Gestern Abend klingelte das Telefon. Die Liebe war am anderen Ende.
Und sie erzählte mir, wie es ihr so ergangen ist, seit wir nicht mehr nebeneinander aufwachen.
Ihre Stimme machte sofort meine Beine taub. Man hat nur einen kurzen Moment, um zu fliehen, wenn die Liebe einen anspricht. Danach sitzt man es aus. Und bis man selber wieder laufen kann. Vergehen manchmal Jahre. Deshalb habe ich immer ein Paar Krücken im Hinterstübchen stehen.
In ihren Worten schwang viel wenn und aber mit. Zwischen den Sätzen machte sie lange Pausen, die mir im Bauch schmerzten. Einen echten Vorwurf machte sie mir nicht. Aber dafür hundert winzige falsche. Die am Ende einen großen Nadelstich setzten.
Wir hatten beide einen Kalender vom letzten Jahr vor uns liegen. Und versuchten darin die Tage wieder zu finden, die wir verloren hatten. Mit roten Filzstiften zogen wir Kreise bis spät in die Nacht. Und fanden uns wieder. Begraben unter einem Samstag. Als es noch warm war abends um acht.
Immer wenn ich mit der Liebe telefoniere. Dann werde ich ganz leise. Weil ich weiß, dass man nur laut sein darf. Wenn man sich nichts vorzuwerfen hat. Ich aber habe etwas zu verbergen. Die Liebe weiß das. Und deshalb hört sie genau hin. Und stochert mit ganzen Sätzen in mir herum.
Die Liebe sprach auch von der Zukunft. Sie stellte mir so einige Fragen in den Weg. Ihre Stimme rieselte dabei wie Sand aus meiner Hörmuschel. Deshalb habe ich mir dann nachts das Denken wundgescheuert. Unangenehm, wenn man nicht so viel Öl im Blick hat, um die Tage zu schmieren.
Nach knapp einer Stunde fehlte mir dann die Kraft, länger meine Zunge zu schlagen. Meine Abschiedsworte fielen der Liebe schwer auf die Füße. Und ich hörte deutlich, wie sie ein Stück kleiner wurde. Der Abschied war so hastig. Weil man mit der Liebe nicht spielen darf. Entweder man bleibt bis zum Schluss. Oder geht, bevor es einem schwer fällt.
Als ich heut Morgen dann aufgewacht bin, lag mir viel auf der Zunge. Ich hatte auch schon mein Telefon in der Hand. Die Zahlen waren alle noch an ihrem Platz. Aber ich habe es alles runter geschluckt. Sich mit der Vergangenheit anzulegen, bringt nur blaue Flecken.
Die Liebe und ich. Wir haben eine stille Abmachung. Wir treffen uns wieder. Wenn wir verlernt haben, einander Lebewohl zu sagen.
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UNSPOKEN
PoetryDie Stürme in meinem Kopf ruinieren den Garten, den meine Seele trägt....