⚜️Kapitel 17⚜️

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Amelie
Weiße, ewig lange, kalte und leere Flure. Selbst wenn ich es gewollt hätte von hier weg zu laufen, hätte ich es nicht geschafft. Der Schrank von einem Mann, ging vor mir her und ich fragte mich, wie er sich wohl in diesem endlosen Labyrinth zurecht fand. "Schau nicht so bedröppelt Herzchen, hier kommt nur derjenige zurecht, der sich hier gut auskennt." Ich schluckte schwer und blieb ruckartig stehen. "Wieso nennen sie mich Herzchen? Lassen sie das! Niemand darf mich so nennen. Klar?" Blafte ich ihn nervös an. Nur Ian durfte mich so nennen! Wenn er dies getan hatte, dann bekam ich meist Ärger. Wieso war ich eigentlich gerade so unhöflich? Der Kerl musste doch bloß einmal ausholen, dann bleibt nur eine feuchte Fütze von mir über. Es war bestimmt nicht ratsam ihn zu reizen und Prügel hatte ich den letzten Tagen weis Gott genug kassiert. Als ich zu ihm hoch sah, sah ich ihn doch tatsächlich schmunzeln. "Was gibt's denn hier zu lachen?" In seinen Augen blitzte etwas Spitzbübisches auf. " Ich kenne jemanden der das darf!" Er zwinkerte mir spielerisch zu. "Mein Name ist Roman und ich gebe dir jetzt einen unbezahlbaren Rat. Wenn du gleich vor dem Boss stehst, dann sei nicht so vorlaut. Er kann kratzbürstige Frauen nicht ausstehen." Ich nickte nur und quetschte, wenn auch widerwillig ein "danke" aus mir heraus.

Wir blieben schließlich vor einer Tür stehen. "Denk daran, nicht kratzbürstig zu sein. Es wäre sehr schade um dich. Ich kenne da Jemanden, dem du definitiv sehr, sehr fehlen würdest." Eine ernst gemeinte Drohung, die gekonnt hinter einem kalten Lächeln verborgen war. Wir sahen uns noch einen kleinen Moment stillschweigend an, bevor er mir aufmunternd zunickte und ganz Gentlemanlike die Tür für mich, in die Höhle des Löwens aufmachte. Wieso betonte er vorher das Wort "Jemand" und wieso grinste er mich so bescheuert an? Roman selbst blieb breitbeinig vor der Tür stehen.

Der Raum war hell erleuchtet und an den Seiten standen lange Bücherregale die gefüllt mit Büchern waren, die allerdings noch nie einer gelesen hatte. Auf dem Tisch vor mir stand ein Computer an dem ein blonder ca. Mitte vierig alter Mann saß. Der Typ sah für sein Alter, meiner Meinung nach, sehr gut und gepflegt aus. Er sah mich noch nicht mal an. Ich stand eine ganze Weile einfach nur still da und kam mir etwas deplatziert vor. Wahrscheinlich wollte er mich nur prüfen. Zumindest redete ich mir das ein. Im Hintergrund lief leise Musik und ich entspannte mich etwas. Ich lauschte den sanften Tönen, machte die Augen zu und summte schließlich die Melodie mit. Für eine Weile vergaß ich alles um mich.

"Hhm. Hallo Amelie?" Ich hörte wie sich eine angenehme Männerstimme vor mir räusperte und schreckte auf. Die blauen Augen die mich interessiert musterten, gehörten zu dem Mann, der gerade noch am Tisch saß. "Könntest du mir helfen?" Er zeigte auf den PC. "Ich hasse Computer und dieses Scheißding schafft es noch mich in den Wahnsinn zu treiben!!" Er klang nicht nur frustriert, sondern sah auch genau so aus. Zögerlich ging ich zum Schreibtisch und setzte mich auf den Bürostuhl. Marco stellte sich hinter mich und sah mir gespannt über die Schulter. "Steuererklärung? Im Ernst?" Ich sah ihn Stirnrunzelnd an. "Hey, es mag schon sein das ich ein Krimineller bin, aber Steuerhinterziehung gehört nicht zu meinem Profil."

Er erzählte mir, dass er seinen Steuerberater beim stehlen erwischt hatte, also fühlte er sich gezwungen, das Problem aus der Welt zu schaffen. Einerseits wunderte es mich das er so offen über sein Verbrechen sprach, andererseits fand ich diese Offenheit total sympathisch.

Nach einer Stunde war das PC- Problem geklärt und ich fand, dass dies ein guter Moment war um herauszufinden was ich hier soll. "Marco wieso bin ich hier?"
Marco Wolthers zeigte mir mit der Hand auf einen Sessel in dem ich Platz nahm. Ich sah ihn erwartungsvoll an. Marco ging gelassen zu einem Schrank, hollte eine Karaffe mit Alkohol raus und bot mir stumm auch etwas an, was ich dankend ablehnte. Mit einem Glas Whisky setzte er sich mir gegenüber und legte geschäftlich das rechte Bein über das linke. Eins musste ich ihm lassen, er war definitiv attraktiv und besaß einen ausgezeichneten Modegeschmack. Seine teuren schwarzen Schuhe glänzten so, als ob er die gerade erst gekauft hätte.

"Dir ist klar das wir beide verwandt sind, oder?" Er sah mich über den Rand des Glases prüfend an. Ich nickte nur. "Dein Vater ist mein jüngere Bruder und er hat sich größte Mühe gegeben, deine Existenz vor mir geheim zu halten." Mein Onkel trank genüßlich einen Schluck von der braunen Flüssigkeit und lehnte sich entspannt zurück. "Wieso?" Jetzt lächelte er mich wissend an. "Kannst du dir das etwa nicht denken? Er hatte sich Sorgen um dich gemacht, denn ich bin nicht gerade ein vorzeige Onkel. Ich bin bööööse, kriminell und ein Sadist." Diese Wörter brachten ihn zum Lachen. "Das waren übrigens seine Wörter, die hätte ich mir nie selbst ausgedacht, obwohl er in allem Recht hatte." Ich zog eine Augenbraue hoch und sah ihn weiterhin ungeduldig an. "Du bist mein Gast und ab jetzt bekommst du ein eigenes Zimmer und ein vernünftiges Bett zum schlafen, dafür erwarte ich nur die Mitarbeit deinerseits."

"Na los, jetzt mach schon Onkel. Wieso. Bin. Ich. Hier!" So langsam reizte er mich, denn Geduld war leider noch nie meine Stärke. "Was erwartest du von mir und wieso?" Marco stellte sein Whiskyglas auf den Tisch ab und sah mir in die Augen. "Ich bin schon seit Jahren hinter jemandem her und du wirst mir helfen ihn zu fassen. Solltest du dich weigern, wird das unangenehme Konsequenzen für dich haben." Ich grinste ihn breit an. "Soviel zum Thema Familie, was Onkelchen? Mit anderen Worten, ich tue das was du willst, oder ich sterbe. Stimmts?" Er schnalzte mit der Zunge und meinte gefährlich leise
"es gibt schlimmere Arten der Bestrafung als der eigener Tod." Ich faltete die Arme vor der Brust und sah ihm trotzig in die Augen. Ich ahnte worauf er hinaus wollte, doch zugeben, daß ich Angst vor ihm hatte, wäre der größere Fehler. "Und die wären?"
'Der Blödarsch will mich doch bloß verarschen' dachte
ich mir, doch dann bekam ich seine Antwort. "Zuzusehen wie jemand den man liebt stirbt und mit der Gewissheit leben zu müssen, dass man es verhindern hätte können. Glaube mir Liebes, DAS ist viel schlimmer und schmerzhafter als der eigener Tod."
Mein Herzschlag setzte kurz vor Schreck aus. Ein unangenehmes Kribbeln am ganzen Körper ließ mich erschaudern. Die feinen Härchen an meinen Armen stellten sich auf. Er drohte mir doch tatsächlich, meine Mom oder Milan etwas anzutun. Jetzt fing ich an zu begreifen wieso Jonas sich bemühte, mich vor dem Einfluss von Marco zu beschützen. Marco war hinterhältig und um sein Ziel zu erreichen, war ihm jedes Mittel recht. "Ich dachte du willst mir weh tun, um dich an meinem Vater für irgendwas zu rechen?"

Marco lachte laut und hysterisch auf. Sein Lachen erreichte jedoch nicht seine Augen. "Dein Vater und du, ihr seit mir völlig egal. Ihr seit nur der Köder. Das einzige was zählt, ist das ich ihn kriege!" Seine Augen leuchten auf, seine Stimme wurde aufgeregter und seine Körperhaltung spannte sich an. "Dein Vater hatte nicht das Recht ihn mir weg zu nehmen. Der Junge hatte so ein riesiges Potenzial! Der hätte bei mir bleiben müssen, doch Jonas sah das menschliche in ihm und stahl ihm mir. Dazu hatte er kein Recht! Hörst du? Er hatte kein Recht dazu!" Zum Schluss brüllte er nur noch. Ich drückte mich erschrocken in die Lehne des Sessels und fragte mich wie es möglich war, dass ein eben noch sympathischer Kerl, jetzt ausflippte. Ich schluckte und wollte gerade fragen um wen es sich handelt, doch das war nicht nötig, denn die Antwort bekam ich sofort. Das Problem war nur, das mir nicht gefiel was ich hörte. "Ich will den sogenannten Vollstrecker! Ich will Ian Thompson und zwar mit Haut und Haar! Der gehört mir und du bist du nur Mittel zum Zweck."

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Der VollstreckerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt