⚜️Kapitel 7⚜️

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Ian
Seit Stunden fuhren wir  die Landstraße entlang. Amelies Kopf lehnte an der Scheibe, weil sie krampfhaft versuchte einzuschlafen. Es schiehn wohl so zu sein, dass sie nicht zu der Art von Menschen gehörte, die gut beim Autofahren einschlafen konnten. Nach einer gefühlten Ewigkeit sah sie zu mir rüber.  "Wie hast du Jonas kennengelernt? Was für ein Mensch ist er?" Ich sah ihren trauriger Blick und holte tief Luft. "Der alter Mann ist in Ordnung. Er ist streng, aber gerecht. Es tut mir sehr leid, dass du ihn nicht kennen lernen konntest, aber er hatte mir mehr als nur einmal gesagt, dass du ihm sehr wichtig bist." Amelie nickte und schaute wieder nach vorn. Sehr leise begann sie zu erzählen. "Als Kind stellte ich mir immer vor, dass er mich immer beobachten würde und das er mich unaffällig, wie ein Superheld, aus dem Schatten heraus beschütze. Als Teenager war ich wütend auf ihn, weil er nie für mich da gewesen war. An manchen Tagen habe ich zugesehen wie die Nachbarskinder mit ihren Eltern Spaß hatten, wie glücklich und wie Stolz die Eltern auf die Taten ihre Kinder waren und ich fühlte mich dabei scheußlich. Ich war eine unerwünschte Zuschauerin, die kein Recht dazu hatte, sich das gleich Glück zu wünschen. Ich fühlte mich einsam und nicht vollständig. Ich war davon überzeugt, dass es meine Schuld war, das mein Vater uns verließ." Eine Weile war es still zwischen uns. Ich hatte fast das Gefühl, dass ich ihren Schmerz auf meiner Haut spüren konnte. Sie tat mir unwahrscheinlich leid.  "Manchmal wünschte ich mir sogar, dass er tot wäre. So hätte ich wenigstens meinen Frieden gehabt." Diesen Satz flüsterte sie so leise, dass ich erst überlegen musste, ob ich mir das nicht eingebildet hatte.

"Du solltest mit den Wünschen vorsichtig sein, denn manche Wünsche, die man im Affekt ausspricht, können schnell in Erfüllung gehen. Ich spreche da aus Erfahrung."
"Wie meinst du das?" Sie sah mich neugierig an. Der alte Mann und Harper waren bis jetzt die einzigen die von meiner Vergangenheit wussten, doch aus irgendeinem Grund, wollte ich Amelie vertrauen. Ich holte tief Luft und begann mit meiner Erzählung.

"Mein Vater hatte regelmäßig meine Mutter, wenn er besoffen war, auf die schlimmste Art und Weise missbraucht und misshandelt. Als ich 17 Jahre alt war, kam ich eines Tages früher als gewohnt vom Training nach Hause und habe hautnah miterlebt was er ihr angetan hatte. Ich habe ihn angeschrien er solle aufhören und habe versucht ihn von ihr weg zu bekommen, doch er war trotz allem immer noch stärker als ich. Ich meiner Not schnappte ich mir ein Messer und stach auf ihn ein. Ich wollte meine Mutter helfen. Nur helfen!! Doch sie sah mich mit ihrem lehrem Blick an und beschimpfte mich als Mörder. Sie schrie, weinte und schmiss Gegenstände nach mir. Sie meinte immer und immer wieder, das ich ihr die Liebe ihres Lebens genommen hätte. Im Wahn lief sie schreiend auf die Straße und wurde dort von deinem Vater angefahren."

Ich musste nicht zu der jungen Frau rechts von mir schauen, ich hörte bereits das Entsetzen in ihrer Stimme. "Dein Vater lief nicht weg, ganz im Gegenteil. Er half mir meine Mutter ins Haus zu bringen und wir riefen den Krankenwagen. Wir gingen nach draußen um auf Hilfe zu warten. Als die Rettungskräfte endlich eintrafen, stand das Wohnzimmer in Flammen. Wieso? Keine Ahnung! Der alte Mann fand heraus wo meine Großeltern lebten und brachte mich hierher. Und wenn du dich fragst wieso ich dir das erzähle.... ganz einfach, ich kenne mich mit der Einsamkeit aus und ich weiß, wie man sie nutzen kann. Man kann sie für sich arbeiten lassen. Das Leben ist kostbar, immer und zu jedem Zeitpunkt. Man darf das niemals vergessen."

Wow! So viel am Stück hatte ich noch nie geredet!

Amelie ließ sich das kurz durch den den Kopf gehen. "Sag mir die Wahrheit Ian, wieso solltest ausgerechnet Du mich beschützen?" Ich fuhr in der absoluten Einöde recht ran und drehte mich mit dem kompletten Körper zu Amelie herüber. Ich sah ihr in die Augen und sagte ihr die Wahrheit. Na ja, ein Teil der Wahrheit. "Dein Vater, hat mich zu dem ausgebildet was ich jetzt bin. Ich schulde ihm einen Gefallen und sobald der Job für mich beendet ist, werde ich von der Bildschirmfläche verschwinden. Für immer." Sie schluckte schwer. "Ich bin ein Job?" Ich wünschte ich könnte es dies verneinen. Ich wünschte ich könnte ihr die komplette Wahrheit sagen, doch wie bereits erwähnt, ich habe gelernt die Einsamkeit für mich arbeiten zu lassen. Mit anderen Worten, ich habe mich mit meinem Schicksal abgefunden. "Ja. Für mich bist du bloß ein Job. Mit dieser Tat begleiche ich meine Schuld bei deinem Vater. Ich halte immer mein Wort und ich verpreche nichts,  was ich nicht halten kann."

Amelie sah mich mit Tränen gefüllten Augen an und ich wollte mich am liebsten dafür ohrfeigen. Sie schniefte und sah verlegen weg. "Gut zu wissen. Denk ja nicht, dass ich nicht weiß, dass du mir nicht die ganze Wahrheit erzählt hast. Du solltest auf jeden Fall auch etwas über mich wissen... " sie holte tief Luft, kreuzte die Arme vor der Brust uns sah mich mit hoch erhobenen Kopf stolz an. "Ich bin nicht mein Vater. Ich brauche keine Gefallen von dir. Mir ist es auch wurscht ob du deine Versprechen hältst oder nicht. Am Ende dieser Reise, werden wir uns beide verändert haben und ich garantiere dir ... Du wirst derjeniger sein, der über den Blödsinn mit der Einsamkeit, anders denken wird." Irgendetwas leuchtete in ihren Augen auf, was ich nicht zuordnen konnte, doch tief in meinem Inneren fürchtete ich mich davor, das sie Recht haben könnte. Die aufgebrachte Blondine pikste mir mit dem Finger in die Brust und setzte sich wieder aufrecht in ihrem Sitz hin. "Die Eisamkeit für sich arbeiten lassen, pfff. So ein Bullshit! Ist das zu fassen?" Sie schüttelte abwertend den Kopf und zeigte auf die Straße. "Na los Thompson, lass uns hier verschwinden, bevor ich wieder meine Pfanne raushole und dir den Scheiß, den du von dir gibst, aus deinem mit Testosteron gefüllten Körper herausprügle. Mannoman. Ich fass es nicht." Genervt und ich glaubte auch eingeschnapt drehte sich Amelie von mir weg.

Ich sah sie überrascht an und fragte mich, was in sie gefahren war. Eigentlich wollte ich doch nur ihr erklären, dass jeder eine zweite Chance verdient hätte. Auch ihr Vater. Das mit der Einsamkeit war nur teilweise gut, aber dies hatte ich wohl  nicht gut rübergebracht. Irgendwie hatte ich mich völlig verzettelt. Kurzerhand beschloß ich einfach die Klappe zu halten, war wahrscheinlich für uns beide viel gesünder.

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Der VollstreckerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt