An diesem grauen, wolkenverhangenen Dienstag, wuselte es im JTK, wie in einem Bienenstock. Fast ganz Erfurt schien erkrankt oder verunfallt zu sein. Ausserdem regnete und stürmte es seit Tagen, so sehr, dass das Reinigungspersonal des JTK's, alle Hände voll zu tun hatten, die Flure, allem voran den Eingangsbereich ein wenig sauber zu halten. Julia eilte über die Glasbrücke. Es war ein regelrechter Babyboom ausgebrochen. Der ganze Vormittag war vollgepackt mit Schwangerschaftskontrollen gewesen, eine nach der anderen, ohne Pause und noch immer schien kein Ende in Sicht zu sein. Kurz blieb Julia auf der Glasbrücke stehen, um ein paar Minuten zu verschnaufen. Sie beobachtete fasziniert das Wasser, welches vom Wind richtiggehend an das Glas gepeitscht wurde. Ihrer gute Laune konnte dieses ekelige Wetter jedoch nichts anhaben. Die junge Ärztin, fühlte sich einfach nur überglücklich. Während ihr Blick über den mit Pfützen übersäten Parkplatz glitt, legte sie die Hand auf ihren Bauch. Langsam streichelnd, bewegte sie ihre Hand über die Wölbung, bis sie kleine Tritte ihres ungeborenen Kindes spüren konnte. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, während sie zu ihrem Baby sprach: „So mein kleiner Schatz, bist du auch wieder wach? Heute wirst du uns doch hoffentlich zeigen, ob du ein Mädchen oder ein Junge bist! Glaub mir, ich bin schon so gespannt dich wieder zu sehen." Nach dieser kurzen Verschnaufpause eilte Julia weiter. Sie genoß es, dass sie heute ganz in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen konnte, da alle viel zu beschäftigt waren und daher keine Zeit fanden, sich darum zu kümmern, ob sie sich auch ja nicht überarbeitete.
„Endlich Feierabend!" ,rief Theresa, während sie die letzten Akten auf den Counter knallte. „Tschüss Leute ich bin dann mal weg!"Auch Julia verließ gerade das Zimmer ihrer letzten Patientin, als ihr auch schon Niklas mit einem Strahlen im Gesicht entgegen kam. Kurz zog er sie an sich und hauchte in einen liebevollen Kuss: „Bist du bereit, unseren kleinen Schatz anzuschauen?" Julia lächelte: Oh ja! Komm wir gehen! Ich bin so gespannt, ob da ein Mädchen oder ein Junge in meinem Bauch herumturnt. Die junge Ärztin fasste ihren Mann bei der Hand und zog ihn mit sich ins nächste Behandlungszimmer. Leyla blickte grinsend, den Beiden hinterher. Es war so schön, die Zwei so glücklich zu sehen, gerade nach der schweren Zeit, die sie hinter sich hatten, war ihnen dieses Glück umso mehr zu gönnen. Julia legte sich auf die Liege und schob ihren Kasak über den zusehends runder werdenden Bauch. „Schau mal! ,rief Julia entzückt aus. Das Baby boxte und trat so sehr, das ihr ganzer Unterleib wackelte und abwechselnd überall kleine Erhebungen sichtbar wurden. Schnell drehte sich Niklas um und lachte schallend über dieses lustige Bild. Er legte seine Hand auf Julias Bauch und sagte:„So meine kleine Sportskanone, wie schön, dass du auch wach bist, dann können wir gleich viel mehr von dir sehen!" Einen Moment ließ er seine Hand auf dem Bauch liegen. Es war so ein einzigartiges Gefühl, wenn das Baby gegen seine Hand boxte. Julia grinste: „Jetzt ist es schon wieder viel ruhiger. Immer wenn es deine Stimme hört beruhigt es sich gleich. Ich glaube du wirst derjenige sein, der das Baby beruhigen muss, wenn es schreit!" „Das würde dir so gefallen!" ,grinste auch Niklas. Er verteilte Gel auf dem Bauch seiner Frau, setzte den Schallkopf an, fuhr langsam über ihren Bauch und blickte gespannt auf den Bildschirm. Sieh mal hier das kleine Köpfchen, die Arme, der Bauch die Beine, total fasziniert betrachtete Niklas sein Kind. Julia konnte hingegen fast nicht genug davon bekommen, währenddessen sein Gesicht zu studieren. Es war einfach zu süß wie begeistert er von dem Kleinen war. „Ohhh es ist eine kleine Prinzessin!" ,verkündete der Vater plötzlich und strahlte voller stolz. „Wie süß! Wirklich?Zeig mal!" Nun schaute auch Julia gebannt auf den Bildschirm und tatsächlich auch sie konnte es genau erkennen, sie bekamen eine kleine Tochter! „Ganz verzückt shoppte Julia schon in Gedanken, süße kleine Mädchenkleider. „So du kleine Maus, jetzt darfst du dich einmal drehen, damit ich dich von vorne betrachten kann." ,bat Niklas liebevoll und stupste sie mit dem Schallkopf ein wenig an. „Genau so! Super machst du das! So ein kleines perfektes Wunder! ,flüsterte er total überwältigt. Julia nahm die Hand ihres Mannes und blickte ihn spitzbübisch an. „Man könnte nicht meinen, dass du schon tausende Babys per Ultraschall gesehen hast, so fasziniert wie du bist!" ,neckte sie ihn ein wenig. Lächelnd erwiderte er: „Es ist für mich wirklich etwas total anderes, meine eigene kleine Tochter anzuschauen. Es fühlt sich so besonders an, zu Wissen, dass es unser Baby ist." Niklas betrachtete weiter voller Stolz ihr Baby, während Julia es einfach nur genoss, die Freude und den Vaterstolz in seinem Gesicht zu sehen. Plötzlich änderte sich sein Gesichtsausdruck aprupt und wurde sehr konzentriert. War irgendetwas nicht in Ordnung? Irritiert drehte Julia ihren Kopf und schaute auf den Bildschirm. Ihr Mann schien hochkonzentriert irgendetwas in der Herzregion des Babys auszumessen. Genaueres konnte sie aus ihrer Position nicht erkennen. Julia fühlte, wie Angst in ihr aufstieg und ein Engegefühl in ihrer Brust verursachte. Angespannt fixierte sie ihren Mann und wartete, bis er beginnen würde zu sprechen, da sie genau wusste, dass er es nicht mochte, unterbrochen zu werden, wenn er sich konzentrieren musste. Nach einigen Minuten legte der Oberarzt den Schallkopf wortlos beiseite und drückte auf die Druckertaste. Die ausgelassene Stimmung von vorhin war einer Anspannung gewichen, die sie wie ein dichter Nebel umhüllte. Julia kämpfte gegen das immer enger werdende Gefühl in ihrem Brustkorb an und presste ein heiseres „Niklas?" an dem Kloss vorbei, der sich in ihrem Hals gebildet hatte. Nachdem ihr Mann sich zu ihr umgedreht hatte, begriff sie sofort, als sie diese abgrundtiefe Traurigkeit in seinem Blick erkennen konnte, dass es nicht nur ein Problem gab, nein es schien eher dramatisch zu sein. Niklas griff fahrig nach den Bildern, setzte sich zu seiner Frau auf die Liege und zog sie in seine Arme. Julia spürte, dass er furchtbar zitterte und auf einmal liefen seine Tränen an ihrem Hals entlang. „Niklas, was ist los?" ,versuchte sie schliesslich mit bebender Stimme in Erfahrung zu bringen. Mit einigem Stocken erklärte er ihr endlich: „Die kleine Maus hat mehrere schwerste Herzfehler! Das wird sie nicht überleben!" ,total verzweifelt sackte seine Stimme ab. Nun flossen auch Julia die Tränen übers Gesicht, während sie ihren Bauch mit beiden Händen streichelte. Sie fühlte sich, als ob ihr der Boden unter den Füßen weggerissen wurde und sie in ein tiefes Loch stürzen würde. Kaum hörbar flüsterte sie: „Das kann nicht sein! Bist du dir wirklich sicher dass man gar nichts machen kann?" Hilflos zuckte Niklas mit den Schultern und schüttelte fast unmerklich den Kopf.
Leyla, welche Bereitschaft hatte und am Counter saß um noch einige Akten zu erledigen, machte sich langsam Sorgen. Immer wieder wanderten ihre Augen zu der Tür, hinter der, die glücklichen werdenden Eltern vor einer Stunde verschwunden waren. Sie hatte Bereitschaft und erledigte, am Counter sitzend einige Akten. Irgendetwas stimmte da nicht, die Beiden hätten doch schon längst fertig sein müssen mit dem „Baby schauen"! Auch wenn es total viel Spaß machte, sein eigenes Kind per Ultraschall anzuschauen, so konnte sie sich doch schönere Orte zum verweilen vorstellen. Irgendwann wollte man es sich dann doch lieber zu Hause gemütlich machen. Nachdem sie noch einmal eine viertel Stunde, immer unruhiger werdend, gewartet hatte, gab sie sich einen Ruck und stand auf. Die Oberärztin wurde einfach dieses komische Gefühl nicht los, dass da drinnen irgendetwas nicht in Ordnung sein konnte. Als sie, auf ihr Klopfen, keine Reaktion bekam, öffnete sie langsam die Tür und schaute hinein. Der Anblick der sich ihr bot, bestätigte sofort ihre schlimmsten Befürchtungen. Niklas saß mit Julia im Arm auf der Liege, beide hatten gerötete Augen und in ihren Blicken lag tiefe Trauer. Julias Hände krampften sich um ihren Bauch zusammen, so als ob sie versuchte, ihr ungeborenes Kind zu schützen. Langsam ging Leyla auf die Beiden zu und sagte ganz vorsichtig: „Wollt ihr in Niklas Büro kommen und drüber reden?" Die Beiden nickten stumm und folgten der Oberärztin wie in Trace aus dem Zimmer. Niklas hielt die Hand seiner Frau die ganze Zeit fest umschlossen, während sich die andere um die Ultraschallbilder krallte. Im Büro liessen sie sich auf dem Sofa nieder und der Oberarzt zog Julia ganz nah zu sich in seine Arme. Die junge Ärztin war kaum fähig irgendeinen klaren Gedanken zu fassen, so sehr erschütterte sie, diese unfassbare Nachricht. Grade, als sich Leyla auch setzen wollte, wurde sie zu einem dringenden Notfall in die Notaufnahme gerufen. Bedauernd schüttelte sie den Kopf und eilte davon. Auf dem Weg rief sie bei Prof. Pazelt an, die sich auch noch im Klinikum befand und bat sie, sich dringend um Niklas und Julia zu kümmern, da irgendetwas mit ihrem Baby nicht in Ordnung zu sein schien.
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Niklia „Die Richtige"
FanfictionEine Story über die jungen Ärzte. Über die Liebe, Gefühle, Höhen und Tiefen. Im Zentrum stehen Julia und Niklas, andere Paare wie Beyla, Themarc und vielleicht auch ganz Neue werden als Nebenhandlung vor kommen.