Kapitel 23

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Cameron lässt sich vor mir auf die Knie fallen und legt seine Hände auf meine eigenen Knie. Mit seinen tiefgründigen braunen Augen, mustert er mich: "Okay, wo fange ich an?" "Am besten am Anfang", schlage ich sarkastisch vor. Ein wenig beleidigt verdreht er grinsend die Augen: "Das habe ich mir wohl gedacht." "Okay, dann fang damit an, dass du gerade noch ein Wolf und jetzt plötzlich ein Mensch bist", schlage ich erneut vor und meine es dieses Mal ganz ehrlich. "Was denkst du denn, was ich bin?", fragt er interessiert und lässt sich dann schwerfällig auf den Boden fallen. "Keine Ahnung! Ein Werwolf?", spaße ich grinsend, doch als er nicht zu lachen beginnt, sondern ernst drein blickt, schaue ich fragend: "Ist was?" "Na ja, du scheinst sehr gut im Raten zu sein", setzt er an. "Du bist ein Werwolf?", frage ich ein wenig geschockt. Still nickt er. Eigentlich hätte ich mir das schon denken können, aber wahrscheinlich wollte ich das einfach nicht wahr haben. "Genau", erwidert er und sieht mich fragend an: "Das muss für dich jetzt ein wenig viel auf einmal sein, aber bitte hör mir erst zu Ende zu."

Er hat Recht. Das ist gerade schon ein bisschen viel, aber ich habe mir vorgenommen bis zum Ende zuzuhören und mit dem, was ich mir vorgenommen habe, werde ich jetzt nicht brechen. "In Ordnung. Weiter", bitte ich. So schnell es geht, will ich alles erfahren. Fast wie ein Pflaster, welches viel weniger weh tut, wenn man es schnell abzieht, als wenn man lange wartet: "Ich will alles wissen!"

Für einen kurzen Moment scheint er ein wenig überrascht zu sein, da er wahrscheinlich nicht damit gerechnet hat, aber dann lächelt er mich dankbar an: "Claire, meine Zwillingsschwester, ist auch ein Werwolf."

Ich schlucke. Sie ist also auch halb Mensch und halb Wolf. In den ersten Sekunden will die Information erst gar nicht in meinen Kopf hinein. Schon mein ganzes Leben lang, sind meine Nachbarn Werwölfe und ich habe es nie mitbekommen. Wie konnte ich das nicht merken? Schließlich waren Cameron und ich ja früher ziemlich gut befreundet. "Weiß Ryder, dass seine Freundin ein halber Wolf ist?", frage ich, obwohl ich mir die Antwort schon denken kann. "Ja, Claire hat es ihm sofort gesagt, als sie zusammen gekommen sind. Seitdem hilft er uns schon lange bei Sachen, die das Rudel betreffen und ist mittlerweile sowas wie ein Freund des Rudels geworden", erklärt er langsam, damit ich auch alles höre, was er sagt. Damit hatte ich schon gerechnet, denn es erklärt auch, weshalb Ryder mich aus der Schule gebracht hat und rechtfertigt wenigstens ein Stück weit, dass er eine Armbrust in seinem Spind hat, obwohl ich mir nicht sicher bin, wie ich das finden soll. "Wieso hast du mich nie eingeweiht?", frage ich ein wenig atemlos. Er hätte so viele Jahre Zeit gehabt, um mir all das zu erzählen. Dann hätte auch ich ihnen helfen können und vielleicht wären wir nie in die Situation geraten, in der wir jetzt sind: "Weiß Ashley es auch?" Fast entfährt ihm ein lautes Lachen: "Ja, aber es war nicht nötig es ihr zu erzählen." "Wie meinst du das?", ich verstehe nur Bahnhof. "Auch Ashley ist ein Werwolf, aber darum geht es nicht. Sie ist Geschichte", seine Worte erschrecken mich. Wie kann er so schnell sowas sagen? Schließlich ist es noch nicht lange her, dass sie noch ein glückliches, wenn auch fieses, Paar waren. "Wieso? Was ist geschehen, dass ihr nicht mehr zusammen seid?", stelle ich die Frage, die mir auf der Zunge brennt.

Er lässt seinen Kopf seufzend in den Nacken fallen: "Weißt du, Katy, für jeden Werwolf gibt es nur einen Menschen, der ihn glücklich machen kann. Wir nennen sowas Mate! Ein Werwolf kann seine Mate finden, sobald er achtzehn ist." Als er aufhört zu sprechen, fällt bei mir der Groschen. Deshalb hat er diese Party veranstaltet. Er hat einfach alle Leute auf der Schule eingeladen in der Hoffnung, dass seine Mate unter den Gästen ist. Mit Ashley hat er dann Schluss gemacht, weil er gemerkt hat, dass sie nicht seine Mate ist. "Das heißt, Ashley war es nicht, sonst wärst du jetzt noch mit ihr zusammen", theoretisiere ich: "Aber wer ist dann deine Mate?"

Grinsend verdreht er seine Augen: "Denk nach, Kat. Es ist doch mehr als offensichtlich!" Unsicher schaue ich ihn an: "Nein, ist es nicht. Raus mit der Sprache!" "Oh man, Katy! Du bist meine Mate", lacht er ohne seinen Blick von mir abzuwenden: "Wir sind für einander bestimmt und ich liebe dich!" Ich kann mich nicht zurückhalten und breche sofort in schallendes Gelächter aus: "Das glaube ich dir nicht." Geschockt starrt er mich an: "Was? Wieso nicht." "Du hast mich so lange so mies behandelt und jetzt meinst du, dass du mich liebst? Niemand kann sich so schnell verlieben."

Zwar ergibt es Sinn, wenn man bedenkt, wie komisch er sich immer benommen hat, aber trotzdem glaube ich nicht, dass er sich plötzlich in mich verliebt haben kann.

"Doch, Kat", bestätigt er: "Deshalb sind heute auch diese Sachen auf dem Ball passiert." Geschockt starre ich ihn an: "Was? Wie kann ich daran schuld sein?" "Also, du bist nicht direkt schuld", versucht er mich zu beruhigen: "Sagen wir einfach, dass diese Leute hinter dir her sind, weil du eben meine Mate bist, aber den Rest werde ich die erklären, wenn du wieder in Sicherheit bist. Erst mal müssen wir hier weg, sonst war alles um sonst."

Trotzig verschränke ich meine Arme vor der Brust: "Nein, ich will erst alles wissen. Und zwar sofort, Cameron!"Ohne etwas zu erwidern, verdreht er einfach nur die Augen und geht auf mich zu. Bevor ich mich wehren kann, schließen sich seine starken Arme um mich. Sanft drückt er mich an seine Brust und hebt mich dann langsam hoch. Sofort protestiere ich: "Hey, lass mich runter. Wir sind hier noch nicht fertig!" "Wir können ja später auch noch weiter reden, aber jetzt bringe ich dich erst in Sicherheit", erklärt er, während ich so fest ich kann mit den Beinen wackle, um mich von ihm zu befreien: "Ich will nicht, dass du verletzt wirst." Seine Worte sorgen dafür, dass ich mich ein wenig beruhige und aufhöre mich gegen ihn zu wehren. Er scheint sich wirklich um mich zu sorgen, was mich echt wundert. Zwar ist es mir unangenehm, dass er mich im Brautstile herumträgt, aber meine Vernunft trägt zu und überschattet die Fragen, die sich in meinem Kopf gesammelt habe.

Unsicher lehne ich meinen Kopf an seine Brust und lege meinen Arm um ihn: "Wieso bin ich dir auf einmal so wichtig?" Sanft lächelt er mich an: "Du bist meine Mate. Ich liebe dich!" Seine Worte bringen mein Herz dazu schneller zu schlagen. "Wie kannst du mich so plötzlich lieben?", frage ich verwirrt, weil diese Info einfach nicht in meinen Kopf hinein will, dass er, wie er denkt, plötzlich so viel für mich empfindet. "Schon als wir klein waren, hatte ich für dich mehr Gefühle, als für eine normale Freundin, aber dann bin ich mit Ashley zusammen gekommen, weil alle davon ausgegangen sind, dass sie meine Mate ist." "Oh, also hast du sie nicht geliebt?", frage ich vorsichtig. "Am Anfang nicht, aber irgendwann dann schon und sie hat mich beeinflusst, weil sie wusste, dass ich dich noch mag", gibt er zu. "Es fällt mir schwer das zu glauben. Keiner fängt an jemand anderen so zu mobben, wie du es getan hast, nur weil er beeinflusst wurde", zweifle ich. Er nickt: "Ja, da hast du Recht. Irgendwann habe ich tatsächlich geglaubt, dass du all das bist, was Ashley und ich über dich gesagt haben." "Wieso glaubst du das jetzt nicht mehr?", ich klinge skeptischer als gewollt. "Du bist meine ganz persönliche Droge, Kat. Nur mit dir kann ich glücklich sein", sagt er verträumt: "Und ich liebe dich!"

Garvin LakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt