Bereits von weitem kann ich die laute Musik der Schule hören. Freudige Erregung brodelt in mir auf und ein leichtes Flattern entsteht in meinem Magen. Nun bin ich, entgegen meiner Erwartungen, doch ziemlich aufgeregt und auch ein wenig Vorfreude ist zu spüren. Wenigen Meter später lenkt meine Mutter das Auto auf den kleinen Parkplatz neben dem riesigen High School Gebäude. Mit der Hilfe meiner Mutter und meines Bruders steigen Morgan und ich aus dem Auto aus, was sich mit einem engen, langen Kleid ziemlich schwer gestaltet, weshalb ich über die Hilfe ziemlich froh bin. Nachdem meine Mutter mich mehrmals in den Arm genommen hat und mir gesagt hat, wie sehr sie sich für mich freut und sich wünscht, dass ich glücklich bin, bittet sie Ryder, Morgan und mich uns aufzustellen, damit sie uns fotografieren kann.
Als das Blitzgewitter endet, erblicke ich Kyle, der unsicher an der Straße vor der Schule wartet. Er sieht ein wenig verloren aus, aber trotzdem sehr gut. Seine schwarzen Haare hat er ordentlich gekämmt, weshalb sie im Licht der Straßenlaternen ein wenig glänzen und der schwarze Anzug steht ihm mehr als gut. Sein Anblick erzeugt in mir ein leichtes Kribbeln und ich fühle mich, als würden eine Milliarde von Feuerarmeisen auf meiner Haut herumlaufen und alles in Brand setzen. "Das waren jetzt aber mal genug Fotos, Mom", erinnert Ryder meine Mom: "Claire vermisst uns sicher schon." "Ja, da hast du recht, Schatz", erwidert meine Mutter leise schniefend. Ihr scheint das alles ziemlich nahezugehen, obwohl es gar nicht ihr Ball ist. Mein Mom drückt meinen Bruder und mich noch kurz und steigt dann zurück ins Auto. Langsam lässt sie den Motor an und lenkt das Auto dann mit einem Blick auf uns zurück vom Parkplatz herunter. Wir alle winken wie wild hinter ihr her.
Schnell greife ich nach den Händen meiner Partner und ziehe sie mit mir über den Parkplatz bis hin zum Eingang der Schule. Auf dem Weg dorthin löst Ryder sich als erster aus unserer Kette und stößt zu Claire, die mit Cameron zusammen auf meinen Bruder gewartet hat. Cameron sehe ich nur aus dem Augenwinkel und schaue mit Absicht nicht genauer hin. Dann würde er sich nur wieder einbilden, dass ich doch lieber mit ihm hingehen oder sogar mit mir reden will, was ich mir lieber echt spare.
Wenige Schritte später trennt sich auch Morgan von mir und geht zu ihrem Date herüber. Es ist ihr Kollege aus der Bar, zu dem sie nun doch stehen will, was ihr aber schon in den ersten Tag nach der Party nicht sonderlich gut gelungen ist. Trotzdem habe ich ihr immer wieder gut zugeredet und ich glaube, dass sie mittlerweile ziemlich glücklich mit ihrer Entscheidung ist.
Dann wende ich mich mit meinen Gedanken jedoch wieder Kyle zu und gehe weiter zu meinem besten Freund. In seinen Augen liegt etwas Niedergeschlagenes und Ängstliches, doch als er mich erblickt, hellt sich meine Miene auf und ein breites Lächeln erscheint auf seinen schmalen Lippen. "Hey, Katy", grüßt er und kommt auf mich zu: "Ich dachte schon, du kommst nicht mehr." Als er vor mir stehen bleibt, werde ich rot: "Tut mir leid, dass ich dich habe warten lassen. Meine Mom hat ein wenig geklammert." Er grinst fröhlich: "Meine Mom konnte ich glücklicherweise schon früh abschütteln." "Ich weiß gar nicht, was alle Eltern haben. Es ist ja schließlich nicht einmal unser Abschlussball." Er seufzt: "Aber der letzte Homecoming Ball unserem Leben, also ist es schon sowas wie ein Abschied von einer gewohnten Veranstaltung, die wir bereits oft erlebt haben." Ich erkenne, dass er recht hat und erst jetzt wird mir klar, dass das hier wirklich mein letzter Homecoming Ball ist. Dann folgt nur noch der Abiball und darauf folgt die Zeugnisvergabe. Angst vor meiner Zukunft habe ich auf jeden Fall. Schließlich habe ich mich noch für kein College und auch keine Fachrichtung entschieden. Es gibt so viele Colleges, auf die ich gerne gehen würde und was genau ich studieren will. "Ja, da hast du wohl recht", erwidere ich nachdenklich und schaue Kyle dann dabei zu wie er in seiner Anzugtasche herumkramt, bis er eine schwarze Schatulle findet und herauszieht. "Ich habe dir etwas mitgebracht", verkündet er stolz und öffnet das Kästchen.
Darin befindet sich ein kleines Blumengesteck, bestehend aus pink-weißen Rosen und kleinen, grünen Farnen, welches man sich um die Hand binden kann. Traditionell bringen viele Jungen ihren Dates solche Gestecke mit und stecken sie ihren Partnerinnen dann an. Ich selbst finde, die Idee wunderschön, aber leider tut das nicht jeder und das hier ist mein erstes Mal, dass ich so etwas bekomme. Aufregung macht sich in mir breit und ich bekomme zum ersten Mal das Gefühl, dass dieser Ball vielleicht doch anders ablaufen wird. Gespannt sehe ich meinem besten Freund zu, als er das Geschenk aus der Verpackung, die er wieder in seiner Tasche verstaut, nimmt und sanft nach meiner Hand greift. Willig reiche ich sie ihm und sehe dabei zu, wie er das Band, mit dem man die Dekoration befestigen kann, an meinem Handgelenk befestigt.
Glücklich lächelnd schaue ich wieder zu Kyle auf: "Wow, danke. Das ist wunderschön." "Echt?", fragt er freudig überrascht. Bestätigend nicke ich: "Klar, ich habe sowas noch nie bekommen." "Wirklich? Das wusste ich gar nicht", erwidert er überrascht: "Du warst aber doch schon auf einem Ball, oder?" "Schon ein paar Mal, aber noch nie habe ich so ein Geschenk bekommen", gebe ich zu und werde rot: "Das ist der erste Ball, auf dem ich mit jemandem bin, den ich gerne mag und der mit mir auch wirklich hingehen wollte. Die anderen wollten nur nicht allein gehen oder jemand anderen eifersüchtig machen."
Um mich von dem Thema abzulenken, reicht er mir seine Hand: "Die anderen Typen waren eben Idioten, wenn sie so zu dir waren. Vielleicht sollten wir jetzt aber rein gehen, sonst ist der Ball vorbei bevor wir mindestens einmal getanzt haben." Die Hand ergreifend, nicke ich und steige mit Kyle, Hand in Hand, die Treppen hinauf: "Das halte ich für eine sehr gute Idee. Ich sollte einfach nicht mehr an die vergangenen Bälle, sondern an den Gegenwärtigen denken." Kyles Augen strahlen regelrecht, als er mich im Licht der Kerzen, die auf der Treppe aufgestellt wurden, anblickt. Der Anblick bringt mich zwar zu einem sanften Lächeln, doch meiner Gefühle bin ich mir in diesem Moment nicht sicher. Kein leichtes Kribbeln ist zu spüren und auch mein Herz schlägt nur ein wenig schneller. Meine Gedanken spucken total durcheinander in meinem Kopf umher und ich frage mich, was dieses Treffen, welches Kyle scheinbar als Date sieht, zu bedeuten hat, als wir durch die hohen Türen treten.
Unsicher drehe ich mich ein letztes Mal um. Mein Blick, der mich scheinbar ziemlich verloren erscheinen lässt, fällt auf Cameron, der ebenfalls einen Anzug trägt und mich sanft anblickt. Das flackernde Licht der Laternen und das weiße Mondlicht spiegeln sich in Camerons braunen Augen wider.
Als er meinen Blick bemerkt, wird sein eigener plötzlich weich und überrascht. Für einen kurzen Moment blickt er zu Kyle und in seine Augen tritt für wenige Sekunden ein dunkler Ausdruck, den ich nicht deuten kann, doch trotzdem jagt es mir einen Schauer über den Rücken.
Schnell drehe ich mich wieder zu Kyle und gemeinsam schreiten wir durch die Schule, doch die Gänsehaut, die sich auf meiner Haut ausgebreitet hat, will mich nicht loslassen und Camerons Blick hat sie wie ein Brandzeichen in mein Gehirn eingebrannt.
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Garvin Lakes
WerewolfKaty Freeman lebt schon schon ihr ganzes Leben lang in der kleinen Stadt Garvin Lakes. Sie ist eine gute Schülerin und führt eigentlich ein ganz normales Leben, doch nach einer Party zum 18. Geburtstag ihres Klassenkameraden Cameron verändert für si...