⚜️Kapitel 8⚜️

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Freundschaft ist Liebe ohne Flügel.

Quelle: George Gordon Byron, Gedichte

Amelie
Wir waren die Nacht über durchgefahren. Als Ian mich an der Schulter berührte und meinen Namen rief, schreckte ich auf. "Was?! Was ist passiert?" Ian streckte sich und stieg aus dem Geländewagen aus. "Wach auf Dornröschen, wir sind da." Ich gähnte müde und sah aus dem Wagen. "Wo sind wir?" Die Gegend kam mir nicht bekannt vor. Ich konnte nicht mal sagen ob wir uns in einem Dorf, oder einer Stadt befanden. Mit Sicherheit konnte ich nur sagen, dass wir uns auf dem Planeten Erde befanden. Ist doch was, oder?

"Hier wohnen Freunde von mir. Ich würde sehr gerne noch etwas vor unserer weiteren Reise vorbereiten, dass geht nirgends besser als hier." Erklärte er mir. "Was musst du denn vorbereiten?" Wie immer sah sich Ian um und setzte sich in Bewegung. "Die Nummernschilder müssen ausgetauscht werden, wir müssen unser Aussehen ändern und so weiter und sofort" zählte er auf, wobei Ian mich wie selbstverständlich an der Hand nahm und wieder mal hinter sich herzog. Ich schwieg und ließ ihn gewähren. Als wir am Holztor ankamen und er es öffnete, kam uns ein super dicker Kater entgegen. Langsam und gemütlich, ja fast wie ein beharter Ball, bewegte er sich auf uns zu. Die großen, wunderschön grün leuchtenden Augen musterten mich neugierig. Er miaute und für mich hörte es sich so an, als ob er mit mir als Besucherin einverstanden wäre. Ian bückte sich zu ihm runter "Käpťn Balu, hast du seit meinem letzten Besuch hier schon wieder etwas zugelegt?" Er streichelte den wuschelligen Kater. Als Antwort auf die Streicheleinheiten bekam er ein zufriedenes Schnurren zu hören. Für mich sah es ganz danach aus, als ob die beiden einander gut kennen würden.

Ich sah zur Seite und mir fielen die vielen Sträucher auf, in weniger als einem Monat würde hier alles blühen und wunderschön aussehen. Das Häuschen vor uns sah gut gepflegt und der Weg dahin, ordentlich gekehrt aus. Hier leben Menschen die ihr Zuhause lieben. "Amelie?" Als ich zu Ian rüber sah, stieß mich etwas mit einem kräftigen Ruck gegen das Bein. Ich taumelte leicht nach hinten und sah fragend der Verursacher an. Käpťn Balu rieb sich zufrieden an meinem Bein. Er schnurrte und sah mich erwartungsvoll an. "Du musst ihn begrüßen und streicheln. Sonst pinkelnt er dir in die Schuhe." Meinte Ian grinsend. "Wie bitte? Was tut er?" Ungläubig und leicht verstört sah ich Ian an. Er wiederum zuckte nur mit den Schultern. "Tue es einfach. Der Kater ist hier der Boss, zeuge ihm Respekt." Einen Moment studierte ich sein Gesichtsausdruck und beschloss das zu tun was er mir sagte. Ich streckte brav meine Hand dem Kater entgegen und lies ausgiebig daran schnuppern. Er schleckte mit seiner rauen Zunge über meine Handfläche. Jetzt war es um mich geschehen, der Kater hatte es tatsächlich geschafft. Erstens fühlte sich seine Zunge rau an und kitzelte leicht. Zweitens war sein Fell sowas von dermaßen weich, dass ich einfach nicht anders konnte als ihn auf den Arm zu nehmen und das Gesicht in sein weiches Fell zu drücken. Der Kater schnurrte glücklich. "Aha, der Käpťn hat seine nächste Sklavin umgarnt. Na dann bin ich ja für heute aus dem Schneider." Vor uns stand eine korpulente ältere Dame mit grauen Haaren und sah uns freudestrahlend an. An der rechten Wange war deutlich eine längere Narbe zu erkennen, was sie allerdings noch attraktiver erscheinen ließ. Die Frau kam auf uns mit weit ausgebreiteten Armen zu. Zuerst wurde Ian herzlich gedrückt. Man konnte ihm die Freude deutlich ansehen. Schließlich so als ob es selbstverständlich wäre, wurde ich in die Umarmung gezogen. Ich war im ersten Moment lang etwas überrascht, ließ es aber tapfer über mich ergehen.

Die Frau roch nach Pfannkuchen woraufhin mein Magen prompt mit knurren reagierte. Mir war das echt peinlich und ich entschuldigte mich auch, doch die Besitzerin von Käpťen Balu winkte nur ab. "Ich bin Dorothee Liebes und wir haben auch schon auf euch gewartet. Kommt mit." Wie eine Ente watschelte sie langsam vor uns in Richtung des Hauses. Ich fühlte Ians Blick auf mir. Ich formte mit den Lippen die Frage. "Was hab ich verpasst?" Doch Ian schüttelte nur den Kopf und winkte meine Frage ab. Sein Gesichtsausdruck sah entspannt und irgendwie zufrieden aus. Als wir an der Haustür ankamen, legte er seine großen Hände auf meine Schulter und schob mich vorsichtig ins rein. Er beugte sich zu mir rüber und flüsterte: "Mach dir keine Sorgen. Dorothee und Alex sind nette Menschen, die tuen dir nichts." Ich hörte ihn lächeln und bekam am ganzen Körper Gänsehaut. Auch wenn seine Lippen meine Haut nicht berührten, so kitzelte sein Atem die empfindliche Haut an meinem Hals. Unbewusst beugte ich den Kopf ihm entgegen, was dazu führte das unsere Köpfe zusammen stießen. Erschrocken sah ich zu ihm hoch.

Ian fasste sich überrascht an die Stirn. Wie es aussah hatte er nicht damit gerechnet, dass ich ihm eine Kopfnuss verpasse. "Oh bitte entschuldige, ddddein Atem kitzelte und deswegen. ..." stotterte ich verlegen. Seine Augen weiteten sich und wir fingen an zu lachen. "Dafür, dass du so klein bist, hast du einen ziemlichen Dickschädel." Der Kater sprang von meinen Armen runter und lief gemütlich Richtung Sofa. Als auch Ian dem Kater hinterher sah, vernahmen wir das ältere Pärchen, das uns einerseits interessiert, andererseits freudig beobachtete. Der Mann neben Dorothee war auch korpulent gebaut, wie sie selbst, jedoch zierte sein Gesicht ein Schnauzer. Ich nannte diese nutzlose Gesichtsbeharung "einen Rotzfänger". Natürlich würde ich das nie laut aussprechen, denn es könnte ja sein, dass nicht jeder meine Witze versteht. Verlegen sah ich zu meinen Sportschuhen runter, denn die erschienen mir plötzlich sehr interessant zu sein. Ian ging unbeeindruckt auf den Mann von Dorothee zu und umarmte ihn herzlich. Beide Männer klopften einnander freundschaftlich auf den Rücken. Ian brummte Alex ins Ohr das er ihn unbedingt sprechen müsste, dieser nickte und sah mich mit ehrlicher Neugier an. "Das ist also die Tochter von Jonas?" Ian nickte. "Ja, darf ich vorstellen, dass ist Amelie Miller." Stellte er mich vor. "Miller? Etwa die Tochter von Susanne?" mischte sich Dorothee ins Gespräch der Männer ein. "Ja, genau." Ian lächelte mich warm an, dies verunsicherte mich nur noch mehr. "Kein Wunder, dass sie so hübsch ist, eine echte Augenweide" meinte Dorothee. Meine Wangen wurden wärmer, ich fühlte die Röte an mir hochsteigen. Ich holte tief Luft. "Sind mir Hörner gewachsen, oder wieso starrt ihr mich so an?" Ian der eh schon am grinsen war, lachte auf. Dorothee und Alex kamen auf mich zu. "Entschuldige Kleines, es ist nur seltsam zu sehen, das jemand wie Jonas, so jemanden wie dich erschaffen konnte. Es gibt ja doch Wunder auf dieser Welt!" Ich sah Ian fragend an, doch Alex war der jenige, der auf meine unausgesprochene Frage antwortete. "Wir kennen uns nicht nur, wir sind auch befreundet gewesen." Ich zuckte mit den Schultern. "Ah ja, wieso hast du mich hierher gebracht?" Am liebsten hätte ich Ian geboxt, oder nein...... am aller liebsten hätte ich meinen Erzeuger jetzt hier, der hätte sich auf was gefasst machen können. Die Wut, die so grenzenlos und überwältigend in meinem Inneren brodelte wollte raus, sie wollte explodieren und Schaden im epischen Ausmaße anrichten, doch leider war Jonas nicht hier. "Mich zu erschaffen war auch schon das einzige was er getan hatte." Platzte es aus mir heraus. Ich zwang mich tief durchzuatmen und in Gedanken von 10 bis 0 rückwärts zu zählen bis ich ruhiger wurde. "Wie es aussieht, besteht hier noch ein klärendes Gespräch zwischen Eltern und Kind. Da die eine Partei nicht da ist, würde ich vorschlagen, dass wir frühstücken gehen, danach wird die Welt bestimmt wieder freundlicher aussehen." Dorothee flatterte fröhlich zu mir. "Komm mit mein Schatz, ich habe Pfannkuchen gemacht, magst du welche?" Mein Magen antwortete für mich, was mir zwar peinlich war, die Anwesenden jedoch nur amüsierte. Ich sah mich nur kurz  nach Ian um und musste feststellen, dass er mich immer noch gedankenverloren ansah. Er sah schon fast traurig aus und ich nahm mir vor ihn unbedingt zu fragen wieso es so war.

Der VollstreckerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt