„Schatz?" ,holte Julia ihren Mann aus seinen Gedanken. „Kannst du die Kleine nicht einfach fätalchirurgisch operieren? Wenn sie mit diesem Herzfehler, nur in meiner Gebärmutter überleben kann, dann muss die Operation halt vor der Geburt sein!" Das saß, Niklas sog hörbar die Luft durch die Nase ein. Bitte nicht! ,stöhnte er innerlich.
Es war ja nicht so, dass er sich nicht auch schon Gedanken darüber gemacht hatte, aber die medizinischen Fakten sprachen eindeutig dagegen. Wenn ihn, die Erfahrung als Arzt eines gelehrt hatte, dann dass er seine Grenzen kennen und akzeptieren musste. Hier war er endgültig an seinen Grenzen angelangt, was das medizinische betraf, genauso wie an seinen psychischen Grenzen. In der Medizin war heutztage so viel möglich und oft leisteten sie als Ärzte übermenschliches. Aber immer noch, konnte er nicht zaubern. Als Ärzte waren sie eben doch keine Götter in weiss, sondern auch nur Menschen mit ihren Begrenzungen. „Theoretisch hast du recht." ,antwortete Niklas, bemüht möglichst ruhig zu bleiben. „Aber so einfach ist das leider nicht! Ganz ehrlich, dieser Gedanke, hat mich auch schon beschäftigt, da es wirklich, die einzigste Möglichkeit wäre, einen solchen Herzfehler zu behandeln. Ich musste ihn aber leider wieder verwerfen!" „Wieso?" ,fiel seine Frau ihm aufgebracht ins Wort. „Du bist einer der Besten, wenn nicht sogar der Beste auf diesem Gebiet und möchtest diese OP deinem eigenen Kind vorenthalten?" „Ich erklärs dir ja mein Schatz, lass mich doch einfach mal ausreden!" ,versuchte es Niklas noch einmal. „Du hast recht, ich habe schon einigen Kindern mit schwerwiegenden Herzfehlern, durch die Möglichkeit der Fetalchirurgie, das Leben retten können. Und ja ich bin, ohne angeben zu wollen, sicher ganz gut in diesem Bereich. Es gibt aber mehrere Faktoren, die in diesem Fall ein Problem darstellen." Niklas machte eine kurze Pause und atmete tief durch, bevor er aufzuzählen begann: „Das grösste Hinderniss in diesem Fall, ist die Komplexität des Herzfehlers. Unsere kleine Maus hat einen so schwerwiegenden Herzfehler, dass selbst der schwerste Herzfehler, den ich jemals mit dieser Methode behoben habe, sogar alles, was ich in der Zeit, als ich in den USA am Institut für Fetalchirurgie war, operiert habe, dagegen ein Zuckerschlecken ist." Während er sprach, nahm Niklas den ungläubigen Blick seiner Frau wahr. Resigniert fuhr er fort: „Mein Liebling, während du geschlafen hast, habe ich stundenlang recherchiert und habe keinen einzigen Fall finden können, in dem ein so schwerer Herzfehler, fetalchirurgisch operiert wurde. Vielleicht wäre es hilfreich, wenn du dich auch einmal mit den Ultraschallbildern auseinandersetzen würdest, um das Ausmass überhaupt beurteilen zu können." ,schlug der Oberarzt mit trauriger Stimme vor. „Ich kann im Bereich der Fetalchirurgie sicher viel, aber hier stoße ich an meine Grenzen. Der nächste Punkt ist, ein solcher Eingriff, darf nicht länger als zwei Stunden dauern, sonst wird das Kind geschädigt. Diese Art von Herzfehler ist aber unmöglich in 2 Stunden behoben." Niklas entging nicht, wie unbeeindruckt Julia von seinen Argumenten zu sein schien. Am liebsten hätte er sie mal so richtig wachgerüttelt, sie musste aus ihrer Traumwelt heraus, zurück in die Realität kommen. Verzweifelt versuchte er noch, ihr sein letztes Argument zu verdeutlichen. „Ausserdem kommt noch erschwerend der psychische Faktor hinzu. Du verlangst, dass ich mein Kind, im Bauch meiner Frau operieren soll. Julia! Weisst du was das für mich bedeuten würde? Das schaffe ich nicht! Ich bin keine Maschine, die einfach mal schnell per Knopfdruck ihre Gefühle ausschalten kann! Kannst du dich daran erinnern, wie es mir ging, als Max das Narkosemittel nicht vertragen hat? Dabei handelte es sich damals bloss um einen Routineeingriff, den ich normalerweise fast im Schlaf durchführe und trotzdem, war ich für kurze Zeit unfähig eine Entscheidung zu treffen. Ich muss dir wohl nicht erzählen, dass einem Chirurgen so etwas nicht passieren darf! Jetzt stell dir mal, die verherenden Folgen vor, die es hätte, wenn mir das, in einer so überaus komplizierten OP passieren würde! Julia, ich würde auch dein Leben gefährden! Wofür? Für eine Operation die sowieso aussichtslos ist! Es reicht doch schon, wenn unser Baby sterben muss! Ich kann dich nicht auch noch verlieren! Ich würde es nicht verkraften, wenn du auf meinem OP Tisch sterben würdest, mein Schatz!" Bei seinen letzten Worten klang Niklas Stimme immer verzweifelter und schon wieder bildeten sich Tränen in seinen Augen. Seine Niedergeschlagenheit völlig ignorierend, stand Julia auf , blickte ihn trotzig an und warf ihrem Mann wütend vor: „Wie viel bedeutet dir unser Kind eigentlich? Ich wünschte du würdest etwas mehr kämpfen um unser Baby! Schon für Max, hast du viel zu wenig eingesetzt!" Verletzt wandte sich Niklas von ihr ab, sie hatte ihn gerade an seiner empfindlichsten Stelle getroffen. Bittere Tränen liefen ihm übers Gesicht, es tat so furchtbar weh diese Worte von seiner geliebten Julia zu hören. Am liebsten hätte er jetzt, um sich geschlagen vor lauter Schmerz. Angestrengt hielt er sich zurück, zog sich um, und verschwand, ohne ein Wort zu sagen, im angrenzenden Wald.
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Niklia „Die Richtige"
FanficEine Story über die jungen Ärzte. Über die Liebe, Gefühle, Höhen und Tiefen. Im Zentrum stehen Julia und Niklas, andere Paare wie Beyla, Themarc und vielleicht auch ganz Neue werden als Nebenhandlung vor kommen.