Reglos saß ich auf meinem Bett und starrte aus dem Fenster. Ich konnte einfach nicht begreifen beziehungsweise wollte nicht begreifen, was Hannah getan hatte. Es war schon spät und die Sonne versank hinter den hübschen Häusern der Stadt. Da fiel die Tür ins Schloss und Helen ließ sich auf ihre Hälfte des Bettes fallen.
„Wie geht es der Direktorin?", wollte ich wissen und löste meinen Blick vom Fenster.
„Sie ist schwach, aber sie wäre nicht Elara, wenn sie sich davon unterkriegen lassen würde. Sie wird wieder. James ist bei ihr." Helens Worte verklangen in der Stille des Zimmers und wir schwiegen. Eine Schwere lag in der Luft, sodass ich das Gefühl nicht los wurde, Hannahs Mutter würde etwas bedrücken.
„Alles okay?", fragte ich vorsichtig und schien damit einen wunden Punkt getroffen zu haben, denn Helen atmete scharf aus und legte den Kopf zurück.
„Ich weiß, dass es nicht Hannah war, die Elara verletzt hat, aber ich habe sie gesehen ... ihren Blick. Meine Tochter hätte so etwas niemals getan. Niemals." Sie verstummte und massierte sich die Stirn.
„Ich weiß", erwiderte ich leise und Mitgefühl stieg in mir auf. Ich verstand genau, was Helen durchzumachen schien, denn mir ging es nicht anders. Trotz des Wissens, dass Raven Dragoni die Schuld an Hannahs Handlungen trug, kam ich nicht umhin, mir immer wieder einzureden, dass es nicht Hannah war, die es von sich aus tat.
„Ich möchte nur meine Tochter zurück", murmelte Helen müde und zog die Knie an die Brust. Ihre lockigen braunen Haare hingen schlaff herunter und schienen wie wir alle ihre Energie verloren zu haben.
„Und ich meine Freundin", flüsterte ich, während sich erneute Stille über uns ausbreitete. An Schlafen war nicht zu denken und so saßen wir einfach nur da, während es immer dämmriger wurde.
„Wie war es als du Schülerin warst?", fragte ich irgendwann.
„Ich glaube, es war nicht so viel anders als jetzt", antwortete Helen nachdenklich. „Meine Pflegeeltern haben mich mit zwölf auf die Akademie geschickt. Sie waren wirklich sehr fürsorglich und haben mich schon vorher meine Magie trainieren lassen. Du kannst dir sicherlich vorstellen wie überwältigt ich von der Schule war." Sie lachte leise. „Alles war so neu und unbegreiflich. Damals gab es eine andere Direktorin. Sie war großartig und eine Art Vorbild für jedes Mädchen, das ich kannte. Wie hieß sie noch gleich? Ich glaube, Evelyn Williams. Genau ... Mrs. Evelyn Williams. Elara hat sich ständig mit ihr angelegt und bestimmt den Rekord an Strafarbeiten gebrochen, die ein Schüler je aufgebrummt bekommen hat. Mit siebzehn hat sie mich dazu überredet, die Nacht im Wald zu verbringen. Es war Sommer und wunderschön, aber leider ziemlich mückig. Dummerweise war Evelyn Williams alles andere als dumm und hat uns am nächsten Morgen in unserem Zimmer erwartet. Haben wir uns erschreckt, als sie da auf unserem Bett saß." Ich biss mir auf die Lippe, um nicht los zu kichern und grinste in mich hinein. „Ihre Standpauke habe ich nie vergessen. Danach habe ich nie wieder gegen die Regeln verstoßen. Im Gegensatz zu Elara. Ich hatte das Gefühl, sie würde Evelyn Williams absichtlich provozieren. Ihr Mann war übrigens mein Lehrer für Luftmagie. Ich habe eine Menge von ihm gelernt. Bis es zu dem Unglück kam ..." Helen verstummte.
„Welches Unglück?", hakte ich vorsichtig nach.
„Er hat mit unserer Klasse eine Wanderung gemacht. Wie du weißt, liegt die Akademie mitten in einem riesigen Waldgebiet. Zwei Tage sind wir herumgezogen, er hat uns viel über die Natur und die Tiere erzählt und wir hatten eine Menge Spaß. Doch am letzten Abend ging es ihm plötzlich schlecht. Trotzdem hat er uns zurück gebracht und ist schließlich vor den Toren der Akademie zusammen gebrochen. Es war furchtbar. Fünf Tage lang haben die Erd-Elementarys um sein Leben gekämpft und Evelyn Williams ist nicht von seiner Seite gewichen."
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Academy for Elementarys 2 - Vernichtender Kampf
Fantasia- BAND 2 der Academy for Elementarys-Reihe! Der folgende Text enthält SPOILER für Teil 1! - „Sie gehört zu den Gorgonen. Zu Raven Dragonis Gefolge. " Zwei Sätze, die mir seit einer Woche durchgehend im Kopf umherwirbeln. Seit dem Tag, an dem Raven...