Triumphierend sieht er mich an. Seine Haare sind total zerzaust.

„Das, … war echt, … unfair“, bringe ich heraus und lehne mich schwer atmend gegen die Schiebetür.

Nico kommt bei uns an, schließt auf und klettert hinter das Lenkrad.

„Das war ja lausig“, sagt er lachend und sieht mich durch den Rückspiegel an. Ich mache die Tür hinter mir zu und setze mich auf einen der Plätze.

„Pah, Mate ist einfach zu schnell. Da liegt das Problem!“

„Wer von uns ist zwei Tage lang im Krankenhaus herumgegeistert?“, zieht Mate mich auf und stupst mir auf die Nase.

„Was kann ich dafür, dass du so schnell rennen kannst?“ Gespielt beleidigt verschränke ich die Arme vor der Brust, worauf er lacht.

Nico gibt Gas und irgendwie freue ich mich schon auf zuhause.

Es dauert nicht lange, dann biegen wir erst in die Straße, dann in die Einfahrt ab. Das Haus sieht noch genauso aus, wie ich es in Erinnerung gehabt habe, nur eine etwas kümmerlich aussehende Rose ist gepflanzt worden. Erstaunt sehe ich Nico an.

„Hast du die Blume gepflanzt?“

„Mhm?“, fragt er und fährt in die Garage.

„Die Rose.“

„Ach so, die habe ich im Keller gefunden und dachte mir, ich setzt sie mal raus.“

Wir steigen aus und gehen – Nico voran – nach drinnen.

„Was machen wir jetzt?“, frage ich und lasse mich auf eins der Sofas fallen.

Mate lacht. „Nicht so hastig. Ich hol mir erst mal einen Kaffee.“ Und damit verschwindet er auch schon in der Küche.

Ich sehe zu Nico hoch. Er erwidert meinen Blick schweigend dann scheint er sich an etwas zu erinnern.

„Du solltest Cassy anrufen. Sie hat mehr als zwanzigmal in den beiden Tagen angerufen.“

„Oh.“ Ich merke, wie ich lächel. „Mach ich.“

Ich springe auf und schnappe mir das Telefon.

„Ach ja.“ Nico hält mich am Arm fest. „Du könntest sie ja noch mal hier hin einladen.“

Einen Moment sehe ich ihn prüfend an.

„Später vielleicht“, antworte ich trocken und versuche ein unschuldiges Lächeln. Nico lässt mich los und sieht mir hinter her, wie ich in mein Zimmer verschwinde.

Schnell mache ich die Tür zu und setze mich auf mein Bett. Dann krame ich unter tausenden von Zetteln eine Telefonliste hervor und wähle ihre Nummer.

„Hi, ich bin’s. Liz.“

„Liz! Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Was ist passiert?“

„Ähm, bin gestolpert“, lüge ich und bin erleichtert, dass sie nur meine Stimme hören kann.

Einen Moment ist es still. „Du Arme. Hast du Zeit heute?“

„Theoretisch ja.“ Sie hat doch nicht etwa vor …

„Ich könnte dir die Hausaufgaben bringen“, schlägt sie vor.

„Ok.“ Ich überlege einen Moment. Wenn Nico nicht weiß, dass sie kommt, ist es einfacher sie einzuschleusen, ohne, dass er es mitbekommt.

„Japp, ok. Wann bist du da?“

„In zehn Minuten.“

„Gut bis dann!“ Ich lege auf und bringe das Telefon zurück.

„Na, trefft ihr euch heute?“ Nico lehnt an der Wand und durchbohrt mich mit seinem Blick.

„Nein!“, rutscht es mir heraus, vielleicht ein wenig zu schnell.

Er hebt die Augenbrauen.

„Eigentlich wollte sie, aber ich muss noch Hausaufgaben machen, deshalb geht es nicht.“ Fast ängstlich warte ich auf seine Reaktion. Wenn er raus bekommt, dass Cassy mich doch besuchen will wird es deutlich schwieriger, dass sie auch wieder heil nach Hause kommt.

Geheimagenten reden nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt