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Sina P.O.V

An jeder Schule gab es gewisse ungeschriebene Regeln. Dinge, an die sich ein jeder stumm hielt. Sei es, gewisse Schüler nicht anzusprechen, oder sich gegen einen Lehrer im speziellen als eine Einheit aus Schülern zu stellen. 

Diese Schule war besonders gut darin. Sich gegen Einzelne zu verschwören, doch bei der ersten Gelegenheit versuchte eigentlich jeder jedem ein Messer in den Rücken zu stechen. Trotz allem genoss diese Schule einen doch ziemlich guten Ruf. Für eine Gesamtschule, leider, eine Besonderheit.

Dies war jedoch nur aus zwei Gründen stattgegeben. Erstens, der Direktor tat alles, um diesen guten Ruf zu erhalten. Das ging von Bestechung bis hin zu Unterschlagen. Und zweitens, selbst wenn er versuchen würde, seine Schüler wegen all der Illegalität zur Rechenschaft zu ziehen, er müsste sich auch dafür verantworten. Wir hielten uns alle gegenseitig ein Messer an die Kehle.

Ich hielt mich von dem Ganzen so gut es ging fern. Alles, was ich wollte war nur einen ruhigen Alltag. Den konnte ich mir aber fast täglich abschminken, sobald die Wölfe erschienen. 

Selbstverständlich keine echten Wölfe. Nein, so nannte man die Freundesgruppe, die hier für den meisten Ärger sorgt. Arrogant, rücksichtslos und unfair. Sie waren fünf Jungs, die alle in unserer Fußball-Mannschaft spielten. Klischee, ich weiß. 

Daniel war so etwas wie der Anführer der Gruppe, aber er war nicht Kapitän der Mannschaft, er war ein Stürmer. Er war der, der die roten Karten förmlich sammelte. Sein großer Bruder Jan war unser Torwart. Dann gab es da noch die beiden Zwillinge. Sie waren Verteidiger, wurden auch als eiserne Mauer bezeichnet. 

Naja, und dann war da noch Luke. Innerhalb des Teams gibt es immer wieder den Witz, er sei ein Maskottchen, der nur die Frauen aufreißt. Der zweite Stürmer. Dadurch, dass man ihm genau das sagte war er wahrscheinlich so gut. Ohne dass man es bemerkt war der Ball schon ins Tor geflogen. 

Natürlich gab es noch ein paar weitere Spieler, mitunter meinen Freund und Mannschaftskapitän Dylan. Doch die Fünf stachen am stärksten heraus. Seit ein paar Jahren schrumpfte die Anzahl der Leute, die sich noch tatsächlich für die Schulmannschaft interessierten immer mehr. Wir schafften noch knapp die elf Spieler. Wahrscheinlich auch, weil unsere Mannschaft nicht unbedingt, naja, gut war.

In unserem Abschlussjahr war das auch die kleinste Sorge, trotzdem ein guter Zeitvertreib. "Wir müssen übrigens noch hoch zum Sekretariat. Die Umfrageblätter reichen nicht für alle Stufen." Meine beste Freundin Lissy reichte mir einen ihrer Notizzettel. 

Mir wurde wirklich erlaubt, in meinem letzten Schuljahr noch einmal die Rolle als Schülersprecherin zu übernehmen. Lissy half mir bei jeder Gelegenheit aus. Ohne sie wäre ich wahrscheinlich längst unter dem Stress erstickt. Ich liebte es nur einfach, eine Stimme für alle Schüler zu sein. 

"Und da kommt das Rudel." seufzte ich. Ein älterer Dacia fuhr gefolgt von zwei Motorrädern auf die Schulparkplätze. Daniel und Jan kannte ich nicht allzu gut, da ich sehr wenig Kurse mit ihnen gemeinsam hatte. Die Zwillinge und Luke waren dafür mit mir im Mathe-Leistungskurs. 

Lissys Männer-Hitze, wie ich es so liebevoll nannte, schlug schon wieder Alarm. Sie sabberte den Jungs förmlich hinterher, als sie aus dem Auto stiegen. "Soll ich dir ein Handtuch besorgen, bevor wir hochgehen?" fragte ich, weswegen ich einen Schlag gegen den Arm kassierte.

"Hättest du nicht dein ständiges On-Off Drama mit Dylan hätte ich dir sogar vorgeschlagen, dass ich mir einen der Zwillinge kralle und du dir den anderen." Wortlos verdrehte ich die Augen und lief voraus. Lissy kam in die Hitze, jedes mal, wenn sie einen halbwegs attraktiven Mann sah. 

 Wir kopierten im Sekretariat noch die restlichen Blätter, die wir brauchten. Ich hatte eine Umfrage vor, um die Prioritäten im letzten Jahr besser unterzuordnen. Da waren die Meinungen aller das wichtigste. 

"Sina, dreh dich jetzt nicht um. Die Tür zum Rektorat steht offen und eine Zehn von Zehn steht mitten im Raum." flüsterte Lissy mir zu, als ich die letzten Blätter aus dem Drucker holte. 

Selbstverständlich drehte ich mich sofort um. Hoi, der war wirklich attraktiv, aber definitiv nicht meine Altersklasse. "Neuer Schüler?" fragte Lissy. "Klar, weil wir auch plötzlich über Zwanzig-jährige Schüler haben. Entweder ein Vater oder ein neuer Lehrer." Wir hatten so ein Glück, dass die Sekretärin mit Brittney Spears auf voller Lautstärke beschäftigt war und uns nicht hören konnte. 

"Egal was er ist, sobald die Frauen unserer Stufe ihn sehen kommt er hier sicher nicht mehr angezogen raus." "Du kannst manchmal echt eklig sein, weißt du das?" seufzte ich.

"Als hättest du nicht auch daran gedacht. Los jetzt, so viel Zeit haben wir nicht mehr." Lissy griff nach meinem Arm und zog mich nach draußen.

Wir steckten die Zettel in jedes einzelne Klassenbuch, was noch nicht abgeholt wurde.

Auf dem Weg zu unserem Kursraum kam uns Jan entgegen. Er rieb sich die Knöchel seiner linken Hand, sah uns nicht einmal an, als er an uns vorbei lief.

"Das sah creepy aus." murmelte Lissy. Ich nickte nur zustimmend. Sein Verhalten erklärte sich ziemlich schnell, als wir den Raum betraten, aus dem er eben raus gekommen war.

"Ben!" Unser Mitschüler lag auf dem Boden, mit dem Arm in den Tisch gerammt.

Verbotene Liebe | BoyXManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt