Es war kalt, obwohl die grauen und schwarzen Wolken tief am Himmel hingen. Es hatte schon wieder geregnet und der Asphalt glänzte im schwachen Licht der Straßenlaternen. Ich hatte Hunger und mir war kalt. Seit ich aus Mrs. Prutchat's Heim für Waisen weggelaufen war hatte ich nichts mehr gegessen und der dicke Pullover den ich trug, der mich am Mittag noch gewärmt hatte, brachte nun auch nichts mehr.
Außer der Jeans, dem besagten Pullover und dem Rest, den ich trug, hatte ich nichts mehr. Die Frage, wo ich hinwollte, oder wo ich etwas zu essen finden sollte, wollte ich mir lieber noch gar nicht stellen. Nach stundenlangem Kauern zwischen Autos hatte ich mich entschieden ein wenig herum zu laufen, um zumindest ein bisschen die Kälte aus meinen Knochen zu vertreiben. Meine Schritte hallten, als ich durch den wie ausgestorbenen Stadtkern in eine der verwinkelten Seitengassen lief.
Langsam hatte ich ein ungutes Gefühl, als ob mich jemand beobachtete. Die Gasse war dunkel, nur in etwa der Mitte stand eine Straßenlaterne, die ein kränkliches Licht verteilte. Hastig lief ich darauf zu, als ich hinter mir plötzlich ein Rums hörte. Erschrocken fuhr ich herum und sah eine dunkel gekleidete, maskierte Gestalt, keinen Meter entfernt. Ich drehte mich um und fing an zu rennen. Ich hatte von ein paar Jugendlichen gehört, die Nachts ihr Unwesen in der Stadt treiben sollten, und ich war nicht erpicht, in einen von ihnen hinein zu laufen. Die Schritte meines Verfolgers hallten dumpf in meinen Ohren.
Plötzlich fiel von oben eine zweite schwarze Gestalt hinab und versperrte mir den Weg.
Ich hatte in dem Waisenheim nicht viel gelernt, nur, dass man, wenn man überleben wollte, kämpfen musste. Wir hatten selbst um das Essen gekämpft.
Ich hatte meistens den Kürzeren gezogen, und hatte zu der Gruppe Kinder gehört, die immer nur die Reste bekam und wie ein Strich in der Landschaft aussah. Erst versuchte ich mich an der Gestalt vorbei zu drängeln, doch als sie versuchte mich zupacken, wich ich wieder zurück. Es wurden mehr. Vorne und hinten tauchten sie aus den Schatten auf und versperrten mir so jede Möglichkeit auf eine Flucht.
Ich hatte Angst. Ich wusste nicht was sie wollten. Ich war erschöpft.
„Wen haben wir denn hier? Kannst du nicht schlafen, oder warum schleichst du hier durch die Stadt?" Die Stimme klang hart, wurde jedoch von einem Hauch von Spott begleitet.
Ich fixierte die Gestalt direkt vor mir und schoss plötzlich los. Gerade so entwischte ich ihren Händen und sah mich prompt weitern Angreifern gegenüber. Ich wollte mich schon auf sie stürzen, als ich am Arm gepackt, zurück gezogen wurde und gegen eine der schwarzen Gestalten stieß. In meiner Panik versuchte ich etwas von meinem Gegner in die Finger zu bekommen, erwischte Stoff und zog.
Es machte flutsch und ich hielt eine Maske in der Hand. Ich hörte, wie alle die Luft anhielten und schaffte es mich so zu verrenken, dass ich dem, dem ich gerade die Maske vom Kopf gezogen hatte ins Gesicht sehen konnte. Er hatte schwarze zerzauste Haare und ebenso dunkle Augen, mit denen er mich fixierte.
„Machen wir sie fertig!", knurrte eine der Gestalten.
„Ja, sie hat dein Gesicht gesehen!"
„Sie wird dich verraten! Machen wir sie kalt!"
Ich spürte pures Entsetzten. Mein Herz trommelte gegen meinen Brustkorb.
„Lass mich los", sagte ich doch es war eher ein Flüstern, meine Stimme brach ab. Bei den anderen hatte betteln manchmal geholfen. Doch die hier schienen aus einem ganz anderen Holz geschnitzt zu sein. Ihr durch die Masken dumpf klingendes Lachen hallte unheimlich in der Gasse wieder.
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Geheimagenten reden nicht
Teen FictionSeit sie aus dem Waisenhaus geflohen ist, arbeitet Liz für eine Verbrecherbande, deren Anführer der freche, zu allem Überfluss auch noch verflucht gutaussehnde Nico ist. Während Liz in ihrem Schulalltag kein Wort spricht, um ja nichts über die Bande...