Kapitel 40

482 25 10
                                    

Als ich checke, dass wir tatsächlich vor einem Dojo stehen und uns nicht verfahren haben, fällt mir die Kinnlade herunter.

Nach der Lappalie am frühen Morgen, dachte ich eigentlich, dass der Tag nicht mehr viel merkwürdiger werden kann, doch da habe ich mich scheinbar geirrt. Nach dem Mittagessen hat Cameron mich gebeten in sein Auto zu steigen und ist dann zielstrebig losgefahren und in die nächste größere Stadt in der Nähe gefahren.

Und nun stehen wir hier gemeinsam, während ich fassungslos auf das Schild vor mir starre, welches mit den schwarzen "Dojo"-Buchstaben geschmückt ist. Ich hatte eher mit einem romantischen Ort gerechnet zum Beispiel einem Park oder einem Kino, aber stattdessen bringt mich mein Nachbar in ein Zentrum für Kampfkunst. Was soll ich hier? Ich hasse Sport, wenn es nicht ums Reiten, Schwimmen oder Schulcheerleading geht!

"Sicher, dass wir hier richtig sind?", frage ich ein wenig dümmlich und hoffe einfach, dass er sich nur getäuscht habe, weil ich wirklich keine Ahnung von Kampfsport habe und auch nicht unbedingt Lust habe mir dabei den Hals zu brechen. "Ja, ich bin mir sicher", antwortet er freundlich und legt einen Arm um meine Schultern: "Oder willst du lieber woanders hin." Am liebsten hätte ich gerne mit einem lauten "Ja" geantwortet, doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass er sich bei der Aktion schon etwas gedacht haben muss, denn heute Morgen erwähnte er irgendwelche Pläne, die er zu haben schien.

Also atme ich einmal tief durch und fasse mir mein Herz. Für die Liebe muss ich wohl mal etwas opfern: "Nein, alles gut. Ich hatte heute sowieso Lust auf ... Kampfsport." Sogar ein ehrliches Lächeln kann ich zustande bringen. Schließlich ist es doch egal wo wir Zeit verbringen, solange wir zusammen sind, oder? "Perfekt", er schenkt mir, von Freude gepackt, ein kindliches Lächeln und ich bereue nichts. Es ist das wahrhaftigste, ehrlichste Lächeln, das ich je gesehen habe und am liebsten würde ich es zu jeder Tageszeit auf seinen Lippen sehen. Cameron ist eben einfach nur einzigartig.

Sobald ich mich umgezogen habe, schaue ich mich interessiert im Studio um. Cameron hat versucht mir zu sagen, wo ich hingehen soll, wenn ich fertig bin, doch irgendwie habe ich es mittlerweile wieder vergessen. Deshalb irre ich ein wenig durch das Gebäude, bis ich in einem großen Saal ankomme.

Die Wände sind aus dunkelbraunem Stein gebaut und auch der Boden besteht aus diesem Material. Mehrere hohe, große Fenster lassen viel Licht in das Gebäude hinein und projizieren weißes Licht auf den Boden und in der Mitte sind mehrere blaue Matten nebeneinander ausgebreitet. Auf einer der großen Matten erkenne ich jetzt auch Cameron, der scheinbar auf mich wartet.

Laut räuspere ich mich und gehe langsam auf ihn zu. Kurz zuckt er zusammen und fährt dann schnell herum. Seine Arme und Beine hat er wie automatisch in eine typische Kampfposition gebracht. Der Schreck fällt mir in die Glieder und ich zucke erschrocken zusammen. Damit hätte ich jetzt nie gerechnet. Wieso reagiert er plötzlich so, als hätte er damit gerechnet, dass hinter ihm ein Feind stehen könnte. "Ist alles gut?", frage ich ihn überrascht und laufe langsam auf ihn zu, während ich beschwichtigend die Hände vor meinen Körper halte. "Ja, tut mir leid", erlässt seine Hände sinken und stellt sich dann normal wieder hin:"Ich war gerade nicht ganz bei der Sache." Auf meiner Stirn bilden sich Sorgenfalten. Seine Reaktion ist für mich total unverständlich und ich beginne mich zu fragen, ob er ein wenig paranoid wird, was ich zuvor eigentlich nie vermutet habe. Möglicherweise hängt es aber auch mit den Problemen des Rudels zusammen, die Ryder mal angedeutet hat. Cameron danach zu fragen traue ich mich jedoch auch nicht, weil ich nicht sicher bin, ob Ryder es mir überhaupt erzählen durfte oder nicht, da ich ihm keine Probleme machen will, weshalb ich stattdessen einfach auf ich zukommen und sage: "Na gut, aber du weißt doch, dass du immer zu mir kommen kannst, wenn du Hilfe brauchst, oder?" Er nickt und ein zaghaftes Lächeln ist auf seinen Lippen zu erkennen, als er mich in seine Arme schließt und einen sanften Kuss auf meine Stirn drückt: "Wie könnte ich das vergessen, Kat?" Ich muss bei dem Gedanken daran wie sehr er sich verändert hat, grinsen, weil ich das früher nicht erwartet hätte. Wir beide sind wohl reifer geworden und gehen dementsprechend auch miteinander um: "Also, was wolltest du mir beibringen?" Seine Reaktion auf meine Frage trifft mich total unerwartet. Seine ganzen Muskeln spannen sich bei meiner Frage an und sein kompletter Körper verkrampft sich. An meiner Wange spüre ich seine Kieferknochen, die er angespannt mahlen lässt. Habe ich etwas Falsches gesagt? "Ich will, dass du dich im Notfall selbst verteidigen kannst, Kat", erklärt er und löst sich von mir: "Es geht mir um deine Sicherheit!" Seine Worte beunruhigen mich. "Was ist los, Cameron?", meine Stimme klingt alles andere als sicher und zittert kaum hörbar. Er nimmt mein Gesicht liebevoll in seine Hände: "Nichts, aber ich will einfach nur sicher sein können, dass du auf dich aufpassen kannst." Ist ja nicht so, als wüsste ich, wie das geht, denke ich mir, nicke aber nur, anstatt etwas dazu zu sagen. "Also bist du bereit zu lernen?", fragt er mich weiter und nun muss ich mich doch wieder konzentrieren, um einen sinnvollen Satz herausbringen zu können: "Ja, wenn dir das so wichtig ist." Glücklicherweise gelingt es mir recht passabel meine Verwunderung über sein Verhalten und die leichte Angst, die daraus resultiert, zu verstecken und in meiner Stimme nicht mitwirken zu lassen. Nun entspannt sich sein Körper wieder, doch wenn ich ihn ansehe, spüre ich eine komische Aura, die mir sagt, dass irgendwas mit ihm gar nicht stimmt.

Ich bin nach wie vor auf Klassenfahrt (noch bis Freitag), hoffe aber trotzdem, dass alles mit dem Hochladen geklappt hat (ich habe das am 01.07. vorgeschrieben)

Garvin LakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt