Wir waren gefangen auf einem Motorboot ohne Treibstoff, der Wind pfiff uns kalt um die Ohren.
„James, gibst du mir dein Handy?", fragte ich den Wächter, der mir das Gerät wortlos und bereits entsperrt daraufhin in die Hand drückte. Sein Blick löste sich nicht eine Sekunde von Mrs. Frey.
Ich rief die Küstenwache an und schaffte es sogar, den schlimmen Zustand der Direktorin zu nennen. Dann schwebte mein Finger zitternd über Helens Namen. Ich biss mir auf die Unterlippe, während mir erst richtig klar wurde, was gerade passierte. Die Ausweglosigkeit unserer Situation war schrecklich und ich spürte, wie meine Nase anfing zu kribbeln. Ich holte tief Luft und tippte den Namen von Hannahs Mutter an. Während des Wählvorgangs schweifte mein Blick zu Mrs. Frey. Die Streifen auf ihrem Oberkörper bewegten sich unaufhaltsam weiter und ihr Atem ging flach. James hatte sich aufgerichtet und sie behutsam in den Arm genommen. Ich merkte die Tränen auf meinen Wangen erst, als der kalte Wind sie mit sich nahm.
„James?", drang Helens Stimme dann an mein Ohr und ich schloss gequält die Augen. Ich konnte es nicht. Ich konnte ihr nicht sagen, dass ihre Schwester im Sterben lag.
„Hallo?", fragte Hannahs Mutter und ein Anflug von Sorge schwang in ihrer Stimme mit.
„Hier ist Mara", zwang ich mich zu antworten und schluckte schwer. Einen Moment lang herrschte Stille.
„Mara, alles in Ordnung bei euch?"
Ich sah zu Mrs. Frey und kämpfte um Beherrschung.
„Nein", wisperte ich schließlich.
„Was ist passiert?"
Mein Mund öffnete sich, doch ich brachte keinen Ton heraus. Meine Kehle schien wie zugeschnürt, während die Tränen sich weiter ihren Weg über mein vom Wind kaltes Gesicht suchten.
„Mara!", rief Helen durch das Handy und die Ungewissheit gekoppelt mit ungeheurer Sorge in ihrem Tonfall bewirkten, dass ich meine Stimme wiederfand.
„Mrs. Frey ...", fing ich an. Jeder Buchstabe schien auf meiner Zunge festzukleben und ich musste mir die größte Mühe geben, sie auszusprechen. „Sie stirbt."
Hannahs Mutter antwortete nicht mehr.
„Elara", stieß James plötzlich mit rauer Stimme hervor und ich zuckte zusammen. Die Lider der Direktorin flatterten, ihr glasiger Blick richtete sich auf den Wächter und ein warmer Funken glomm darin auf.
„Es tut mir leid, James", wisperte sie und rang nach Luft.
„Verdammt nochmal, nein", erwiderte der Wächter gramerfüllt und strich seiner Verlobten über die totenbleiche Wange. „Du wirst mich nicht verlassen."
Ich schluchzte leise auf und presste mir eine Hand auf den Mund. Nicht einmal das Schaukeln des Boots nahm ich mehr wahr. Nur die salzigen Tränen auf meinem Gesicht, die meine Sicht verschleierten.
„Rettet Hannah", hauchte Mrs. Frey mit sterbender Stimme und ihre schlanken Finger krallten sich in James' Arm. „Für mich."
„Nein", flüsterte ich hilflos. „Nein, nein, nein."
Dann wanderte ihr Blick zu mir und brannte sich in meine Netzhaut, bevor sie wieder den Wächter ansah.
„James", formte sie mit den Lippen, ein letzter Atemzug, dann erstarb das Licht in ihren grünen Augen und ihr Kopf kippte zur Seite. Die Zeit schien stehen zu bleiben, mein Atem stockte. Der Wächter sackte merklich in sich zusammen. Seine Züge waren vor Trauer und Schmerz verzerrt, während er der Direktorin zärtlich die Augen schloss.
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Academy for Elementarys 2 - Vernichtender Kampf
Fantezie- BAND 2 der Academy for Elementarys-Reihe! Der folgende Text enthält SPOILER für Teil 1! - „Sie gehört zu den Gorgonen. Zu Raven Dragonis Gefolge. " Zwei Sätze, die mir seit einer Woche durchgehend im Kopf umherwirbeln. Seit dem Tag, an dem Raven...