Kapitel 4

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Yuna

Mit großen Augen sah ich die Jungs an. Sie standen in ihrer Endposition aus 'Black on Black' vor mir. Ihre Blicke auf mich gerichtet. Oder sollte ich lieber sagen, alle standen auf einem Haufen und starrten mir tief in meine Seele? Nein, das klingt merkwürdig. Ich fühlte mich ganz klar überfordert und vielleicht ein bisschen attacked? Nur ein bisschen. Ich löste mich aus meiner Starre und fing an wild in die Hände zu klatschen. Für Außenstehende müsste ich jetzt, wie ein Seehund mit Behinderung aussehen. „Also gefällt es dir?", fragte mich Chris. Mein Blick schwenkte zu ihm herüber. Ich nickte überzeugend. „Das freut uns!", strahlte Haechan, welcher sich als erstes aus seiner Pose befreite. Die anderen folgten ihm. Taeyong, Ten, Doyoung, Johnny und Mark fielen erschöpft zu Boden und ich lachte auf. „Alles gut bei euch?", fragte ich lachend. Johnny hob seine Hand und zeigte mir einen Daumen nach oben:„Wir brauchen nur einen Moment." Ich konnte seine Atemnot förmlich spüren. „Da sollte wohl jemand nicht mehr so oft auf der Couch liegen", ärgerte Haechan unseren lieben Johnny. Dieser sprang sofort vom Boden auf. „Was willst du eigentlich? Ich bin doch Topfit", Johnny lächelte triumphierend. Daraufhin lachte ich nur und schüttelte meinen Kopf. Ich senkte meinen Blick zurück auf meine Mathe Aufgaben, welche immer noch in meinem Schoß lagen. „Yuuuunaaa, was sagst du zu mir? Habe ich gut gemacht oder?", Lucas kam auf mich zu und kniete sich direkt vor mich hin. Mit seinen braunen Augen scannte er mein Gesicht nach sämtlichen Emotionen ab. Ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht. „Naja, also zwischendurch hat es ja etwas gehakt aber der Rest war eigentlich ganz gut", meinte ich. Das Lächeln aus dem Gesicht von Lucas wandelte sich in einen empörten Gesichtsausdruck um. „Wirklich? Diesmal habe ich mir extra viel Mühe gegeben, nur für dich“, schmollte mein kleiner Chinese vor sich hin. Ich piekste ihm mit dem Ende eines Bleistiftes in die Wange:„Das war doch nur ein Scherz und jetzt hör auf zu schmollen.“ Sein Gesichtsausdruck veränderte sich erneut und er lächelte mich wieder an. „Schluss mit der Turtelei. Wir nehmen jetzt das Video für die Dance Practice auf. Alle auf Position und gebt euer bestes!“, unterbrach Chris uns. Lucas atmete schwer aus und stand dann auf. Auch die anderen Jungs, welche immer noch auf dem Boden lagen, standen nun wieder auf. In den Raum traten nun ein Kameramann und weitere Leute, welche sich um das MakeUp und die Outfits der Jungs kümmerten. Solch ein Leben würde ich auch gerne führen. Ich müsste mich nie wieder selbst schminken, geschweige denn anziehen. Dafür gibt es ja die Angestellten. Das müsste echt entspannend sein. Jeder einzelne Member der Gruppe wurde noch einmal hergerichtet, bis sich dann alle auf ihre Positionen begaben. Chris zählte von drei herunter, zeigte dann auf den Kameramann. Dieser startete die Kamera. Nach einigen Minuten dröhnte wieder Black on Black durch den Raum. Wieder konzentrierte ich mich voll auf die Jungs. Meine Hausaufgaben machten sich zwar nicht von selbst, aber die Arbeit der Jungs musste doch gewürdigt werden. Oder wie ich sage, sie müssen appreciated werden. Außerdem war Mathe ohne Taschenrechner unmöglich. Jedoch hatte ich noch einen ganzen Aufsatz auf koreanisch zu verfassen und in meinem Englischkurs hätte ich noch einen Text interpretieren müssen. Das aber zu nächster Woche. Mir blieb noch Zeit, obwohl heute schon Freitag ist.

In meinem Augenwinkel, erkannte ich, wie mein Handybildschirm aufleuchtete. Der Name meiner Freundin Sumi leuchtete auf. Ich hatte sie als 'Mein Cutie' eingespeichert und sie mich genauso. Warum das so ist? Wir sind schließlich süße Sahneschnitten und müssen dies natürlich festhalten. Mit einer schnellen Bewegung griff ich nach meinem Handy. Ich drückte auf den grünen Hörer und nahm das Gespräch an. Bevor ich jedoch ein Wort sagte, lief ich mit großen Schritten aus dem Raum hinaus. Ich stand nun im Flur. Hier befanden sich selten Menschen und wenn, dann nur weil sie den Raum wechseln wollen. „Naaa, lange nicht mehr gehört“, strahlte ich in mein Handy. „Hey Yuna“, ertönte Sumi's Stimme. Sie hörte sich nicht so an wie sonst. Irgendwas war anders. „Ist alles okay?“, hakte ich sicherheitshalber nach. „Mehr oder weniger“, schniefte sie ins Telefon. Sofort klingelten alle meine Alarmglocken. Ist vielleicht wieder wegen ihren Eltern? Sumi hat, genauso wie ich, auch öfters Probleme mit ihren Eltern. Sumi soll das Vorzeigekind sein, welches ständig gute Manieren hat und die Klassenbeste ist. Die Ansprüche ihrer Eltern sind extrem hoch. Aus diesem Grund wird Sumi von den beiden und von sich selbst unter einen ziemlich hohen Druck gesetzt. Wenn es ihr zu viel wird, dann platzen bei ihr alle Ventile und es kommt zu einem Streit. An einen Streit kann ich mich noch besonders gut erinnern. Ihre ältere Schwester war zu Besuch. Diese ist wirklich das Vorzeigekind hoch dreitausend. Sie lebte zusammen mit ihrem Verlobten in einer großen Wohnung am Stadtrand von Seoul. Beide haben einen gut bezahlten Job. Ihr Freundeskreis besteht aus den reichsten möchtegern Snobs. Ich war einmal auf einer Party von Sumi's Schwester und es war der Horror. Überall liefen die Männer mit ihren aufgeplusterten Kravatten durch die Gegend und die Frauen in den schicksten Kleidern. Ihre Persönlichkeiten bedienten jedes Klischee. Gott sei Dank lässt sich Sumi nicht von ihr einlullen. Bei dem Besuch ihrer Schwester ging es nämlich genau darum. Sumi soll genauso werden wie ihre große Schwester. Hübsch, erfolgreich und eingebildet, Ihgitt. Meine beste Freundin wusste sich zu verteidigen und wieder entstand ein Streit. Ihr wurde alles zu viel und somit zog sie für einige Wochen zu Jungwoo und mir. Wir drei hatten den Spaß unseres Lebens. Ab und zu kamen dann auch mal einige Jungs aus NCT vorbei. Es war mehr als wundervoll.

„Yuna? Bist du noch dran?“, die zitternde Stimme meiner Freundin brachte mich zurück in die Gegenwart. „J-Ja, ich bin noch da“, antwortete ich ihr und hängte noch eine Frage dran:„Geht es wieder um deine Eltern? Hattet ihr wieder Streit?“ Ich vernahm ihren schnellen Atem. Anscheinend hatte sie etwas ziemlich außer Atem gebracht. Im Hintergrund des Gespräches hörte ich einige Geräusche. Es klang nach dem, für Seoul typischen, fließenden Verkehr. Ich konnte auch einige Unterhaltung vernehmen, da Sumi in diesem Moment Inne hielt. Sie sagte kein Wort.
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1037 Wörter

Thinking 'bout you.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt