*28*

336 25 0
                                    

Daniel P.O.V

Ich konnte mir selbst nicht erklären, warum Sandro uns jetzt persönlich von unseren Aufträgen erzählen wollte. Sonst ruft er nur kurz an oder schreibt eine Nachricht.

Es war dumm, aber irgendwie war das für mich Ablenkung. Ich hatte mich gestern auf dem Sportplatz tot gerannt und stand jetzt dezent müde neben Jan.

Sandro hatte keinen Anzug an dieses Mal. Das allein war schon erschreckend, aber auch sein selbstsicheres Grinsen war weg.

"Unter meinen Leuten gibt es einen Verräter." fing er an. Der Mann, vor dem ich seit ich von der Straße weg bin so Schiss hatte...

Er sah erbärmlich aus.

Auf seinem Kinn bildeten sich die Stoppeln eines Barts, seine Haare waren fettig und seine Augen träge. Noch vor ein paar Tagen sah er komplett anderst aus.

"Willst du, dass wir ihn finden?" fragte ich. "Ich weiß bereits wer es ist. Alles, was ihr tun müsst ist herauszufinden, wo er sich befindet!" Er stützte sich an seinem Gehstock ab.

"Sandro, wir arbeiten lange genug für dich, als dass du uns vertrauen kannst. Was passiert gerade?" Er zog ein Messer aus seiner Tasche und hielt es an meine Kehle.

Genau das war der Grund, warum er mir so Angst machte. Reue, Mitgefühl, sowas kannte Sandro nicht. In Sekunden stich er jemandem das Messer in die Brust oder drückte den Abzug einer Knarre.

"Konzentrier dich auf deine Aufgabe, Anführer! Ihr habt nach wie vor genug Schulden bei mir zu begleichen." Auch wenn sein Messer direkt an meiner Kehle lag, Sandro, er war...

Er war schwach geworden.

Ich hob abwehrend die Hände. "Wo sollen wir mit der Suche anfangen?" fragte Luke, brachte Sandro so dazu, sein Messer wieder runter zu nehmen.

"Bei seiner Freundin. Sie hat eine Reservierung in einem Restaurant nächsten Mittwoch. Ich will, dass einer von euch da hingeht, sie ins Gespräch verwickelt und herausfindet, wo sich der Hund, befindet, dem ich einen Maulkorb auflegen muss."

"Wie sieht es mit der Bezahlung aus?" Er steckte sein Messer in die Tasche. "Neunhundert." Damit kämen wir dem Zurückzahlen unserer Schulden deutlich näher. 

Er ging ohne Verabschiedung, ohne irgendwas. Mit dem Gehstock unter der Hand lief er die Straßen entlang.

"Irgendwas ist komisch daran, findest du nicht?" murmelte Luke. Ich brummte zustimmend.

Sandro wirkte fast so, als hätte er Angst. Was auch immer dieser Verräter getan hat, Sandro hatte dadurch realisiert, dass er nicht unantastbar war. Er hat wirklich Schiss.

"Dann ist jetzt die Frage, wer geht hin." meinte Markus. "Da gibt es keine Frage. Ich mach es." Luke sah mich skeptisch an. "Dani, hier geht es um eine Frau. Eine Frau, die man um den Finger wickeln soll." Jan nahm mir den Ordner ab, den Sandro mir vorhin in die Hand gedrückt hatte.

"Gerade du wirst es nicht machen." meinte er. "Wieso, kennt er sie?" fragte Max. Jan reichte den Ordner weiter. "Jennifer Schilf, die kleine Schwester von seinem Ex-Lover." Ich schnaubte genervt.

"Mich kennt sie schon. Sie hat mich gesehen, als sie mit Leonard Essen war. Mir wird sie von uns allen am schnellsten vertrauen."

Jan holte mit der Hand aus, aber ich fing seinen Arm ab, bevor er zuschlagen konnte.

"Auch wenn ich dein kleiner Bruder bin, ich bin immer noch dein Anführer." zischte ich.

"Denkst du, das rettet deine Beziehung zu Schilf? Jetzt das Arschloch zu spielen?" fragte Jan. "Hey!" Max stellte sich zwischen uns, legte jedem von uns eine Hand auf die Brust und drückte uns auseinander.

"Eure Streitereien machen das auch nicht besser. Daniel hat Recht, er ist unser Anführer, er gibt die Befehle. Wir machen es so, wie er sagt, egal wie scheiße das werden könnte." meinte er.

Sogar Max hatte diese Unsicherheit in seinem Blick. Meine Freunde, meine Familie vertraute mir also nicht mehr.

"Wenn du das vermasselst, dann musst du dich nicht länger unseren Anführer nennen." erklärte Jan ernst. "Ich bin nicht so swach wie du!" zischte ich.

"Das reicht jetzt!" rief Markus. "Scheiße, was ist los? Ein Lehrer taucht auf und ihr rastet aus, als wäre er das FBI höchstpersönlich. Kriegt euch wieder ein. Wir sind ein Team!" Enttäuscht schüttelte er den Kopf.

"Ach ja? Wer hat denn die Zusendung verkackt, wegen diesem einen Lehrer?" fragte ich. "Leckt mich doch, ganz ehrlich!" Ich riss Luke den Ordner aus den Händen, steckte ihn ein und lief weg.

"Du bist genau wie Sandro! Du bist ein Feigling!" rief Jan mir hinterher. Ich ging einfach weiter.

Ein Feigling also.

So sah mich mein Bruder inzwischen.

Wie passend. Dabei hatte ich mich vor kurzem in meinen Texten sogar noch über die Feigheit von Leonard aufgeregt.

Ich lief langsam mitten durch die Stadt, damit ich nicht gleichzeitig mit den Anderen Zuhause ankam.

Zuhause. Was ein beschissenes Wort. Der Ort, an dem wir lebten und für den wir arbeiteten. Das trifft es wahrscheinlich noch eher.

Kann es denn noch schlimmer kommen?

Verbotene Liebe | BoyXManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt