Song: If I Die Young
Der Wind fährt durch die Blätter der Bäume des Waldes und lässt alles um mich herum rascheln. Ich atme entspannt durch und spüre wie sich meine Lungen mit frischer Luft füllen. Der weiße Stoff meines Kleides wirbelt durch die Luft und legt meine Knöchel und Füße in den weißen Ballerinas, die ich angezogen habe, frei. In der Nähe heult eine Eule laut vor sich hin. Ich atme ein letztes Mal tief durch und setze meinen Weg dann fort.
Cameron hat mir gesagt, dass wir uns im städtischen Wald treffen werden, durch den der Fluss fließt, der unserem Ort seinen Namen verleiht, doch wo genau ich ihn finden werde, hat er mir nicht mitgeteilt. Schnell husche ich weiter über den steinigen Weg und schaue mich immer wieder zu allen Seiten um.
Der Wald war mir schon immer nicht wirklich geheuer, weshalb die Aussicht auf diesen kleinen Trip nicht gerade große Freude in mir hervorgerufen hat. Dann habe ich mir allerdings Camerons Worte in den Kopf gerufen und mir selbst klar gemacht wie wichtig es für ihn sein muss, mich hierbei an seiner Seite zu haben.
Also habe ich mich in Schale geworfen und meinen Dad gebeten mich herzufahren. Zwar hat er einige Fragen gestellt, doch die konnte ich glücklicherweise abschütteln, sodass ich mich nun völlig verloren mitten im Wald befinde.
"Cameron?", frage ich prüfend und hoffe auf eine Antwort, doch nichts geschieht. Immer wieder rufe ich vor mich hin, da legen sich plötzlich Hände auf meine Augen und versperren mir die Sicht. Ein Anflug von Angst macht sich in mir bereits, weil das hier auch eine völlig fremde Person sein könnte.
Sanft legen sich Lippen auf meinen Hals und wandern, meinen Hals küssend, zu meinem Ohrläppchen: "Da bist du ja endlich, Kat." Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen: "Cameron? Kannst du deine Hände von meinen Augen nehmen? Ich lege zufällig Wert auf mein Augenlicht."
Auf meine Bitte hin nimmt er seine Hände weg und lässt sie stattdessen zu meinen Hüften gleiten. "Du siehst wunderschön aus, Kat", er muss sich ein wenig Bücken, um seinen Kopf auf meiner Schulter ablegen zu können.
Sofort spüre ich wie meine Wangen warm werden und ich kann mir bereits denken, dass ich gerade rot wie eine Tomate sein muss: "Danke." Mein Blick wandert an ihm auf und ab und ein zufriedenes Grinsen macht sich auf meinen Lippen breit: "Du auch."
Anstelle eines schwarzen Anzuges, der für eine Beerdigung eigentlich typisch ist, trägt er ein weißes Shirt und eine normale Jeans. Zwar hätte ich so ein Outfit nicht zu so einem Anlass erwartet, aber ich war auch noch nie auf einer Werwolfbeerdigung. Vielleicht ist das ja so Tradition.
"Wir sollten uns aber jetzt ein wenig beeilen, sonst kommen wir zu spät", er zieht mich mit einem Arm fester an mich und zieht mich sanft, aber bestimmt mit sich. So von ihm umarmt, laufe ich etwas schneller als anfangs durch den Wald. Dieses Mal fühle ich mich allerdings nicht unwohl, sondern viel eher beschützt.
Nach wenigen weiteren Minuten bleiben wir in der Nähe einer Menschentraube stehen. Die Männer in der Traube tragen das Gleiche wie mein Mate, während die Kleidung der Frauen meiner eigenen sehr stark ähnelt. "Wir sind da", flüstert mir mein Freund zu und lässt mich los, damit er auf einen andere Mann zu sehen kann.
Sofort erkenne ich ihn als seinen Vater. Die beiden flüstern kurz miteinander, bevor mein Nachbar mich zu sich heranwinkt. Mit einem leichten Kribbeln im Magen laufe ich auf ihn zu. Die Blicke der anderen folgen mir bei jedem Schritt und ich meine Aufregung mischt sich mit Unbehagen. Warum sehen mich alle an?
"Liebes Rudel", auf Camerons Lippen macht sich ein breites Lächeln bemerkbar: "Ich möchte euch meine Mate vorstellen. Katy Freeman! Ich hoffe, dass ihr sie gebührend willkommen heißt und euch gut um sie kümmert." Fast jeder beginnt zu klatschen, was mich erneut rot werden lässt. Ich wusste gar nicht, dass der Posten als Cams Mate so wichtig ist.
Als ich allerdings eine der Personen, die nicht klatscht, genauer mustere, erkenne ich Ashley unter ihnen. Ihr blondes Haar hat sich elegant hoch gesteckt, während ihr restlicher Körper in einem bodenlangen Kleid, mit einem tiefen Schlitz an der Seite, steckt. Der Blick meiner Mitschülerin ist grimmig und ähnelt meinem eigenen Todesblick.
Auch mein Mate scheint es bemerkt zu haben und zieht mich sanft an sich, bevor er mir seinen sanften Kuss auf die Stirn drückt: "Mach dir nichts draus. Sie ist nur eifersüchtig." Ich seufze nur still, während der Alpha, der gleichzeitig auch mein Nachbar und Camerons Vater ist, sich an das Rudel zu wenden beginnt.
Es scheint, als würde er eine Rede halte, doch ich höre gar nicht richtig hin. Stattdessen versuche ich mich vor Ashleys Blick zu verbergen und hoffe, dass es keiner bemerkt. "Hiermit möchte ich mich von meinen treuen Gefährten und Freunden Alessandro und Fynn verabschieden. Sie haben dem Rudel einen großen Dienst erwiesen und dafür ihr Leben geopfert. Nun ist es untere Aufgabe sie auf ihrem Weg in den Frieden zu begleiten und sie gebührten zu verabschieden."
Sobald er seinen Mund wieder geschlossen hat, treten zwei Frauen vor. Jede von ihnen hält eine Fackel in der Hand. Zu ihnen treten vier Männer, die sich zu den Damen gesellen. Camerons Vater, der gerade noch auf einem Baumstamm gestanden hat, springt hinunter und zieht ein kleines Feuerzeug aus seiner Tasche. Mit dem Werkzeug in der Hand, wandert er zu einer kleinen, schwarzen Schale hinüber, die genau zwischen den beiden Frauen steht und sich etwa auf Brusthöhe eines Erwachsenen befindet, und zündet die Kohle darin an.
Innerhalb von wenigen Sekunden lodern mehrere orange-rote Flammen aus dem Behältnis hervor. Die beiden Frauen halten ihre Fackeln in das Feuer und bringen sie innerhalb von wenigen Sekunden zu brennen.
Cameron zieht mich mit sich, damit ich besser sehen kann und bleibt mit mir am Ufer stehen. Ich lehne meinen Kopf gegen seine Schultern und sehe zu wie die Frauen samt Schuhe knietief ins Wasser steigen und die Fackeln auf dem kleinen Floß, auf das die beiden Toten gebetet wurden, ablegen. Sofort schlagen die Flammen aus, bäumen sich auf und greifen dann auf ihre Körper über, bis sie sich auf dem kleinen Schiffchen völlig ausgebreitet haben.
Das Zischen des Feuers, wenn es auf Wasser stößt, lässt mich anfangs zusammen zucken, doch als ich mich daran gewöhnt habe, ist es einfach nur wunderschön.
Nun folgen ihnen die Männer. Sie steigen tiefer hinein als ihre Vorgängerinnen und beginnen das Floß an Seilen, die vorher daran befestigt wurden, durch den Fluss zu ziehen. An den Händen tragen sie scheinbar feuerfeste Handschuhe.
"Was machen sie jetzt?", frage ich leise. "Sie ziehen das Floß bis zur Stadtgrenze", er streicht mit dem Daumen sanft über meinen Handrücken: "Wir gehen aber nur noch ein Stück mit, bevor sie alleine weiter gehen." Sanft drückt er mir einen Kuss auf die Wange: "Kann ich dich etwas fragen?"
Interessiert hebe ich den Kopf und sehe ihn interessiert an: "Klar, du kannst jeder Zeit mit mir reden, wenn du etwas auf dem Herzen hast." "Ich möchte am Wochenende mit dir zur Farm meiner Familie fahren", unterbreitet er mir seinen Vorschlag: "Dann hätten wir endlich mal Zeit für uns und müssten keine Angst haben, dass irgendwer uns angreift."
Zwar kommt sein Vorschlag völlig unerwartet und erst fühle ich mich erschlagen, doch dann ist da dieser Gedanke von ihm und mir alleine in der Natur. Der Gedanke an Erholung vom Alltag und an die Geborgenheit, die er mir schenken wird. "Das ist eine wunderbare Idee", lächele ich sanft.
Ja, ich melde mich auch mal wieder zurück. Tut mir leid, dass du lange nichts kam. Ab jetzt werde ich versuchen in diesem Buch wieder aktiver zu sein.
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Garvin Lakes
WerewolfKaty Freeman lebt schon schon ihr ganzes Leben lang in der kleinen Stadt Garvin Lakes. Sie ist eine gute Schülerin und führt eigentlich ein ganz normales Leben, doch nach einer Party zum 18. Geburtstag ihres Klassenkameraden Cameron verändert für si...