Kapitel 17

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Erneut stehe ich in einem Kleid vor dem Spiegel und betrachte mich selbst unsicher. Dieses Mal ist mein Kleid komplett schwarz und reicht bis zum Boden. Meine Schuhe sind an diesem Abend um einiges tiefer, was mehr als praktisch ist, wenn man nicht sonderlich gut darin ist auf hohen Schuhen zu laufen. Nervös zuppele ich immer wieder an meinem Kleid herum und versuche alle Falten glatt zu streichen. "Hör auf ständig am Kleid herumzuziehen, das wird sonst zur Angewohnheit", ermahnt Morgan, die auf meinem Bett sitzt und immer wieder von ihrem Handy hoch schaut, um mir zu sagen, dass ich mein Kleid nicht immer anfassen soll. Ich weiß eigentlich selbst, dass ich das nicht ständig machen sollte, aber ich fühle mich in diesem Kleid nicht einfach richtig wohl. "Meine Haare sind zu fest zusammen gebunden, mein Kleid ist so lang, dass ich bei fast jedem Schritt hinfalle und ich sehe total albern aus", erkläre ich ehrlich. Entrüstet springt Morgan von meinem weichen Bett auf und legt ihren Arm um meine Schultern: "Quatsch! Du siehst wie eine Prinzessin aus." "Ach ja und wo ist dann meine Krone?", frage ich sarkastisch. "Werde Ballkönigin und du bekommst eine", erinnert sie mich. Stimmt, das hatte ich schon fast wieder vergessen. Es gibt ja diese Tradition, dass es immer einen Ballkönig und eine Ballkönigin geben muss. Das ist zwar eine total oberflächliche Angewohnheit, da immer nur nach der Schönheit und weder nach der Intelligenz noch nach der Persönlichkeit bewertet wird. "Die Wahl gewinnt Ashley doch immer", gebe ich kleinlaut zu bedenken. Morgan nickt zustimmend. Das kann selbst sei nicht leugnen. "Kann ich Kyle nicht doch absagen?", frage ich nachdenklich: "Er würde es sicher verstehen." "Ja, das würde er", gibt sie zu und lässt mich aber nicht los: "Aber das wirst du nicht absagen. Du wirst auf diesen Ball gehen, Katy. Abzusagen passt nicht zu dir." Verdammt, sie hat Recht. Aus mir spricht in diesem Moment lediglich die Panik und ich werde Kyle schon nicht enttäuscht. "Ja, stimmt. Außerdem ist das ja sowieso kein Date", erkläre ich und versuche total selbstsicher zu klingen und schaffe es auch recht passabel. Als ihrem Mund jedoch ein leises "Wer's glaubt" entflieht, schafft sie es mich aus der Fassung zu bringen. Überrascht schaue ich sie an: "Wie meinst du das?" Sie muss grinsen:"Du hast doch nicht wirklich gedacht, dass er mit dir nur als Freundin hingehen will, oder?" "Äh ...doch! Was hätte ich denn sonst denken sollen?" "Also er denkt, dass es ein Date ist", erklärt sie lachend. Geschockt starre ich meine beste Freundin an. Das kann doch nicht ihr ernst sein. "Du verarschst mich doch!", ich spreche genau das aus, was ich in diesem Moment denke. "Nö, was hätte ich denn davon?", fragt sie schulterzuckend und ich erkenne, dass das, was sie da von sich gibt, total logisch ist: "Ich habe auch schon einen Shippingnamen für euch. Was findest du besser? Kylety oder Kaly?" Kläglich versuche ich meine Stimme möglichst normal klingen zu lassen und mich nicht aufzuregen, als ich antworte: "Du hast Shippingnamen für Kyle und mich? Denkst du nicht, dass das ein wenig merkwürdig ist?" "Nein, für Cameron und dich habe ich auch einen. Ihr heißt zusammen Rossmann!" Meine erste Reaktion ist Schock darüber, dass sie denkt, dass ich jemals etwas mit Cameron haben würde. Dann ich nochmal über den Namen und frage: "Ist Rossmann nicht so ein Drogeriemarkt?" Morgan zieht belustigt eine Augenbraue hoch und entscheidet sich dann, mich nicht zu fragen, wieso genau das, das ist, was mich stört: "Keine Ahnung! Kann sein." Nun muss ich doch grinsen. Es gibt auf der Welt keine besser Freundin als Morgan, auch wenn ich sie dafür, dass sie einen gemeinsamen Namen für Cameron und mich hat, mindestens einen Tag ignorieren sollte. "Ach komm schon. Als ob du nicht gerne mit Cameron hingegangen wärst, wenn eure gemeinsame Vergangenheit nicht wäre und wenn Kyle dich nicht vorher gefragt hätte", kritisch blickt sie mich an. Sofort beginne ich alles zu leugnen, doch in meinem Gehirn schreit eine nervige Stimme ganz laut "Ja".

"Katy! Morgan! Kommt runter oder wir fahren ohne euch", ruft Ryder in diesem Moment von unter und rettet mich davor weiter mit Morgan über Cameron zu reden. "Ja, wir kommen sofort", brülle ich zurück. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Morgan kurz zusammen zuckt. Das ist komisch, weil sie eigentlich schon daran gewöhnt sein müsste, dass weder Ryder noch ich selbst zum jeweils anderen gehen, um ihm die Antwort mitzuteilen. Stattdessen brüllen wir einfach so laut es geht durchs ganze Haus und hoffen, dass der andere uns irgendwie verstanden hat. Manchmal kommen da echt merkwürdige Sachen bei raus, aber meistens funktioniert dieser Kommunikationsweg tadellos.

"Komm schnell, sonst macht Ryder noch erst", grinse ich und öffne Morgan die Tür, welche daraufhin sofort hindurch schlüpft. Ich selbst schalte noch kurz das Licht aus und folge ihr dann nach unten. Das wird, wie Morgan es nenne würde, „eine unvergessliche Nacht"! Sie neigt aber auch dazu alles zu dramatisieren.

Garvin LakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt