Aus Amelies Sicht geschrieben
Barfuß und mit Stroh in den Haaren liefen wir durch einen Wald. Ich habe ständig auf den Boden geschaut um nicht zu stolpern oder umzuknicken, doch leider sah ich dabei nicht nach oben. Ich hörte hinter mir jemanden rufen. "Die können noch nicht weit sein, beeilt euch!" In dem Moment als ich mich umsah, klatschte auch schon ein Ast mit einem pfeifendem Geräusch mir ins Gesicht. Ein blitzartiger Schmerz an der Wange, brannte wie verrückt und trieb mir Tränen in die Augen. Ohne darüber nachzudenken berührte ich die betroffene Stelle, doch das hätte ich nicht tun sollen, das war falsch. Einfach nur falsch! Ich zischte vor Schmerz und fing an zu fluchen. Plötzlich hörte ich Ian leise flüstern. "Komm schon Kleines, nicht schlapp machen." Erschrocken wich ich von ihm. "Hatte ich auch nicht vor" stönte ich vor Schmerz. Für wenige Sekunden wurde mir ganz schwarz vor Augen und es kam, wie es kommen musste. Ich stolperte über meine eigene Füße und fiel hin. Ian half mir wieder auf, nahm mich an der Hand und zog mich wieder hinter sich her. Mein Kopf pochte und schmerzte, der verdammter Schluckauf war auch noch da und ich hatte das Gefühl, das die Lauferei heute einfach kein Ende nehmen würde.
"Werden die uns finden?" Ian schaute kurz zu mir und bog links ab. "Ich bin hier Zuhause, keiner kennt diese Gegend so gut wie ich. Mach dir kein Kopf, das schaffen wir schon" meinte er gelassen.
Ich hasste Sport! Laufen, Rennen, Turnen einfach alles ist falsch! Ich kam schon ins Schwitzen, wenn ich nur an Sport dachte, einfach schrecklich. Ich sag euch was, ich bin mir sicher, dass wenn ich zu den Zeiten der Dinosaurier gelebt hätte, wäre ich für die entweder eine sauleiche Beute, ober die Dinos hätten bei meinem Fluchtversuch regelmäßig einen Lachflash bekommen und hätten mich aus purer Mitleid wieder laufen lassen.
Als ich eine Felsformation vor uns sah, schwebte mir nichts Gutes vor. Ian sah sich um und zog mich hinter sich her zu der Spalte an der Wand. Ich hasste zwar enge Räume, doch Momentan war mir wirklich alles willkommen, solange ich eine Verschnaufpause bekam. Ian lief unbeirrt weiter, während ich versuchte mich auf das was vor mir lag zu konzentrieren. Das Brennen an meiner Wange wurde schlimmer, zusätzlich merkte ich die aufkommenden Kopfschmerzen.
Die Felsen an denen ich mich immer wieder abstützte, waren unangenehm kalt und durch das Wasser, was von denen abtropfte, kam mir die Umgebung unfreundlich und extrem gruselig vor. Außerdem roch es nach Kälte und abgestandenem Wasser. Keine gute Kombination. Durch das fehlende Licht sahen die Wände schwarz und modrig aus, was nicht gerade zu meinem Wohlbefinden beitrug. Mir war schon vorher kalt, doch diese Kälte war anders, sie war nass und zog mir regelrecht die Kraft aus den Knochen.
Durch einen schmalen Spalt sah ich einen kleinen Lichtstrahl durchscheinen. Wir bewegten uns langsam, aber zielsicher darauf zu. Der Boden unter unseren Füßen bestand (was für ein Wunder), auch aus Steinen. Die feuchten Blätter machten ihn nass und glitschig. Ich musste mir selbt zugestehen, dass mich das Gefühl von Eckel überkam. Wahrscheinlich würde ich anschließend zusätzlich, als eine Art "Bonus", eine Blasenentzündung bekommen. Das Licht kam immer näher und weckte in mir einen kleinen Hoffnungsschimmer. Wir hatten es gleich geschafft, gleich würde alles besser werden. Unwillkürlich atmete ich erleichtert aus.
Ian gab mir zu verstehen, dass ich kein Mucks von mir geben soll. Er zeigte mit dem Zeigefinger auf den hoffnungsvollen, hellen Lichtstrahl vor uns. "Ich muss da kurz raus, bitte warte hier bis ich dich hole. Okay?" Er sah mich prüfend an. Ich nickte und er begann sich leiser durch den Spalt zu schlängeln. Bei ihm sah das so leicht und schon fast anmutig aus, während bei mir....... na ja, ich will nicht darüber nachdenken.
Einen kleinen Moment später hörte ich dumpfe Geräusche und gedämpfte Laute, es hörte sich fast so an, als ob jemand auf einen Boxsack einschlug. Ich sah und hörte zwar nicht was Ian tat, doch als er wieder vor mir stand und seine blutigen Hände an der Jogginghose abwischte, dämmerte es mir. Er hatte die vermeitliche Bedrohung aus dem Weg geräumt.
"Kannst du schwimmen?" fragte er mich ohne mich anzusehen. Keine Ahnung wie bescheuert ich gerade aussah, doch meine Antwort duldete keine Wartezeit. Ich nickte, aber eigentlich wollte ich ihm sagen, dass Schwimmen das Einzige ist, was ich super kann, doch just in diesem Augenblick bekam ich kein Wort heraus. Ian schnappte sich wieder meine Hand und zog mich hinter sich her. "Könntest du bitte aufhören mich ständig hinter sich her ziehen?" Ian meinte nur "nein, noch nicht." In meinen Gedanken bezeichnete ich ihn gerade als Arsch, gesagt hatte ich aber nichts.
Wir verließen die kalten und kraftaussaugende "Todesberge" und liefen um unser Leben in den Wald.
Ich war barfuß.
Mir war kalt.
Ich hatte Hunger.
Ich hatte Stroh in den Haaren.
Ich hatte keinen Schimmer in was oder auf was, ich in der Höhle draufgetreten war, denn das was beim Laufen immer wieder zwischen meinen Zehen hochquoll, fühlte sich glibberig an, es stank bestialisch und machte beim Auftreten schmatzende Geräusche. Kurz gesagt, ich beschloss einfach nicht hinzusehen, denn irgendetwas sagte mir, dass das was ich sehen würde, würde mir so oder so nicht gefallen.
Ich hatte wahrscheinlich eine blutende und klaffende Wunde im Gesicht und trotzdem fühlte ich mich bei Ian sicher. Überrascht stellte ich fest, dass ich unbedingt stark in seiner Nähe sein wollte. Auch wenn er auf mich aufpassen sollte, so wollte ich ihm die Arbeit nicht unnötig schwer machen. Der nächster Gedanke traf mich wie ein Blitz.........
Ich mochte ihn!! Nicht nur das!Ich fand ihn äußerst attraktiv, und ich wollte unbeding, Ian Thompson gefallen!
"Ist dir nicht kalt? Ich habe ja wenigstens ein Schlafanzug an" ich versuchte trotz der Rennerei eine Konversationen zu beginnen, denn immerhin kenne ich Ian doch gar nicht. Ian sah kurz zu mir rüber und lief schmunzelnd
weiter. "Was ist daran so lustig?" Ich holte ihn ein, was echt Schwerstarbeit für mich war. "Mir ist nicht kalt" war das einzige was er sagte. Ich wartete einen Moment und als nichts mehr von ihm kam, beschloss ich langsamer zu werden. "So mein ehrenwerter Bodyguard, ich kann nicht mehr, ich bleibe hier. Ich rolle mich am besten da drüben zusammen und warte auf den Tod." Ich zeigte mit dem dem Zeigefinger auf einen Busch und fiel schwer atmend und keuchend auf die Knie. Durch das Laufen bekam ich Seitenstechen, meine Lunge war kurz vorm platzen und ich konnte definitiv nicht weiter. Als ich hoch sah, stand plötzlich Ian vor mir. Er ging in die Knie und sah mich eindringlich an. "Nicht solange ich lebe, Herzchen." Noch bevor ich darauf antworten konnte, schob er seine Arme unter meine Beine und zog mich hoch. Erschrocken griff ich nach ihm. "Solltest du jetzt anfangen zu schreien, schimpfen ober zu widersprechen, dann denke daran, wir werden verfolgt. Bis jetzt haben die uns nur deswegen nicht eingeholt, weil ich die Gegend besser kenne als die." Sein Gesicht war so nah an meinem, das ich fast seine Wimpern zählen konnte. Seine Augen leuchteten in wunderschönem blau, das so intensiv und hell war, dass ich sofort an einen wolkenlosen Himmel im Frühjahr denken musste. Ich schloss mein Mund und beließ es dabei. Ich schluckte meine Frustration und Faszination einfach runter, was mir überhaupt nicht passte. Im Normalfall hätte ich ihm gezeigt wo der Hammer hing, doch seit dem ich den Kerl kannte, fragte ich mich, was bei ihm überhaupt ein Normalfall war. "Freut mich das du so vernünftig bist. Und keine Sorgen, du bist nicht schwer." Ian lief weiter mit mir auf den Armen und ich dachte darüber nach, dass dieser Moment in den Büchern meist immer als romantisch beschrieben wurde, ich dagegen fühlte mich einfach nur unwohl. Im Normalfall hätte ein Typ wie Ian mich noch nicht mal angesehen, deswegen fühlte sich die Situation gerade einfach nur falsch an. Ich biss die Zähne zusammen und Schimpfte mich selbst für meine Unsportlichkeit. Mit meinem Aussehen könnte ich nicht Punkten, mutig war ich auch nicht. War ich klug? Ja verdammt, das lass ich mir nicht nehmen!!!! Doch die Frage die mich gerade plagte, war ob Ian so ein gewöhnliches Mädel wie ich eine war, überhaupt gefallen könnte?
⚜️⚜️⚜️⚜️⚜️
DU LIEST GERADE
Der Vollstrecker
Romance"Du bist der einziger der sie beschützen kann und du bist mir was schuldig!!" Er betonte jedes einzelne Wort und sah mich dermassen eindringlich an, das ich seine Verzweiflung fast greifen konnte. "Ich bin kein Bodyguard! Ich passe nicht auf kleine...