I R G E N D W I E

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Ich hatte mir das anders vorgestellt.
Flüssiger.

Ich dachte die Dinge würden ineinander übergehen, dass sich eins dem anderen die Hand reicht. Dass beim Abschied ein wenig mehr und dass nach einem Anfang genug Zeit bleibt bis zum nächsten Abschied.
Ich dachte alles wäre ein großer Fluss. Mit zwei Ufern links und rechts, an denen man sich raushalten kann. Oder Steine springen lassen. Mit seichtem Wasser an den Rändern. Für die, die sich nur die Hosen hochkrempeln wollen. Und einer reißenden Strömung in der Mitte. Für jene mit Ziel. Denen das Wie an sich nichts bedeutet.
Ich dachte es würde seinen Weg ins Tal finden. Aber es staut sich in der Brustgegend. Ich dachte es würde einem die Kehle hinunter stürzen. Aber es wird im Mund immer mehr.

Ich hatte mir das anders vorgestellt.
Langsamer.

Die Sonne geht nicht auf und unter. Sie ist nicht mehr als ein Blitz.
Die Tage nützen einem nichts. Die meisten taugen nicht mal für eine Erinnerung.
Die Menschen kommen und gehen. Ihre Gesichter beginnen schon sich zu ähneln.
Man hat so viel freie Zeit und sperrt sie sich ans Handgelenk.
Großspurige Autobahnen. Man kann sich rechts und links selbstüberholen.
Die Menschen suchen unentwegt. Und verbrauchen sich in einem fort.
Es gilt anzukommen. Dabei gab es auf dem Weg vielzusehen.

Ich hatte mir das anders vorgestellt.
Unendlich.

Weil ich mir nicht vorstellen kann wofür das alles gut sein soll die Arbeit die Liebe und das Fernsehen wenn doch alles endet und wir nichts mit dahin nehmen können wo wir ja sowieso nicht hingehen und weil ich nicht einsehe warum ich die Welt als große Chance sehen soll wenn man doch im Kreis läuft geht man seinen Weg immer geradewegs und außerdem finde ich es unfair dass das Weltall unendlich sein soll und wir nicht dahin können zumindest nicht sehr weit und manchmal bin ich schon damit überfordert wenn ein guter Film aufhört oder die Band keine Zugabe spielt und außerdem will ich nicht dass Gefühle vergehen zumindest sollte man ihnen hinterherlaufen und sie zum umkehren zwingen können dass ich erst eine Uhr rückwärts laufen sehen habe und dass ich ihr hätte folgen sollen und dass selbst hier in diesem Satz alles auf den Schlusspunkt hinausläuft. Da sieht man es wieder.

Ich hatte mir das wirklich alles irgendwie anders vorgestellt.
Mit dem Leben. Ich will mich gar nicht beklagen. Es ist halt nur so. Dass ich irgendwann sterbe.

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