16.Kapitel

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Nicht lange und er hatte gefunden, wo Frozens Gruppe Raboria verlassen hatte. Sebastian rief die verbliebenen neun Soldaten zu sich und nahm erneut die Verfolgung auf. Erst führte die Spur beinahe schnurgerade durch den Wald, dann teilte sie sich ohne Vorwarnung in mehrere einzelne Fußspuren, die scheinbar willkürlich in alle vier Himmelsrichtungen verliefen. Da verstand es eindeutig jemand, Spuren zu verwischen. Sie aufzuspüren würde eine Herausforderung werden. Er suchte sich eine besonders deutliche Fährte, die eines Mannes und eines Mädchens, und folgte ihr. Verschlungen und unberechenbar wand sich die Spur abgeknickter Äste und niedergetretener Gräser zwischen den Bäumen hindurch. Doch bald, direkt an einem großen Felsen, der Sebastian bereits an der Stelle aufgefallen war, wo die Spuren sich trennten, führten alle einzelnen Fährten wieder zusammen. Keine schlechte Idee. Nur hatte sie einen Fehler. Er wusste nun genau, aus wie vielen Leuten die Gruppe bestand und wie gut sie darin waren, sich im Wald zu bewegen.

Leider kamen sie jetzt, wo Sebastian das Prinzip erkannt hatte, auch nicht viel schneller voran als zuvor. Murrend stapften die Soldaten hinter ihm und Marina her und hinterließen dabei eine Spur, so breit, dass selbst ein Blinder sie hätte verfolgen können. Solche Amateure.


„Und was hast du in Nova erfahren?", fragte Marina vollkommen unvermittelt.

„Huh?"

„Du warst doch dort, um Informationen zu sammeln.", erinnerte sie ihn zuvorkommend.

„Ja, aber das hat nicht viel ergeben."

„Schade. Erzählst du es mir trotzdem? Vielleicht ist etwas dabei, das uns etwas nutzt."

Sebastian fing an zu erzählen. Es konnte ja nicht Schaden.

„Ich hab in Nova mit den verschiedensten Leuten geredet. Alle kannten sie Nightwall und wussten mir ein oder zwei Geschichten zu erzählen, wenn ich mit den Münzen klimperte. Das meiste davon war aber ausgemachter Schwachsinn. Wie sollte er denn dafür verantwortlich sein, dass Raboria abgefackelt is? Nur weil seine Frau von dort kam. Also wirklich!"

Marina nickte zustimmend.

„Scheint wirklich eine nutzlose Reise gewesen zu sein."


Schweigend folgten sie weiter den Spuren. Schon seit einer Weile hatten sie sich nicht mehr geteilt, doch der nun mit Nadeln bedeckte Boden machte es trotzdem schwer, ihnen zu folgen. Die Tannen um sie her waren hoch aufgeschossen und alt. Einige hatten Äste, die abstanden wie die Stachel eines Igels. Das erinnerte ihn an etwas.

„Da gab es noch was. Einen Händler."

Marina huhte ihn nicht an, sondern hing sofort an seinen Lippen. Anscheinend versank sie nicht so schnell in Gedanken wie er.

„Der Mann war ein komischer Typ. Haare wie Stacheln und eine Nase wie n Kaninchen. Klein und feucht. Aber am merkwürdigsten war die Story, die er mir erzählt hat und das ohne, dass ich ihn bestechen musste. Einfach so. Hat mich angesprochen, weil er bemerkt hatte, dass ich die Leute über Nightwall ausfragte. Sogar n Bier hat er mir spendiert."

Er schweifte vom Thema ab. Räusperte sich und begann noch mal. Sebastian versuchte, bei den Fakten zu bleiben.

„Also er hat mir da diese Geschichte erzählt. Vor Jahren, als er noch Tuchhändler war, hatte er geschäftliches in der Nähe der Villa der Nightwalls zu tun. Das war vor über zehn Jahren, so sicher war er sich da nicht mehr, wusste nur, dass es verdammt lang her is. Da brachte er eine Lieferung zu ner reichen Dame und auf dem Rückweg hat er ein paar komische Typen gesehen, die aufs Eingangstor der Villa zugegangen sind. Die trugen Kleidung aus Shinah, hat er mir geschworen. Aus Shinah!"

Die Kinder des Drachen, Teil 1: Der schwarze TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt