Endlich, mitten im Wald kam der RTW zum Stillstand. Ben hatte sich schon ungeduldig gefragt, ob sie überhaupt irgendwann einmal ihr Ziel erreichen würden. Er schnappte den Notfallrucksack, stieg aus dem RTW und rannte auf eine Frau zu, die ihm energisch zuwinkte. Die beiden Sanitäter waren ihm dicht auf den Fersen. Als Ben die Frau erreicht hatte, bestürmte sie ihn auch schon ganz aufgeregt mit einem Redeschwall: „Diese Frau lag einfach hier auf dem Boden, ich habe keine Ahnung was passiert ist, sie war schon bewusstlos als ich hier vorbei kam, sie hat Abrücke auf ihrer Kleidung, die sehen aus wie Pferdehufe, die Frau ist auch sehr kalt, ich glaube sie liegt schon länger hier!" „Danke, dann schau ich mir das jetzt sofort an!" ,erwiderte Ben und trat zu der am Boden liegenden Frau. Sie war bedeckt mit einer Jacke, die wohl von der Frau stammte, die den Notruf abgesetzt hatte. Plötzlich blieb er wie erstarrt stehen, als er erkannte, wer diese Frau war. „Scheisse es ist Julia!" ,rief er, kniete sofort neben ihr nieder und versuchte sich ein Bild ihrer Verletzungen zu machen. „Hektisch schrie er dem Sanitäter zu: „Bring, ganz schnell eine Wärmedecke und gewärmtes Ringer-Laktat." Julia's Puls konnte er abgeschwächt fühlen, aber sie war sehr unterkühlt und schien schwer verletzt zu sein. Ben vermutete einiges an inneren Verletzungen, wenn er die Hufspuren auf ihrem Bauch betrachtete. Mit geübten Handgriffen, tastete er, ihren Bauch ab. Dieser fühlte sich bretthart an, was seinen Verdacht auf innere Blutungen bestätigte. „Julia du musst durchhalten! Du stirbst mir jetzt nicht einfach hier weg, hast du gehört! ,redete Ben verzweifelt auf die Bewusstlose ein. Jetzt musste es schnell gehen, sonst verblutete sie ihm wohlmöglich noch auf dem Weg ins JTK. Sofort wurde Julia zum Abtransport bereit gemacht und dann setzte sich der RTW auch schon wieder in Richtung Klinikum in Bewegung. Ben agierte mechanisch, wie ein Roboter, seine Gedanken und Gefühle kamen gar nicht mehr mit, zu bestürzt war er, über den Unfall seiner guten Freundin.
„So Leyla!" Matteo lächelte sie an, ich löse dich jetzt ab und du darfst in deinen wohlverdienten Feierabend." „Danke! Den brauch ich jetzt aber wirklich." ,meinte Leyla erleichtert. In diesem Moment hielt ein RTW mit lauter Sirene vor dem JTK und ein total verstörter Ben stieg aus. Leyla hielt inne, was war nur mit Ben los? Gemeinsam mit Matteo eilte sie Ben und der Trage, die gerade aus dem RTW geschoben wurde entgegen. „Ahlbeck was ist los? Reissen sie sich gefälligst zusammen, ich brauche sie jetzt hier!" ,schimpfte Matteo drauflos. Noch im selben Moment stutze er kurz, als er erkannte, wer auf dieser Trage lag. Nach wenigen Sekunden, gewann seine ärztliche Professionalität wieder Oberhand und er scheuchte Ben herum. „Los, Herr Ahlbeck, was haben wir da?" Endlich fand Ben seine Sprache wieder und klärte Dr. Moreau stotternd über Julias Zustand auf. „Was ist denn das? Sind das Abdrücke von Pferdehufen?" ,schrie Matteo durch die Notaufnahme. „Ist dieses Pferd etwa auf ihr herumgetrampelt? Wir müssen sofort operieren! Ahlbeck sie assistieren! Los! Geben sie Gas, sie verblutet uns sonst hier!" Leyla hatte vor lauter Schock, wie angewurzelt daneben gestanden, es kam ihr alles vor, wie ein schrecklicher Alptraum. Nun rief sie den Davoneilenden hinterher: „Niklas! Ich werde Niklas verständigen!" „Tu was du nicht lassen kannst!" ,brüllte Matteo zurück und fügte dann noch, kurz bevor er hinter der Schiebetür verschwand hinzu: „Aber das du ihn ja von meinem OP fern hältst! Hast du verstanden Leyla?" Leyla musste sich zwingen, die nächsten Schritte zu gehen, so schwer fühlten sich ihre Beine an. Niklas zu verständigen würde schrecklich sein. Leyla konnte sich gut ausmalen, wie sehr es ihn aus der Bahn werfen würde, seine große Liebe so schwer verletzt zu sehen. Egal, wie müde sie jetzt war, ihr bester Freund würde ihren Beistand dringend brauchen. Erschöpft, ließ sie sich auf den nächsten Stuhl fallen, atmete tief durch und versuchte sich dadurch etwas zu beruhigen. Es half nichts wenn sie jetzt durchdrehte, sie musste jetzt stark sein für Niklas! Während sie, wie in Zeitlupe, ihr Handy aus der Tasche holte und seine Nummer aufrief, musste sie an die schönen Zeiten denken, die sie im letzten halben Jahr zu viert verbracht hatten. Ben Niklas, Julia und sie hatten sich im letzten halben Jahr häufig zu viert getroffen und waren so, zu sehr guten Freunden geworden. Dies machte die ganze Situation für Leyla gerade umso unerträglicher.
Erschrocken fuhr Niklas von seinem Stuhl auf und schaute auf das klingelnde Handy in seiner Hand. Es war Leyla's Kliniknummer, dass konnte er an der Anzeige am Display erkennen. Was das wohl zu bedeuten hatte? Er drückte auf den Abnahme-Knopf und hielt sich das Handy ans Ohr. Nur allein schon vom Klang in Leylas Stimme, wie sie "Niklas?" sagte, konnte er erkennen, dass irgendetwas schlimmes passiert war. Es packte ihn wieder diese kalte Angst, die ihm regelrecht die Kehle zu schnürte, so dass er kein Wort herausbrachte. Leyla sagte mit trauriger Stimme: „Niklas, kommst du bitte her, es geht um Julia." „Was ist los?" Irgendwie schaffte er es dann doch, diese drei Worte herausbringen. Leyla antwortete nur: „Komm einfach hierher, Julia hatte einen Unfall."
Nun machte sich Leyla auf den Weg zum Haupteingang des Klinikums, dort wollte sie Niklas abfangen, um zu verhindern, dass er Kopflos durch's Klinikum und wohlmöglich sogar noch in den OP rannte. Während sie wartete versuchte sie sich zu fassen und überlegte, wie sie Niklas das alles, am Besten beibringen könnte. Da sah sie ihn auch schon, er fuhr gerade mit seinem Fahrrad vor und stellte es in den dafür vorgesehenen Ständer. Er musste ein ziemliches Tempo vorgelegt haben, um so schnell im Klinikum sein zu können. Leyla ging langsam auf ihn zu. Umso näher sie sich kamen, umso mehr konnte Leyla erkennen, wie mitgenommen und sorgenvoll ihr Freund aussah. Es zeriss ihr fast das Herz, wenn sie daran dachte, was noch auf ihn zukommen würde. Als Niklas bei ihr ankam sagte er total atemlos und panisch: „Leyla, ich muss sofort zu ihr! Wo ist sie?" „Stopp Niklas!" Leyla hielt in zurück. „Sie ist schon im OP, du kannst jetzt nicht zu ihr!" „Dann geh ich eben in den OP, ich muss jetzt wissen, was da los ist!" ,schrie Niklas verzweifelt. „Du weisst ganz genau, dass es keine gute Idee ist, in deinem Zustand in den OP zu stürmen! Oder möchtest du etwa, dass Moreau einen Fehler macht, weil er sich so über dich aufregt?" Beruhigend legte Leyla ihren Arm um seinen Rücken. „Moreau operiert?" Aus irgendeinem Grund beruhigte dieser Gedanke, den Oberarzt ein wenig. „Ja! und Ben assistiert ihm. So Niklas, wir zwei gehen jetzt in dein Büro, dort erzähle ich dir ganz in Ruhe, das Wenige, was ich über Julias Zustand weiss, in Ordnung?" „Nein!" ,weigerte sich Niklas. „In meinem Büro erfahre ich nicht, wann die OP vorbei ist, ich werde vor dem OP Trakt warten!" „Ok, ich habe einen Vorschlag." ,versuchte Leyla ihn zur Vernunft zu bringen. Wir warten in deinem Büro, aber ich schicke Ben eine Nachricht, dass er sich sofort melden soll, sobald die OP beendet ist." Schliesslich willigte er ein, in sein Büro zu gehen, da er gar nicht mehr die Kraft hatte, sich Leyla zu widersetzen.
Im Büro angekommen, hatte Niklas sich etwas beruhigt, ausserdem wurde ihm wieder bewusst, in welchem Zustand sich Leyla befand. Er musste sich einfach zusammen reissen und auf Leyla achten. Sie sollte jetzt nicht für ihn die Starke spielen, darum sagte er: „Leg du dich bitte auf die Couch, du hattest den ganzen Tag Dienst und bist bestimmt total erschöpft." Leyla gehorchte, da sie sich wirklich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Sie versuchte es sich auf der Couch gemütlich zu machen und legte ihre Beine hoch. „Was ist genau passiert und wie schlimm ist es?" ,fragte Niklas ungeduldig und ging unruhig im Zimmer auf und ab. Leyla erzählte ihm die wenigen Details die, ihr bekannt waren. „Dann war sie wahrscheinlich Reiten und wurde aus irgend einem Grund vom Pferd geworfen." ,schlussfolgerte Niklas. „Ja so sieht es aus." ,nickte Leyla. Niklas setzte sich an seinen Schreibtisch, stützte die Ellenbogen ab und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. „Dann nehme ich mal an, schwere innere Verletzungen mit starken inneren Blutungen?" ,mutmasste er mit rauer Stimme aufgrund Leyla's Bericht. Dann blieb er regungslos sitzen und spürte, wie seine Hände feucht wurden von seinen Tränen, die er nicht mehr zurückzuhalten vermochte.
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Niklia „Die Richtige"
FanficEine Story über die jungen Ärzte. Über die Liebe, Gefühle, Höhen und Tiefen. Im Zentrum stehen Julia und Niklas, andere Paare wie Beyla, Themarc und vielleicht auch ganz Neue werden als Nebenhandlung vor kommen.