Es ist noch ziemlich früh, Frühstück gibt es erst in einer und einer halben Stunde. Also beschließe ich Mate zu besuchen.
Möglichst leise öffne ich die Tür und husche zum Treppenhaus. Das Krankenhaus ist wie ausgestorben, doch das ist mir ganz recht.
So erreiche unbemerkt Mates Zimmer und schlüpfe hinein. Er scheint noch zu schlafen, seine Brust hebt und senkt sich regelmäßig.
Vorsichtig komme ich mich näher und betrachte ihn. Er hat ein leichtes Lächeln auf den Lippen, vielleicht träumt er etwas schönes.
Ich rutschte zu ihm unter die Decke und seufze auf. Es ist schön warm. Glücklich schließe ich die Augen, liege dicht an Mate bedrückt da. Er murmelt irgendetwas und legt einen Arm um mich, ich spüre seinen Atem auf meinen Haaren.
Eigentlich hatte ich vor solange zu warten bis er aufwacht, doch es ist so bequem und warm, dass ich einschlafe.
Es ist mein großer Auftrag. Ich renne durch das Museum, das Gemälde habe ich schon, fehlt nur noch das Buch. Hinter mir höre ich die schweren Schritte der Sicherheitsmänner, sie kommen immer näher. In der Ferne sind Sirenen zu hören. Irgendwie ist alles aus dem Ruder gelaufen. Ich renne die vielen Stufen hoch, doch sie wollen einfach nicht aufhören.
„Wo seit ihr?“ Mein Ruf ist nicht halb so laut, wie er sein sollte und mir antwortet auch keiner. Endlich komme ich oben an und sehe mich um. Doch das Buch ist verschwunden. Ich stehe vor einem leeren Raum.
Panik und Verzweiflung überkommt mich und ich drehe mich zu den Sicherheitsleuten um.
„Jetzt ist Endstation und Nico wird dir nicht helfen können!“ Sie lachen grausam und einer packt mich am Arm. Ich versuche mich zu befreien, doch ich fühle mich wie eine Gummipuppe, unfähig mich zu bewegen. Woher kennen die seinen Namen? Die Frage füllt meinen Kopf aus, verursacht mir Kopfschmerzen.
In dem Moment taucht Nico in einer Tür auf und rennt auf mich zu, doch bevor er bei mir ankommt erwischt ihn einer der Leute und schleudert ihn auf den Boden.
„Nico!“ Entsetzt will ich mich wehren, ihm helfen, doch ich kann mich nicht bewegen, keinen Zentimeter.
Hilflos muss ich mit ansehen, wie sein Kopf immer und immer wieder auf den Boden geschlagen wird, andere treten ihn.
„Nico, bitte, hört auf!“ Meine Stimme ist nur ein Flüstern, dabei schreie ich so laut ich kann.
„Liz.“ Er sieht mich an, sein Gesicht ist schmerzverzerrt. Einer der Männer hebt ihn hoch und schleudert ihn dann wieder zu Boden.
„Und du kannst überhaupt nichts dagegen tun.“ Wieder das grausame Lachen. Mittlerweile liege ich nur noch auf dem Boden, ich werde gar nicht mehr fest gehalten, doch ich kann mich trotzdem nicht rühren.
„Liz, verdammt, tu was!“ Nico wird hin und her gestoßen.
„Ich kann nicht“, bringe ich mühsam heraus, plötzlich scheint meine eigene Stimme noch leiser zu werden, dafür höre ich die anderen Geräusche nur noch deutlicher. Schmerzhaft laut hallen sie in meinem Kopf wieder: Das Dumpfe Poltern, das Lachen und Nicos schmerzerfüllte Keuchen.
Ich muss irgendwas tun, ihm irgendwie helfen. Der Gedanke braucht unendlich lange um Gestalt anzunehmen.
Mit aller Kraft versuche ich meinen Arm zu bewegen, doch nichts passiert, als ob es nicht mein Körper wäre, dabei spüre ich den Schmerz, zu sehen, was diese Mistkerle mit Nico machen, so deutlich, das ich ihn kaum ertragen kann.
Warum wehrt Nico sich nicht?
Wenn ich ihm nicht helfen kann muss ich eben Hilfe holen. Doch wo sind alle anderen. Sie waren noch da, bevor ich die Treppe hochgelaufen bin.
„Hilfe, Hilfe!“ Ich fange an zu schreien, doch meine Stimme ist kaum zu hören. Verzweiflung steigt in mir auf. Was ist nur los mit mir? Ich versuche lauter zu rufen, doch es scheint nichts zu nützen. Ich schreie so laut ich kann, doch es kommt nur als Flüstern aus meinem Mund heraus.
Plötzlich erstarre ich vor Schreck. Einer der Männer hat eine Pistole gezogen und richtet den Lauf auf den am Boden liegenden Nico.
„Nein, bitte, nein!“ Ich fange wieder an zu schreien, bettel, er soll aufhören. Der Mann sieht mich aus kalten Augen an, dann lächelt er.
„Nein!“ Ich spüre wie mir Tränen die Wangen hinunterlaufen. Doch ich kann mich immer noch nicht bewegen. Es raubt mir fast die Sinne.
„Nico!“ Meine Stimme ist ein Schluchzen.
Er dreht den Kopf und sieht mich an. Dann drückt der Mann ab. Ich sehe den Schmerz in Nicos Augen explodieren und schreie, spüre den Schmerz, als hätte er mich getroffen.
„Liz!“ Plötzlich ist es hell, Mate hält mein Gesicht in beiden Händen. „Liz, alles ist ok. Ganz ruhig!“
Mein Herz schlägt immer noch wie verrückt, mein Hals ist ganz trocken und ich habe den Mund noch zu einem Schrei geöffnet.
„Geht’s wieder?“ Mitfühlend sieht er mich an. „Hattest du einen Albtraum?“
Erst jetzt merke ich, dass ich die Luft angehalten habe und atme tief ein.
Es war nur ein Traum. Nur ein Traum. Erleichtert sinke ich in das Kissen zurück und lasse mich von Mate umarmen.
„Alles ok?“
Ich nicke. „Geht wieder.“ Langsam beruhigt sich mein Puls wieder und ich sehe mich um.
„Ist Nico da?“
Mate sieht mich verwundert an. „Nein, wieso?“
„Ach, ähm, nur so.“ Es war nur ein Traum, es geht ihm gut, denke ich und seufze.
„Tut mir leid wenn ich dich geweckt habe“, meine ich dann.
„Du hast mich nicht geweckt, ich war schon wach, als du angefangen hast zu schreien.“
Beschämt vergrabe ich mein Gesicht in seinem T-Shirt.
„Was hast du denn geträumt?“
Ich erzähle ihm von meinem Traum und für einen Moment wird er etwas grau im Gesicht. Dann lächelt er mich freundlich an. „Wahrscheinlich bist du nervös wegen dem Auftrag. Aber keine Sorge. Das schaffst du bestimmt.“
„ich hoffe es“, seufze ich und strecke mich.
„Klar, und wenn du es geschafft hast gehen wir ein Eis essen, ok?“ Er hält mir den kleinen Finger hin.
Einen Moment sehe ich ihn verdutzt an. „Wirklich? Ja!“ Begeistert hake ich meinen Finger bei hm ein.
„Aber einen großen Schokobecher!“
Mate lacht. „Ok.“
Einen Moment ist es still. „Ich habe Hunger, was hältst du von einem Frühstück?“
„Klar“, stimme ich zu und krieche aus dem Bett.
Zusammen gehen wir nach unten. Die Cafeteria ist leicht voll,sodass wir möglichst schnell zurück in sein Zimmer flüchten um ihn Ruhe zu essen.
„Ich freu mich auf Pfannkuchen am Morgen“, seufze ich und beiße in mein zweites Brötchen.
„Und Waffeln“, grinst Mate.
„Wir können Morgen Waffeln machen!“, sage ich begeistert und sehe ihn erwartungsvoll an.
„Super!“ Er grinst mich an und wir stellen unsere Tabletts auf einander.
„Wer bringt die Dinger runter?“
„Ich will nicht“, maule ich.
„Schnick, Schnack, Schnuck.“ Mate grinst mich überlegen an. Bei so was gewinnt er immer.
„Och nö“, maule ich doch sein Grinsen wird immer breiter.
„Entweder das, oder du bringst es gleich runter.“
„Und warum machst du es nicht?“ Missmutig starre ich ihn an.
„Ich muss mich schonen, weist du doch.“
„Ja klar.“ Jetzt muss ich auch lächeln. „Ok, ich machs.“ Ich nehme die Tabletts und stapfe zur Tür. Vorher erst noch zu verlieren muss nun wirklich nicht sein.
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Geheimagenten reden nicht
Teen FictionSeit sie aus dem Waisenhaus geflohen ist, arbeitet Liz für eine Verbrecherbande, deren Anführer der freche, zu allem Überfluss auch noch verflucht gutaussehnde Nico ist. Während Liz in ihrem Schulalltag kein Wort spricht, um ja nichts über die Bande...