43.Kapitel

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Inuki saß gerade auf der Toilette. Eine gelungene Konstruktion einer bankartigen Sitzgelegenheit mit einem Loch in der Mitte. Darunter floss ein ständiger Strom Wasser. Inuki hatte sich gerade hingesetzt, als rasche Schritte auf dem Gang ihn aufhorchen ließen.

„Stimmt es?"

„Wirklich?"

„Na endlich!"

Mehr konnte er nicht verstehen. Trotzdem wusste er worum es ging. Die Kinder des Drachen, die vor zwei Tagen losgezogen waren, mussten zurückgekehrt sein. Ausgerechnet jetzt!


Inuki schlug denVorhang zurück, der den Gang mit den Toiletten vom Hauptweg trennte. Es war ungewöhnlich still. Keine Kinderstimmen hallten in den Felsgängen. Alle waren schon nach draußen geeilt. Inuki nahm die Beine in die Hand und hastete hinterher. Mit langen Schritten stürmte er durch die grüne Halle und stürzte nach draußen. Dort blieb er erstaunt stehen. Am anderen Ende der Lichtung hatte sich eine große Menschenmenge rund um einige gewaltige Dämonen gebildet. Doch etwas stimmte nicht. Ein Vogel fehlte. Dafür kauerte neben Flavia ein weiterer Drache. Etwas musste passiert sein. Inuki stürmte wieder los, schlängelte sich durch den Pulk von Kindern. Plötzlich bekam er einen Stoß in den Rücken, brach aus der vordersten Reihe heraus und landete praktisch unter Flavias Nase. Der Drache beäugte ihn interessiert und blies ihm einen Schwall heißer Luft ins Gesicht.

„Was sollte das denn werden?", fragte Kami lachend, als sie vom Rücken des anderen Drachen rutschte. Peinlich berührt rappelte Inuki sich auf. Da fiel Kami ihm auch schon um den Hals. Kurz darauf spürte er noch ein weiteres Paar Arme sich um ihn legen. Inuki sah auf.

„Kuro!", rief er erschrocken, „Was ist denn mit dir passiert?"

Sein Bruder wollte antworten, wurde aber von einem Chor von Stimmen unterbrochen.

„Drache meldet sich zurück im Drachenhort!", brüllte Dragon mit einem solchenNachdruck, dass man seine tiefe Stimme tatsächlich für die eines Drachen halten könnte. Gleich darauf erklangen wie ein Echo die Grüße der Kinder des Drachen.

„Drachenjunge meldet sich zurück im Drachenhort!", meinte Frozen direkt hinter Dragon zusammen mit vielen anderen. Nach kurzem Zögern stimmte auch Sheyna mit ein.

„Drachenmädchen zurück im Drachenhort.", sagte schließlich auch Kami und knuffte Kuro in die Seite. Er verzog das Gesicht.

„Das ist doch dumm.", protestierte er laut genug das jeder ihn hörte. Schweigen senkte sich über die Kinder des Drachen. Inuki schüttelte beschämt den Kopf. Dieser Kuro schaffte es aber auch immer wieder, jeden zu beleidigen. Doch Dragon lachte.

„Ja vielleicht.",stimmte er schließlich zu, „Aber weißt du, solange wir diese Worte sagen und uns dabei dumm vorkommen, haben sie ihren Zweck erfüllt. Dort draußen sind wir Erwachsene, die kämpfen und töten weil wir es müssen. Aber hier im Drachenhort sind wir alle Kinder, die dumme Sachen sagen. Hier müssen wir nicht erwachsen sein, verstehst du?"

Kuro kratzte sich am Kopf. Schließlich murmelte er ein leises „Drachenjunge zurück im Drachenhort."

Dragon lächelte.

„Also dann, rein mit euch.", scheuchte er die Kinder Richtung grüne Halle, „Setzen wir uns, dann erzähle ich was vorgefallen ist."


Andächtige Stille erfüllte die Halle. Mehr als fünfzig Menschen saßen auf den Bänken entlang der Tische, doch kein Laut kam über ihre Lippen. Einzig ihr Atem und das Rascheln der Blätter hoch über ihren Köpfen war zu hören. Gemeinsam schwiegen sie für die Toten, die auf der letzten Mission ihr Leben gelassen hatten. Für Gold, Owl und Light, vielleicht auch schon für Maro, für den fremden Magier, der im Käfig gestorben war, ehe Kami ihn fand und auch für all jene, die sie selbst getötet hatten. Mehrere Minuten saßen sie so da, schweigend, und hingen alle ihren eigenen Gedanken nach.

Die Kinder des Drachen, Teil 1: Der schwarze TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt