22.Kapitel

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Bird schreckte hoch. Panisch sah sie sich um. Eine kleine Kammer mit metallener Türe. Glatte, kahle Wände aus Felsgestein. Kein Fenster. Sie selbst saß auf einem schmalen Bett mit Strohmatratze. Ihre Hand fuhr zur Brust. Erleichtert atmete sie auf. Feorez, ihr Dämon, war noch da.  Aber wie war sie hierhergekommen? Das letzte, an das sie sich erinnerte, war, wie sie sich auf der Lichtung schlafen gelegt hatte. Wieso befand sie sich dann jetzt in einem Zimmer? Und wo waren die Anderen?

„Du wach?" ,fragte da eine Stimme. Bird drehte den Kopf. Kuro saß keinen Meter entfernt auf einem zweiten Bett.

„Ist das nicht offensichtlich?"

Er antwortete nicht. Vielleicht hatte sie ihn durch ihren scharfen Ton gekränkt. Aber egal. Sollte er doch schmollen. Sie musste zuerst einmal herausfinden wo sie waren. Bird schwang die Beine aus dem Bett und erschrak. Ihre Stiefel waren fort und auch ihr langes Kleid, das bis fast zu den Knöcheln reichte, bedeckte nicht mehr ihre dunklen Beine. Unsicher senkte sie den Blick auf ihren Körper. Erstaunt erblickte sie weißen Stoff. Jemand hatte ihre eigene Kleidung gegen ein kurzärmeliges Kleid getauscht, das ihr nicht einmal bis zu den Knien reichte. Blut schoss ihr in den Kopf. Man hatte sie ausgezogen! Nein, er!

„Bird...", setzte Kuro an, doch sie ließ ihn nicht aussprechen. Die Verlegenheit schlug in Wut um. Was hatte dieser Perverse mit ihr gemacht? Bewaffnet mit nichts außer ihren Fäusten stürzte sie sich auf ihn. Der plötzliche Angriff schien ihn so zu überraschen, dass ihr Schlag ihn mitten im Gesicht traf. Kuro wurde nach hinten gerissen, sein Kopf schlug hart gegen die Wand, doch Bird ließ nicht von ihm ab. Sie riss ihn vom Bett, drückte ihn auf den Boden und kniete über ihn.

„Was..."

Ein Schlag gegen das Kinn.

„...hast..."

Zwischen jedem neuen Wort ließ sie Schläge auf ihn hageln. Kuro wand sich, wehrte sich aber nicht.

„...du...getan?"

Keuchend hielt sie inne und rang nach Atem. Ihre Augen suchten seine, wollten ihn mit Blicken an den Boden nageln, doch dieser verdammte Pony versperrte ihr die Sicht. Grob riss sie die Haare nach hinten.

„Nichts!", antworteteKuro mit quietschiger Stimme.

Doch Bird hörte gar nicht zu. Geschockt konnte sie den Blick nicht von seinem entblößten Gesicht abwenden. Es war schmal, das Kinn spitz, die Nase gerade. Er hätte schön sein können, wären da nicht diese furchtbaren Narben. Dabei waren sie nicht einmal hässlich. Eher das Gegenteil. Dünne, silbrige Linien, die sich in waagrechten und senkrechten Strichen über die obere Hälfte seines Gesichts zogen. Solch ein Muster passierte nicht durch einen Unfall. Jemand hatte ihm diese Wunden zugefügt und das mit erschreckender Präzision und Hingabe, als schaffe er ein Kunstwerk. Nur, dass er dabei die Augen dieses Jungen auf immer zerstört hatte. Bird wandte den Blick ab.

„Nichts. Ich habe gar nichts getan.", wiederholte Kuro.

„Oh.", Bird verlagerte beschämt ihr Gewicht.

Kuro stöhnte auf. Blut sickerte ihm aus der Nase und von einer Wunde am Kinn, ein violettes Veilchen zeichnete seine Wange.

„Entschuldigung."

Hastig stand sie auf und trat einen Schritt nach hinten. Dann reichte sie ihm die Hand, um Kuro aufzuhelfen. Dieser setzte sich auf und stieß mit dem Kopf gegen die dargebotene Hand. Er fluchte und ergriff sie. Brid zog ihn auf die Beine.

„Es tut mir wirklich Leid!", beteuerte Bird.

Kuro ignorierte sie.

„Ich bin einfach ausgerastet, weil ich was anderes anhabe!"

Die Kinder des Drachen, Teil 1: Der schwarze TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt