Kapitel 8

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Am nächsten Morgen laufe ich mit meinen Schulsachen im Arm über den Schulflur, bis ich an meinem Spind stehen bleibe, um mich auf das nächste Fach vorzubereiten. Eigentlich hatte ich erwartet, dass heute alle normal oder wenigstens gut drauf sind, schließlich wurde der Captain des Football Teams gestern achtzehn, aber weit gefehlt, denn genau das Gegenteil ist der Fall. Jeder, dem ich heute Morgen über den Weg gelaufen bin, war mies gelaunt und war noch unfreundlicher als sonst. Vielleicht hätte ich ja doch auf der Party bleiben sollen. Dann wüsste ich jetzt, welche Laus den Schüler hier über die Leber gelaufen ist. Ich selbst scheine die Einzige zu sein, die einigermaßen gut gelaunt ist. Schließlich ist das der Ort, an dem mein Gehirn neuen Stoff bekommt. Wieso sollte ich also schlecht gelaunt sein?

Als ich endlich meinen Spind neu sortiert habe - ich hasse es, wenn er unordentlich ist - nehme ich meine Thermoskanne, die mit grünem Tee befüllt ist - womit auch sonst -, heraus und laufe weiter zu in die Mensa, wo Morgan und Kyle wahrscheinlich schon auf mich warten. Beschwingt laufe ich über die Flure und schaue mich dann um. Zu meiner Überraschung sind meine beiden Freunde leider noch nicht zu sehen. Sind sie etwa noch im Unterricht? Vielleicht muss Morgan wieder nachsitzen. Möglichst ist es auf jeden Fall, wenn ich bedenke, dass es schon öfter mal vorkam. Ein wenig verwundert stelle ich mich an und suche mit dem Blick weiterhin die Menschenmenge ab, da sehe ich meinen Bruder, wie in so gut wie jeder Pause, erneut herannahen.

"Katy", bei mir angekommen, legt er seine Hände auf meine Schulter und flüstert: "Hast du Geld dabei?" Instinktiv verdrehe ich die Augen und fast will ich "Nein" sagen, aber dann kommt mir eine Idee: "Ja und du kannst auch welches haben, wenn du mir erzählst, was hier los ist." "Wie meinst du das? Hier ist nichts los", meint er scheinheilig, weicht meinem Blick aber aus, was für mich das Zeichen ist, dass er etwas weiß, was ich nicht weiß. "Ach komm schon, Ryder. Dann bekommst du auch mein Geld", bettle ich und halte ihm mein Portmonee hin, um ihn ein wenig zu beeinflussen. Er schnappt danach, doch ich ziehe es schnell weg: "Erst will ich antworten." Er seufzt nachdenklich: "Na gut, ich gebe dir antworten." Ein zufriedenes Grinsen schleicht sich auf meine Lippen. Das läuft ja besser als gedacht: "Also, was haben alle?" Er beginnt mir alles, was ich wissen will, ins Ohr zu flüstern: "Gestern auf der Party haben sich Cameron und Ashley getrennt." "Echt?", frage ich ungläubig: "Wer hat sich von wem getrennt?" "Ich habe schon zu viel gesagt", erwidert er, nimmt sich fünf Dollar aus dem Portmonee und haut dann ab.

Weil ich gerne nach wie vor mehr Infos gehabt hätte, trete ich der Lunchlady missmutig gegenüber und kaufe ein Stück Pizza, welches sie mir einfach auf den Teller klatscht. Ich reiche ihr das Geld und sie gibt mir das Wechselgeld. Dann lasse ich mich auf irgendeinen Platz in der Mensa fallen. Hier habe ich keinen besonderen Platz, an dem ich immer sitze. Der leckere Geruch der Salamipizza steigt mir in die Nase und das Wasser läuft mir im Mund zusammen. Leider esse ich nicht oft Pizza, weshalb es mich immer total glücklich macht, wenn es wieder mal welche in der Schule gibt. Pizza ist für mich sowas wie Schokolade für andere Leute. Sie macht mich einfach glücklich. Genüsslich beiße ich in den fettigen Teig hinein und genieße den Geschmack.

Als ich mich jedoch weniger auf mein Essen und wieder mehr auf meine Umgebung konzentriere, fällt mir Cameron auf, der im Eingang des riesigen Raumes steht und unglücklich drein blickt, doch als sein Blick auf meinen trifft, verändert sich sein Gesichtsausdruck plötzlich. Ich hätte erwartet, dass er mich angewidert anblickt und dann weiter geht, aber stattdessen heben sich seine Mundwinkel und seine Augen scheinen regelrecht zu leuchten. Wie gebannt starrt er mich an, fast so als wäre ich ein leckerer Cookie, den er am liebsten vernaschen würde. Verwirrt blicke ich ihn an. Sehe ich beim Pizzaessen so komisch aus, dass man nicht wegsehen kann oder habe ich irgendwas an mir? Langsam blicke ich an mir herunter und schaue nach, ob ich komisch aussehe. Als ich jedoch nichts Merkwürdiges sehe, drehe ich mich um, da er möglicherweise auch an mir vorbeischaut und stattdessen Ashley so gruselig anstarrt, wie er es gerade tut. Irgendwann reicht es mir dann aber komplett und ich winke mit der rechten Hand vor meinem Gesicht herum, weil es so scheint, als würde er sich in einer Trance befinden, aus der man ihn erst wecken muss. Sofort schaut er weg und geht schnell an mir vorbei und stellt sich in die Schlange. Sein glückliches Lächeln bleibt aber auf seinen Lippen. Das war gerade echt merkwürdig!

So schnell es geht, esse ich weiter, um fertig zu sein, wenn Cameron sein Essen bekommen hat, damit es nicht nochmal so eine merkwürdige Begegnung gibt. Bevor ich jedoch halb fertig bin, lässt sich jemand neben mich auf den Stuhl fallen. Schon ahnend, wer es ist, drehe ich mich langsam zu der Person neben mir. Es ist - wie ich es erwartet hatte - mein Nachbar Cameron. Genervt verdrehe ich die Augen: "Was willst du, Cameron?" "Essen", erwidert er lächelnd: "Mit dir." Verwirrt nehme ich einen Schluck aus meiner Thermoskanne. Das ist das Einzige, was mir in dieser Situation helfen kann: "Wieso?" "Weil ich Hunger habe und mit dir reden möchte", erwidert er und beginnt entspannt seine Spaghetti mit Tomatensoße zu verspeisen: "Also, wie geht's dir?" Verwirrt blicke ich ihn an und verspüre das Gefühl mich zu kneifen. Schließlich könnte das hier auch ein Traum sein, aus dem ich jeden Moment aufwachen werde. Als ich das jedoch getan habe und nichts geschieht, antworte ich ihm kurz:"Gut!" Dann nehme ich jedoch meine Chance: "Ich habe gehört, dass Ashley sich von dir getrennt hat, stimmt das?" Zwar hat Ryder nicht gesagt, wer von beiden sich vom jeweils anderen getrennt hat, aber wenn es hilft, kann ich die Wahrheit auch ein wenig verdrehen. Sofort wirkt er total entrüstet: "Was? Nein, garantiert nicht. Ich habe mich von ihr getrennt." "Das würde ich jetzt auch sagen", stichele ich weiter. "Nein, wirklich", sagt er und versucht dabei überzeugend zu klingen: "Es hat einfach nicht mehr gepasst." "Jaja", grinse ich, verspüre aber innerlich eine tiefe Befriedigung, weil ich ihn heute endlich mal in Verlegenheit bringt und er nicht mich. Schnell versucht er sich aber raus zu reden: "Du warst nicht auf der Party, oder?" "Doch, war ich schon", erkläre ich. "Ich habe dich aber gar nicht gesehen", er wirkt misstrauisch. Ich beiße mir unsicher auf die Lippe: "Ich weiß. Ich ...bin nach einer Stunde wieder verschwunden." "Wieso?", er klingt total enttäuscht. "Ich bin einfach kein Partymensch", gebe ich zu und fühle mich fast so, als wären wir befreundet, doch dann erinnere ich mich wieder an das, was passiert ist: "Ich muss dann jetzt auch gehen." "Warte", er hält mich sanft am Handgelenk fest. Fest, aber nicht so fest, dass er mir weh tut: "Hast du Lust mit mir essen zu gehen?" Sofort erstarre ich und weiche seinem sanften, freundlichen Blick aus.

Hat er etwa vergessen, was er getan hat? Das kann ich ihm doch nicht einfach so verzeihen. Was man einmal erlebt hat, kann man nicht einfach so wieder vergessen. Ich will nicht mit ihm ausgehen, aber das kann ich ihm doch auch nicht einfach so sagen. Das hier ist gerade eine total miese Situation. Ich bin kein Mensch, der jemandem gerne einen Korb gibt.

Plötzlich vernehme ich jedoch die Stimme von Kyle und Morgan und hebe den Kopf. Erleichtert sehe ich zu wie sie bei mir ankommen und mich fragend ansehen. "Hey, wir haben dich schon gesucht", erwidert Morgan. Dann nehme ich wahr, wie Kyle seinen Arm um meine Schultern legt. Camerons Augen verengen sich und er lässt mich los. Hilfe suchend schaue ich Morgan an. Diese scheint genau zu verstehen, dass ich ihre Hilfe brauche: "Katy? Ich brauche unbedingt deine Hilfe. Komm schnell!" Dankbar atme ich auf und folge meiner Freundin ins Schulgebäude, nachdem ich meinem Nachbarn ein leises "Entschuldigung, aber ich muss jetzt los!" zurufe. Da hat, mich meine Freundin noch gerade so davor gerettet dem beliebtesten Jungen der Schule einen Korb geben zu müssen.

Garvin LakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt