Kapitel 49

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Ein paar Wochen später
Camilas Sicht

"Sie soll aber außergewöhnlich werden!"

"Wird es auch", versicherte ich Violetta, welche schon kurz vor der Verzweiflung stand.

"Es ist unmöglich kurz vor der Hochzeit eine neue Location zu bekommen! Einfach unmöglich!"

"Vilu, nichts ist unmöglich. Naty hat doch schon einige andere Orte für dich herausgesucht. Wo ist das Problem?"

Vilu schüttelte nur zaghaft den Kopf und vergrub ihn anschließend wieder in ihren Händen: "Dieser Ort, dieser Baum und die Bank, das ist nicht einfach irgendein Park in Buenos Aires - nein - genau dort haben León und ich uns das erste Mal geküsst. Ich wollte hier, an diesem wunderbaren Ort, meine Hochzeit feiern. So viele schöne Momente sind damit verbunden, Erinnerungen - einfach alles! Selbst den Antrag hat er mir dort gemacht!"

Ich verstand die Sorgen meiner Freundin, sie hatte sich wochenlang gefreut, an ihrem liebsten Ort auf Erden, den wichtigsten Tag in ihrem Leben zu feiern und nun sollten ihre ganzen Hochzeitsvorbereitungen auf den Kopf gestellt werden. Ein heftiger Sturm hatte in den vergangen Tagen den Park, in dem León und Violetta sich das ,,Ja-Wort" geben wollten, ziemlich verwüstet, was es so gut wie unmöglich machte, dort die große Leonetta-Hochzeit zu feiern.

Natalia hatte die schönsten Locations, die noch nicht belegt waren, herausgesucht und Violetta vorgeschlagen.
Doch nichts konnte das ersetzen, was sich ihr Herz schon längst ausgesucht hatte.

"Wie wäre es, wenn du dort heiratest, wo es auch dein Vater getan hat? Ist doch sicherlich auch ein besonderer Ort für dich", erwähnte Brako, der Türsteher der On Beat-Bar, ganz beiläufig.

Ungläubig starrten wir ihn an. Der sonst so stille Osteuropäer hatte gerade die rettende Idee, die Violettas Hochzeit unvergesslich machen sollte.

Als Zeichen ihrer Dankbarkeit fiel Violetta dem jungen Mann um den Hals und sprach unendliche Lobpreisungen aus.

Doch meine Aufmerksamkeit wurde der nervigen Klingel über der Eingangstür zu teil, die symbolisierte, dass ein Kunde die Bar betreten hatte.
Es war noch ziemlich früh am späten Nachmittag, eine Uhrzeit, die sehr ungewöhnlich war für Barbesucher.

Als ich den anthrazit-farbenen Anzug mit den schmalen, fast nicht sichtbaren, weißen Streifen, die schwarzen Lackschuhe und die silberne Rolex sah, war mir klar, dass das kein normaler Kunde war.
Doch nicht nur seine schicke Aufmachung verriet den Jungen Herren. Die kalten, dunkelbraunen Augen, die ein wenig zu Schlitzen verengt waren und auf diese Weise etwas vernichtendes an sich hatten, sprachen Bände. Das einzige, was nicht in das die Aufmachung des furchterregenden Schurken passte, war die ungebändigte Lockenmähne, die seinen Kopf wie ein Helm umklammerte.

Er blieb nach ein paar Schritten stehen, drehte seinen Kopf leicht zur Seite, um etwas zu dem großen Kerl, der plötzlich auftauchte, zu sagen.

Er hatte ebenfalls dunkle Haare und trug einen Anzug, der aber nur halb so teuer, wie der von seinem Freund aussah.

Da Brako immer noch damit beschäftigt war, Violettas Hochzeitsplanung auszuarbeiten, übernahm ich die Aufgabe die zwei Gäste zu begrüßen.

Ich ging also auf die zwei Gestalten zu, doch bevor ich etwas sagen konnte, wies mich der Riese zurück und fragte: "Mein Chef würde gerne mit dem Verantwortlichen für dieses Geschäft sprechen, wo können wir ihn finden?"

Ich war etwas überrumpelt von dem plötzlichen Verlangen nach dem Geschäftsführer, weswegen ich in den ersten Sekunden erstmal wie eine verdatterte Ente ausgesehen haben muss.

"Keine Sorge, Camila. Ich übernehme das schon", rettete mich Diego, der gerade aus seinem Büro mit Federico kam, "Folgen Sie mir, meine Herren."

Der Spanier machte eine Geste in Richtung seines Büros, die zwei Männer folgten ihnen.

Als sich die Türe des Büros schloss, tappte ich auf leisen Sohlen in dessen Richtung und legte mein Ohr dicht auf das Holz der Tür.

"Wie können wir Ihnen behilflich sein, meine Herren?"

Es folgte kurz eine eiserne Stille, die danach durch eine Stimme, die ich zuvor noch nie gehört hatte, unterbrochen: "Mein Sekretär und ich sind heute hierher gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass ich mit ihrem Unternehmen nicht einverstanden bin."

In Windeseile hielt ich mir die Hand vor den Mund, um das aufkommende Gekicher zu stoppen. Die Aussage, welche ich eindeutig dem Lockenkopf zuordnete, war zum Schreien komisch.

"Entschuldigen Sie, wie bitte?", fragte Federico, seiner Stimmlage zu urteilen, ebenfalls teils sein Lachen unterdrückend, teils seriös.

"Falls Sie es noch nicht wussten, mein Name ist Marco Tavelli und bin nicht bereit dieses Geschäftsviertel mit Ihnen zu teilen."

Ein verächtliches Auflachen von Diego war zu hören: "Das ist doch jetzt ein Witz, oder?"

"Ganz und gar nicht, meine Herren", die Stimme des Herrn Tavelli klang durchwegs kalt und unnahbar mit einem Hauch von Niederträchtigkeit, besonders als er erwähnte, "Meine Bar befindet sich nicht weit von hier, an einer sonst sehr belebten Straße, doch in letzter Zeit scheint sie nicht mehr so aufgeweckt wie früher."

"Und das soll jetzt unsere Schuld sein?", fragte Federico, der schon jeglichen Respekt vor seinem gegenüber verloren hatte.

"Wessen sonst?"

Auch wenn ich selbst nicht mit im Raum stand, sondern nur an der Tür lauschte, konnte ich sagen wie angespannt die Situation im Büro war und es war mit Sicherheit zu sagen, dass alles noch eskalieren würde.

Der andere Barbesitzer fuhr mit seiner Rede fort: "Mir gefällt es ganz und gar nicht, wie ihr zwei mir meine Kunden wegnehmt und auch noch versucht damit durchzukommen. Aus diesem Grund finde ich es mehr als angemessen, dass ihr euer Geschäft schließen solltet."

Stille
Nichts anderes. Nur atemlose, undurchdringliche Stille.

Nichts auf dieser Welt hätte diese bedrohliche Ruhe brechen können, nichts außer das scharfe, knurrende 'Nein', welches Diego förmlich auszuspucken schien.

"Was machst du da?"

Mein Herz stoppte für eine Sekunde, mein Körper fror zu Eis.

"Es ist nicht nett, andere Leute zu belauschen", erklärte mir León, der umgehend sein Ohr an die Tür presste, um auf den neuesten Stand zu kommen.

Immer noch leicht traumatisiert von Leóns überraschenden Auftauchen, tat ich es ihm gleich, nur um zu hören, wie Herr Tavelli schrie: "Das wird noch ein gewaltiges Nachspiel haben! Überlegt euch lieber dreimal mit wem ihr euch hier anlegt!"

Mit diesen Worten hörte man wie Stühle energisch über den Holzboden geschoben wurden. Synchron hechteten der braunhaarige Schönling und ich zurück in den Aufenthaltsbereich der Bar und sahen kurz darauf die zwei Herren im Anzug wütend aus der Bar stürmen.

"Was war das da eben?", wunderte sich León, nachdem er ungläubig den Kopf schüttelte.

Ich hätte jetzt sagen können, es wäre nur ein schlechter Witz, ein aufgebrachter Kunde oder verärgerte Vermieter gewesen und es würde sich alles wieder einrenken. Doch dieses eine Gefühl in mir entschied anders.

"Ich glaube, dass war eben der Beginn einer Tragödie"

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Hey Leute,
was meint ihr?
Wird die Geschichte mit Marco noch gut ausgehen?🙈

Viel Spaß beim Grübeln & bis zum nächsten Mal 😚💖

~YellowFluffyUnicorn ❤

Die Hoffnung stirbt zuletztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt