Kapitel 22 - Mara

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„Mara, Elara? Ich wollte in die Stadt ein paar Dinge einkaufe. Wollt ihr mitkommen?", fragte Helen am nächsten Morgen beim Frühstück und sah uns fragend an.

„Gerne", meinte ich und dachte meine Familie, die sich bestimmt über eine Postkarte freuen würde. Auch die Direktorin stimmte zu, während Will Ethan einen spöttischen Blick zuwarf.

„Ich habe übrigens gestern Nachmittag noch etwas herausgefunden", eröffnete unser Computerfreak. „Ich muss es aber noch genauer überprüfen."

„Bin dabei", kam es von Will, während er in sein Brötchen biss, sodass es krümelte. Ich trank einen Schluck Orangensaft und lehnte mich zurück. Der Ausblick von der Dachterrasse war wirklich atemberaubend. Die Sonne schien warm auf uns nieder und ich blinzelte zufrieden.

Eine Stunde später schlenderten wir zu dritt durch die Gassen Roms. Bereits jetzt waren die Touristen in Strömen unterwegs und Gelächter erfüllte die Luft. Trotz der gelösten Atmosphäre war ich auf der Hut. Die Erinnerung an den gestrigen Abend verfolgte mich und ich vermutete in jedem vorkommenden Menschen einen Gorgonen in Zivil.

„Mara, entspann dich", lachte Helen, die zu merken schien wie ich mich immer wieder umsah.

„Ich bin entspannt", murmelte ich und fing den besorgten Blick der Direktorin auf. Sie wusste genau, was los war und ich konnte noch immer nicht ganz nachvollziehen, warum sie Helen nichts von dem Vorfall gestern Abend erzählt hatte. Immerhin war sie ihre Halbschwester.

In einem der unzähligen Souvenirshops kaufte ich schließlich zwei Postkarten sowie Briefmarken und reichte sie Helen, die sie in ihrer Tasche verstaute. Mit der Zeit wurde es immer voller und immer wärmer. Schweiß bildete sich auf meiner Stirn und ich blieb im Schatten einer Palme stehen.

„Wie wäre es mit einem Eis?", wollte ich wissen und wedelte mit einer Hand vor meinem Gesicht herum. „Sonst zerfließe ich auf der Stelle."

Helen grinste, während Mrs. Frey belustigt Luft ausstieß, doch selbst ihr glänzte ein dünner Schweißfilm auf der Haut und sie nickte.

„In Ordnung. Lasst uns eine Eisdiele suchen."

Es dauerte nicht lange bis wir eine gefunden hatten. Bei den Preisen für eine Kugel Eis, musste ich schlucken. Das war bestimmt der Heilige-Stadt-Aufschlag. Aber die Kälte und der Geschmack machten den Wucher beinahe wieder wett. Schokoladen- und Kirscheis waren die perfekte Kombination und dann auch noch echt italienisch und nicht nur aus dem Supermarkt.

„Himmlisch", seufzte ich und leckte mir die Lippen, während das Eis sich in der Hitze des Tages leider viel zu schnell verflüssigte. Schokolade tropfte mir auf die Finger und ich kam mit dem Schlecken kaum hinterher. Es war eine klebrige Angelegenheit. Trotzdem schafften wir es irgendwie durch die Menschenströme zurück in Richtung Hotel, bis die Direktorin plötzlich wie erstarrt stehen blieb und in eine schmale Gasse starrte, die vollkommen verlassen war.

„Elara?", rief Helen fragend und musterte ihre Halbschwester auf die Entfernung von einigen Metern.

Da ließ sie ihr Eis einfach fallen und stürmte in die Gasse.

„Was tut sie?", fragte ich erschrocken und stopfte mir den Rest der Waffel in den Mund. Zum Wegschmeißen war sie mir dann doch zu schade.

„Ich habe keine Ahnung", stieß Helen hervor. „Komm mit."

Also machten wir kehrt und folgten Mrs. Frey in die Gasse. Ein ungutes Gefühl beschlich mich, doch ich ließ nicht zu, dass es mich vollständig überwältigte.

„Elara, warte!", rief Helen eindringlich und ich sah noch wie die Direktorin um eine Hausecke bog. Was uns dann erwartete, hätte ich im Leben nicht erwartet und es verstörte mich zutiefst.

Academy for Elementarys 2 - Vernichtender KampfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt