Missverstehen leicht gemacht (1)

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Es war früh am Morgen und die Sonne ging gerade auf. Perfekt geeignet für einen Morgenflug. Und so flog Hicks auf Ohnezahn Richtung Süd-Ost hinfort. Der Wind wehte und die beiden Freunde probten einige Flugkunststücke. Bald würden sie zurückfliegen müssen, da er mit den Anderen in der Arena verabredet war. Sie waren gerade mal wieder zu Besuch auf Berk, um Viggos gesamten Goldschatz hinzubringen. Doch bevor sie morgen zurück zu ihrer eigenen Insel fliegen würden, um neue Ufer zu entdecken, wollte Hicks sich trotzdem nochmal in der Gegend um Berk herum umsehen. In dieser Richtung hatte er schon lange nicht mehr nach neuen Drachen gesucht.

Er war schon ziemlich weit geflogen, als er eine neue Insel fand. „Ohnezahn, sieh mal! (zeigt auf die Insel) Wie wäre es wenn wir uns dort ein bisschen umschauen?", rief der Drachenreiter begeistert und Ohnezahn gurrte zustimmend. Sie landeten an einem traumhaften, romantischen Strand und sahen sich um. In der Nähe standen einige Kisten und in der Mitte ein erloschenes Lagerfeuer. „Anscheinend lebt hier jemand!", stellte der Drachenreiter flüsternd fest.

Im nächsten Moment raschelte etwas im Gebüsch, doch als Hicks drauf zuging hing er plötzlich in einer Seilfalle. Sein Drache wollte ihm zur Hilfe kommen, doch es legte sich ein Netz über ihn. Eine Gestalt trat aus dem Schatten und betrachtete den fremden Jungen in brauner Rüstung eingehend. Als sie sich einige Schritte näherte, erkannte Hicks, dass es sich um ein Mädchen in seinem Alter handelte. Sie trug einen braunen Fellrock, passende Schuhe und ein grünes Top. Ihre Schulterschützer wurden von kleinen Drachenspangen befestigt und auch ihr Gürtel trug ein Drachenmotiv. Ihre braunen Haare waren in einem geflochtenen Zopf zusammengebunden. Das fremde Mädchen schaute Hicks mit leuchtend grünen Augen an. „Wer bist du?", fragte sie prüfend. „Hicks ... Hicks Haddock", antwortete er. „Was? O mein Thor, das gibt es ja nicht!", freute sie sich. Sofort befreite sie ihn aus seinem Gefängnis und umarmte ihn, wobei sie sagte: „Ich habe überall nach dir gesucht! Und endlich habe ich dich gefunden ... Naja du mich!". Sie lachte und einige Freudentränen zierten ihre Wange.

Hicks war völlig überrumpelt und verwirrt. Er wollte nicht unhöflich sein und umarmte sie kurz, drückte sie dann aber vorsichtig von sich weg und fragte: „Du hast nach mir gesucht? Wieso? ... Und wer bist du?" - „Tut mir leid, das muss ganz schön verwirrend für dich sein. Ich heiße Stilla!", sagte sie. Als Ohnezahn nörgelte, weil er immernoch unter einem Netz begraben lag, wendete sich Hicks sofort seinem Drachen zu, entzündete sein Flammenschwert und durchschnitt das Netz. „Unglaublich! Das Schwert brennt ja!", sie konnte ihre Begeisterung kaum zügeln: „Und dein Drache erst! Ein Nachtschatten, du hast wirklich ein riesen Glück!" - „Ehm ... Danke?!", Hicks fühlte sich etwas unwohl.

Da trat aus dem Gebüsch ein weiterer Drache, ein Sandgeist! Er war fast so groß wie Ohnezahn und konnte sich perfekt im Sand des Strandes tarnen. „Das ist Sandsturm, mein Drache", stellte die Braunhaarige ihr Drachenmädchen vor. „Du hast sie gezähmt?", der Junge war überrascht, aber auch beeindruckt. „Ja, vor zwei Jahren an diesem Strand. Nur ein Jahr nachdem du als aller erster Wikinger einen Drachen gezähmt hast! Seitdem bin ich auf der Suche nach dir", berichtete sie. „Woher weißt du so viel über mich? Und wieso suchst du nach mir?", irgendwie fand er es gruselig. „Als du damals den Roten Tod besiegt hast, wurden viele Geschichten über dich erzählt und was aus dir geworden ist, obwohl du ohne Mutter aufgewachsen bist. Daraufhin hat mir meine Mutter gestanden, dass ... Dass deine Mutter die Schwester von meiner Mutter war", beichtete Stilla. „Was? Aber das würde ja bedeuten, dass du ..." - „Ja, ich bin deine Cousine", unterbrach sie ihn. „Wie kann das sein?", Hicks konnte es nicht glauben.

„Die Eltern unserer Mütter hatten sich zerstritten und waren auf unterschiedliche Inseln gezogen. Dabei nahm mein Großvater meine Mutter mit sich auf die 'Insel des Tyr' und ließ seine Frau mit Valka auf Berk zurück. Irgendwann hat es meine Mutter herausgefunden, schwieg aber. Doch als ich ihr von deinem Abendteuer mit dem roten Tod und dem ... Verschwinden deiner Mutter erzählt hatte fing sie an zu weinen und erzählte mir die ganze Geschichte. Seither bin ich auf der Suche nach dir, meinem Cousin! Ich musste dich einfach finden", erklärte Stilla halb weinend. Auch Hicks hatte eine kleine Träne in den Augen. Nie hatte er damit gerechnet eine Cousine zu haben, aber er musste zugeben, dass ihm die Vorstellung wirklich gut gefiel.

Jetzt bemerkte er auch die Familienähnlichkeit: sie hatten beide die gleichen grünen Augen, fast die gleiche Haarfarbe und sogar ihr Kleidungsstil und ihre Drachen, die gerade fröhlich mitteinander spielten, waren sich unglaublich ähnlich. Das hätte zwar auch Zufall sein können, war es aber nicht. „Das ist unglaublich!", fuhr Hicks sich verlegen durch die Haare und schloss sie erneut in seine Arme. Stilla hatte furchtbare Angst gehabt, dass ihr Cousin nichts mit ihr zu tun haben wollen würde, doch nun war sie unglaublich erleichtert und drückte ihn fest an sich.

Als Hicks in den Himmel blickte und den Stand der Sonne sah, ließ er seine Cousine loß und sagte: „Oh nein, schon so spät! Die Anderen wundern sich bestimmt wo ich bin. Ich muss sofort zurück!". Eilig stieg er auf Ohnezahn, wurde aber durch eine Hand aufgehalten. „Werden wir uns wiedersehen?", fragte Stilla nervös. „Klar doch, so schnell wirst du mich nicht mehr los! Immerhin bist du meine Cousine! Wir treffen uns morgen bei Sonnenaufgang hier, okay?", schlug Hicks lächelnd vor. „Ja! Aber bitte erzähl vorerst niemandem von mir, ich will noch nicht, dass es alle wissen!", bat sie. Hicks nickte. Er konnte verstehen, dass sie erst noch etwas Zeit brauchte und ihm war es ebenfalls lieber noch einige Zeit zu warten, immerhin war das schon eine ziemlich große Sache. Nun musste er aber losfliegen, immerhin waren es zwei Stunden Flugzeit bis nach Berk.

Mädchenalarm auf der KlippeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt