36. Wünsche

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Julia drehte sich ruckartig im Bett um und schaltete schnell ihren Wecker aus, um auf keinen Fall Niklas zu wecken, der selig neben ihr schlief. Die junge Ärztin streifte einen Augenblick ihren Mann mit einem liebevollen Blick, dann schlich sie auf Zehenspitzen aus dem Schlafzimmer. In einer Stunde würde ihre Schicht im JTK beginnen. Niklas war bis in den frühen Morgenstunden im OP gestanden und konnte sich heute, an seinem freien Tag, etwas erholen. Julia huschte schnell unter die Dusche lies das warme Wasser über ihren Körper laufen und ging in ihren Gedanken auf Wanderschaft. Heute war ein ganz besonderer Tag, ihr erster Hochzeitsstag. Dieses erste Ehejahr mit Niklas war so wundervoll gewesen. Viele besondere Momente hatten sie zu Zweit oder gemeinsam mit Max verbracht. Sie war wirklich sehr glücklich mit ihm, wenn da nur nicht diese eine schmerzliche Sache wäre, die ihr ansonsten so perfektes Glück trübte. Jeden Monat, versetzte es ihr in Form von Blut auf dem Klopapier einen weiteren Stich, schon wieder nicht schwanger zu sein. Als Gynäkologin wusste sie genau, dass es eine Weile dauern konnte, um schwanger zu werden. Leider half ihr dieses Wissen so gar nicht dabei, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Jeden Tag entband sie Kinder, holte sie per Kaiserschnitt und untersuchte stolze, schwangere Frauen. Nur in ihrer Gebärmutter wollte sich kein kleiner süßer Zwerg einnisten. Eigentlich liebte sie ihren Job sehr, aber an machen Tagen, besonders an solchen, die ihre Hoffnung durch denn Beginn ihrer Regel zerstörten, konnte sie es fast nicht ertragen, diese vielen süßen Babys sehen zu müssen. Jeden Monat litt sie ein wenig mehr darunter und somit auch ihr Glück mit Niklas, da sie die schönen Momente mit ihm gar nicht mehr so unbeschwert geniessen konnte. Julia schaltete das Wasser ab, wickelte sich ein Handtuch um den Körper und blinzelte ein paar Tränen weg. Nein! Jetzt wollte sie nicht weinen, stattdessen versuchte sie, sich auf den Abend zu freuen und darauf, mit ihrem Schatz ihren 1. Hochzeitstag zu feiern.
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Julia ließ die glücklichen, frisch gebackenen Eltern mit der Hebamme alleine und schloß seufzend die Tür hinter sich. Wieder hatte ein neuer Erdenbürger das Licht der Welt erblickt. Einerseits freute sie sich, dass der Kleine gesund und munter war, andererseits spürte sie diesen Stich, den ihr jedes Neugeborene versetzte. Gewaltsam schob sie diese trüben Gedanken zur Seite, legte die Akten, der Hebamme ins Fach und beeilte sich, endlich aus dem Klinikum raus zu kommen. Draussen wurde sie von herrlichstem Wetter empfangen. Der Himmel war tiefblau, mit kleinen Schleierwölkchen und die Sonne schien ihr fröhlich entgegen zu lächeln. Ein wunderbarer Tag, ebenso zauberhaftes Wetter, wie an dem Tag ihrer Hochzeit. Die junge Ärztin schloß gerade ihr Fahrrad auf, als sich eine Hand über ihre Augen legte. Sie wirbelte herum und sah in Niklas tiefblaue Augen. Immer noch, konnte sie, beim Anblick dieser Augen nicht anders, als völlig darin zu versinken und sich wie magisch in ihren Bann ziehen zu lassen. Sogleich spürte sie die weichen Lippen ihres Mannes auf Ihren und ließ sich von ihnen in einen innigen Kuss ziehen. „Hey mein Schatz, alles Gute zum ersten Hochzeitstag!" ,lächelte Niklas, als sich ihre Lippen voneinander lösten und hielt ihr einen großen Strauß zartrosa Rosen entgegen. „Sind die schön!" träumerisch steckte Julia, ihre Nase hinein und nahm einen tiefen Atemzug, dieses lieblichen Duftes.
Sie ließ das Fahrrad stehen und ging Arm in Arm mit ihrem Mann zum Auto. Niklas hatte in einem kleinen, romantisch gelegenen Restaurant welches sich direkt am Ufer eines Sees befand, einen Tisch reserviert. Die Terasse, auf der sie sich nieder ließen, ragte über den See hinaus, so dass man direkt am Wasser saß. Zweige einiger grosser Bäume, an denen kleine Laternen hingen, breiteten sich wie ein Dach über der Terrasse aus. Die Beiden genoßen diesen schönen Sommerabend bei gutem Essen, Wein und dieser traumhaften Stimmung. Den ganzen Abend über, hatte Julia versucht, ihre Sorgen zu verdrängend und den wunderschönen Abend mit Niklas zu geniessen, was ihr aber einfach nicht so ganz gelingen wollte. Immer wieder sass sie abwesend da, während ihre Gedanken sich um kleine Babys drehten. Nach dem Hauptgang rutschten sie näher zueinander und der Oberarzt nahm seine Frau in die Arme. „Julia, du wirkst total angespannt, was ist los? Ist es wegen dem Baby, dass sich noch nicht bei uns eingefunden hat?" Julia nickte nur traurig und eine kleine Träne rollte ihre Wange hinunter. „Ach mein Schatz!" ,seufzte Niklas und nahm sie noch ein wenig fester in den Arm. „Weisst du was wir jetzt machen?" „Untersuchst du mich endlich so richtig gründlich?" „Nein, das hat noch Zeit! Ich glaube nicht, dass es eine körperliche Ursache dafür gibt, dass du noch nicht schwanger bist. Wir machen etwas ganz anderes! Du musst mir einfach vertrauen, dass ich mich mit diesem Thema auskenne. Leider ist es ganz normal, dass es eine Weile dauern kann, schwanger zu werden. Ein Jahr ist dafür keine wirklich lange Zeit. Aber das weisst du ja alles!" ,grinste Niklas schelmisch. „Das größte Hindernis um schwanger zu werden, ist der psychische Druck, unter den, sich viele Frauen selbst stellen. Meiner Einschätzung nach, machst du dir ziemlich viel Druck! Ich weiss, es ist nicht so leicht das Ganze locker anzugehen.  Ich schlage dir vor, dass du versuchst, dich einmal so richtig zu entspannen und nicht ständig ans schwanger werden zu denken. Ab Samstag werden wir zwei Wochen Urlaub mit Max am Meer verbringen. Versuch doch diese Zeit, so richtig mit mir und Max zu geniessen, dich zu entspannen und die Gedanken ans Schwanger werden und kleine Babys, zu Hause zu lassen. Julia kuschelte sich noch etwas fester an Ihren Schatz und betrachtete die vielen kleinen Laternen, die nun, da es dunkler geworden war, über ihnen leuchteten.  Sie hoffte wirklich, dass es ihr gelang diesen Urlaub zu genießen und sich so richtig zu entspannen.
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Julia, Max und Niklas fuhren mit dem Auto vom Urlaub Richtung Leipzig, um Max wieder nach Hause zu seiner Mama zu bringen. Niklas und Julia hatten vor, in Leipzig in einem Hotel zu übernachten, da Niklas am nächsten Tag in der Sachsenklinik operieren sollte. Der Kleine wurde immer stiller, und in sich gekehrter, umso länger die Fahrt dauerte. Julia beobachtet, wie er ganz in Gedanken versunken aus dem Fenster starrte. Zwei wundervolle Wochen lagen nun hinter ihnen, die sie bei herrlichem Wetter, Baden im Meer, gutem Essen, langen Strandspaziergängen, Spielen und romantischen Stunde gemeinsam genießen durften. Es hatte sich so gut angefühlt, fast wie eine richtige kleine Familie. Max war während dieser Zeit aufgeblüht und kostete jede Minute, die sie gemeinsam verbrachten, total aus. Es war so schön, zu sehen, wie glücklich Niklas war, Zeit mit seinem Sohn verbringen zu können. Er wirkte so richtig entspannt beim herumtobten, plantschen im Meer, Sandburgen bauen oder wenn er dem Kleinen Geschichten vorlas. Ihr Mann war einfach ein wundervoller Papa, daher fand es Julia gar nicht verwunderlich, das Max so gerne, viel Zeit mit ihm verbrachte. Auch sie selbst, konnte sich, in diesen zwei Wochen, entspannen und hatte erstaunlich wenig, ans Schwanger werden denken müssen. Schneller, als es ihnen allen lieb war, verging die schöne Zeit und sie mussten schon wieder ans nach Hause fahren denken. Als Julia bemerkte, dass Max immer stiller wurde, ahnte sie, was in ihm vorging, bestimmt war er traurig, wieder von seinem Papa getrennt zu werden. Der jungen Ärztin graute es schon davor, wieder so einen emotionalen Abschied von Max miterleben zu müssen. Nach diesen tollen zwei Wochen, würde es ihm sicher besonders schwer fallen, sich von seinem Vater zu verabschieden. Vor Arzu und Philipps Haus verabschiedete Julia sich von dem kleinen Mann. Mit ein paar Tränen in den Augen, hielt er sie lange fest. Julia schluckte schwer, als sie den Kleinen an Niklas weiterreichte. Dann stieg sie schon einmal ins Auto ein, damit Vater und Sohn, sich in Ruhe voneinander verabschieden konnten. Durch die Scheibe beobachtete sie, dass das Tschüss Sagen wieder sehr heftig ausfiel. Max krallte sich an seinen Papa und schien heftig zu weinen. Julia fragte sich, warum Niklas nicht endlich ein Machtwort sprach und den Kleinen zu ihnen nach Erfurt holte. Nach einigen Minuten kam Philipp dazu, packte sich Max und trug den schreienden Kleinen ins Haus. Jetzt standen auch Julia schon fast die Tränen in den Augen. Einige Minuten blieb der Oberarzt wie erstarrt stehen und blockte auf das Haus, dann setzte er sich ins Auto und fuhr, ohne ein Wort zu sagen los. Die junge Ärztin konnte am Blick ihres Mannes erkennen, das sie ihn am Besten gar nicht ansprechen sollte. Er sah so entsetzlich traurig und auch irgendwie verzweifelt aus. Schweigend fuhren sie zum Hotel. Julia war sich sicher, dass nun der Abend gelaufen war. Niklas würde sich wie jedesmal total einigeln und versuchen selbst mit seinen Gefühlen fertig zu werden. Die Abschiede von Max waren ein Thema, bei dem er nicht einmal seine Frau an sich heran ließ.

 Niklia „Die Richtige"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt