24. Allein?

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Julias Genesung schritt weiter voran, womit Dr. Moreau äusserst zufrieden war. „Koshka, melden sie Frau Berger zum Röntgen und zum CT des Handgelenks und des Arms an, ich kann mir gut vorstellen, dass so langsam alle Knochen wieder gut verheilt sind und Frau Berger mit der Reha beginnen kann!" ,ordnete Dr. Moreau bei der Visite an. Julia seufzte hörbar, nachdem der Oberarzt das Zimmer wieder verlassen hatte. Vor diesem Moment fürchtete sie sich schon lange. Theresa versuchte positive Stimmung zu verbreiten, während sie Julia im Rollstuhl zum Röntgen schob. „Das ist doch toll, dann bist du die Nervensäge Moreau mal für eine Weile los und er muss uns piesacken." Für Julia war dies aber nur ein schwacher Trost. Schweigend ließ sie die Prozedur des Röntgens über sich ergehen. Dr. Moreau, der mit den Ergebnissen des Röntgens sehr zufrieden war, meldete Julia sofort für Ende der Woche zur Reha an, so dass es für Julia kein Entrinnen mehr gab. Schneller als es Julia lieb war, war es auch schon Freitag und somit der Tag, an dem dem sie das JTK verlassen und ihre Reha in der Rehaklinik Sonnental beginnen sollte. Sie hatte sich jetzt soweit von dem Unfall erholt, dass es an der Zeit war, gezielt darauf hinzuarbeiten, wieder Kraft in ihren Arm zu bekommen, um bereit dafür zu sein, an Krücken zu gehen. Mit einem mulmigen Gefühl erwachte Julia an diesem Morgen. Sie fühlte sich noch gar nicht bereit für diese Reha. Ihr Arm und Handgelenk schmerzten noch so sehr, daher konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie sie damit die ganzen Übungen hinbekommen sollte. Am liebsten wäre sie jetzt, wenn es nur möglich gewesen wäre, aufgestanden und weggerannt! Es war geplant, dass Julia um 09:30 Uhr mit dem Krankentransport des JTK's zur Rehaklinik gefahren werden sollte. Niklas hatte sich am Vorabend schon von ihr verabschiedet, da er heute schon früh, eine große Operation hatte. Es klopfte an ihrer Zimmertür und ihr Vater trat ein. Er brachte ihr ein kleines Päckchen, nahm sie kurz in den Arm und küsste sie auf die Stirn. „Alles gute mein Julchen! Du schaffst das!" Und schon war er wieder weg gehetzt zu einem wichtigen Meeting. Julia merkte wie Traurigkeit in ihr aufstieg. Sie strengte sich an tapfer zu sein und ihre Tränen zurückzuhalten. In diesem Moment, fühlte sie sich, so schrecklich allein gelassen. Diese Reha machte ihr eine Scheissangst und niemand hatte Zeit um ihr den Halt zu geben, den sie so dringend benötigte. Eine Schwester betrat das Zimmer. „So, heute dürfen sie uns endlich verlassen! Sie mussten wirklich lange hier herumliegen." Die Schwester öffnete die Tür des Einbauschrankes. „Was möchten sie denn heute anziehen? Ich werde ihnen dabei helfen und ihre restlichen Sachen in den Koffer packen, damit sie rechtzeitig für die Fahrt bereit sind." ,lächelte die Schwester ihr aufmunternd zu. „Ich würde viel lieber hier bleiben!" ,schniefte Julia. Und versuchte angestrengt, die hochkommenden Tränen zu unterdrücken. Schwester Sonja nickte verstehend, kam mit den Kleidern zu Julia's Bett und strich Ihr über den Rücken. „Ich habe solche Angst davor, dass ich es nicht schaffe, dass die Schmerzen zu stark sind!" ,schniefte Julia wieder. „Es wird sicher nicht einfach, aber es wird sich auf jeden Fall lohnen!" ,versuchte die Schwester sie zu ermutigen. „Ihr netter Herr Doktor wird sie sicher auch oft besuchen kommen." „Ich würde ihn aber genau jetzt, in diesem Moment so dringend brauchen." ,dachte Julia. Aber er war im OP. Das war der Nachteil, wenn man eine Beziehung mit einem Chirurgen führte. Ständig waren die im OP und immer war es wichtig. „Stopp Julia!" ,ermahnte sie sich. Sie durfte nicht ungerecht sein, Niklas hatte so viel für sie getan und sich immer wieder aufgeopfert, irgendwann musste er schliesslich auch mal arbeiten. Sie würde jetzt stark sein und nicht weinen!
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Kurz darauf saß Julia abreisebereit in einem Rollstuhl und ließ sich von der  Schwester nach unten zum Haupteingang bringen. Noch immer kämpfte Julia gegen ihre Tränen an. „Super!" ,dachte sie, während sie im Foyer des Krankenhauses auf den Sanitäter wartete. „Würde das jerzt die ganze Fahrt andauern?" Theresa kam vollbepackt mit Akten, aus dem Ärztezimmer und steuerte direkt auf sie zu. „Ach Julchen!" , sagte sie und erkannte sofort wie ihrer Freundin zumute war. Sie ging in die Hocke und schaute Julia freundlich an. „Hör zu, du packst das! Du bist ein starkes Mädchen! Wir erwarten alle, dass du bald wieder bei uns bist und mit uns um die spannendsten OP's kämpfst! Ich komm dich ganz bald besuchen." Sie umarmte Julia herzlich, gleich darauf folgte sie, den ungeduldigen Rufen von Moreau. Während ihrer Umarmung hatte Theresa Julias Sicht auf alles andere verdeckt.  So war sie ganz überrascht, dass plötzlich Niklas in ihrem Blickfeld auftauchte, als Theresa hinter Moreau her eilte. Ungläubig starrte sie ihn an. Niklas? Was machte der denn hier? Er musste doch in seiner OP sein. Warum trug er Jeans und T-shirt und keine Krankenhausklamotten? Der Oberarzt kam auf sie zu, legte seine starke Hand unter ihr Kinn, hob es ganz sanft ein wenig an und küsste sie. Niklas war da! Julia spürte einen warmen Freudenschauer über ihren Körper rieseln. Niklas trat einen Schritt zurück, deutete galant eine Verbeugung an und sagte höflich: „So, meine Dame, darf ich sie, zu meinem Auto bringen? Der Krankentransport ist bereit." „Was du? Du fährst mich? Du musst doch operieren." ,platzte Julia total perplex heraus. Während er Julia zu seinem Auto schob erklärte Niklas: „Wir zwei werden da jetzt gemeinsam hinfahren. Ich habe im Hotel neben der Rehaklinik, für mich ein Zimmer gebucht und mir für die nächsten 3 Tage frei genommen, damit dir das einleben dort, etwas leichter fällt." Total überwältigt saß Julia da. Das war zu viel, sie konnte ihre bis dahin mit Anstrengung zurückgehaltenen Emotionen nicht mehr länger unterdrücken. Tränen rannen ihr über die Backen. Ihr Freund war einfach nur unglaublich. Womit hatte sie diesen Mann nur verdient? Sanft fuhr Niklas mit seinem Daumen über ihren Nacken. „Hey, was ist denn los, möchtest du doch lieber den Krankentransport vorziehen?" ,versuchte er zu scherzen. „Nein auf gar keinen Fall, ich heule nur, weil ich so froh und erleichtert bin. Du hast ja gar keine Ahnung, was mir das bedeutet, das du mitkommst." Julia drehte ihren Kopf, um Niklas sehen zu können und hauchte ihm ein „Danke mein Schatz!" ,zu. „Doch ich glaube schon!" ,lächelte er. „Was meinst du warum ich das möglich gemacht habe? Bedank dich besser bei deinem Vater, daß er mich gehen lässt und bei Dr. Lindner fürs einspringen bei der Op!" Dann legte er einen Arm unter ihre Axeln, den anderen schob er unter ihre Kniekehlen und hob sie sanft aus dem Rollstuhl. Niklas strahlte seine Freundin mit funkelnden Augen an: „Ich lass dich doch nicht einfach im Stich, wo ich doch weiß wie schwer dieser Schritt für dich ist!" ,sagte er zärtlich und Küsste sie, bevor er sie sanft auf den Beifahrersitz des Autos gleiten ließ.

 Niklia „Die Richtige"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt