Kapitel 42 - Hannah

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„Elara?"

Meine Tante zuckte kaum merklich zusammen und drehte sich langsam zu mir um. Sie wirkte mitgenommen.

„Hannah, hör mir zu", fing sie an, kaum überrascht, mich hier zu treffen, immerhin hatte sie den Treffpunkt vorgeschlagen.

„Wir können sehr gerne reden", erwiderte ich liebenswürdig, während ich unauffällig meine Hand in die Jackentasche schob. „Aber nicht hier und nur auf meine Weise." Ich drehte mich zum Ausgang des Cafés und lief los. Ich wusste, sie würde mir folgen. Ohne mich nach ihr umzuschauen, marschierte ich die schmale Straße hinunter bis der Ort einige hundert Meter hinter mir lag.

„Hannah, wo willst du hin?", hörte ich die Stimme meiner Tante und wandte mich lächelnd um.

„Du wolltest ungestört reden."

Misstrauisch presste sie die Lippen aufeinander und blieb etwa zwei Meter vor mir stehen, die Arme um den Körper geschlungen, um sich vor dem kalten Wind zu schützen, der über die isländische Ebene pfiff. Die dünne Windjacke schützte sie kaum vor der Kälte, wohingegen mir in meinem Mantel kuschelig warm war. Von mir aus konnte sie ruhig frieren. Mich störte es nicht.

„Also? Dann reden wir auf deine Art", meinte sie.

Ich nickte und umschloss mit meinen Fingern die Spritze in meiner Tasche fester. Langsam, um Elara nicht zu verschrecken, machte ich einen Schritt auf sie zu.

„Ich möchte mich entschuldigen", murmelte ich, während diese Worte einen Brechreiz bei mir auslösten. Überrascht weiteten sich ihre Augen, doch sie wusste ihre Gefühle gut zu verbergen.

„Das glaube ich dir nicht", erwiderte sie, doch Unsicherheit schwang in ihrem Tonfall mit. „Netter Versuch, Raven."

Wut kochte in mir hoch. Sie wagte es tatsächlich, meinen Anführer zu verspotten.

Ruhig, Hannah, hielt der Gorgonenanführer mich zurück und ich holte tief Luft.

„Ich verstehe dein Misstrauen", spielte ich mein Spiel weiter und näherte mich ihr noch ein Stück. „Immerhin habe ich euch übel zugesetzt. Es tut mir so leid." Ich verlieh meiner Stimme ein leichtes Zittern und tränkte sie in Reue. Mitgefühl schlich sich in Elaras Augen und sie gab ihre Abwehrhaltung etwas auf. Gleich hatte ich sie.

„Kannst du mir verzeihen?"

Ich presste eine Träne aus meinem Auge und senkte in vorgetäuschter Trauer den Kopf.

„Natürlich", raunte sie und berührte meinen Arm. Ich packte ihr Handgelenk, hob das Kinn und blickte ihr triumphierend ins Gesicht.

„Das war ein Fehler."

Ihr Entsetzen ließ mich kichern. Als ich die Spritze mit einer fließenden Bewegung aus der Tasche zog, machte sie nicht einmal den Anstand, sich zu wehren und für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich das Gefühl, etwas war hier ganz und gar nicht richtig.

Hannah!, dröhnte Raven in meinem Kopf und ich blinzelte.

„Schlaf schön", schnurrte ich und stach ihr die Spritze in den Hals. Meine Tante ächzte, ihre Finger krallten sich in meinen Arm und das Blut wich aus ihren Wangen. Einige Sekunden lang sahen wir uns in die Augen, dann begannen ihre Lider zu flattern und sie sackte in sich zusammen. Das Zeug hielt echt, was es versprach. Wie auf Kommando brauste Freyja mit dem schwarzen Geländewagen heran und sprang ins Freie, kaum dass der Motor erstorben war.

„Wie ich sehe, ist sie auf deine schauspielerischen Leistungen hereingefallen", grinste sie und deutete auf meine bewusstlose Tante. „Respekt."

Academy for Elementarys 2 - Vernichtender KampfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt