Mein Herz pochte mir bis zum Hals, als ich zwei Männer und eine Frau in grünen Militäruniformen vor mir auf der Fußmatte stehen sah. Die Frau fiel mir vor allem durch ihre Schlichtheit auf. Mit ihrer zierlichen Gestalt und den blonden Haaren, die sie im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden hatte, wirkte sie winzig neben den beiden stämmigen Männern. Doch dann wurde meine Aufmerksamkeit von ihren Augen erregt. Der Anblick jagte mir einen kalten Schauder über den Rücken. Während das rechte Auge blau war, besaß das Linke nicht einmal eine Iris und starrte mir weiß und leer entgegen. Um nicht unhöflich zu wirken, wandte ich hastig den Blick ab.
»Guten Tag«, durchschnitt einer der Männer die angespannte Stille. Er und sein Kollege hatten braune Haare, doch ihr Gesichtsausdruck machte sie unverwechselbar. Wirkte der erste durch die herunterhängenden Mundwinkel recht grimmig, so blickte der andere müde, ja gar gelangweilt drein. »Sind Sie Elisabeth Wilk?«
Meine Großmutter nickte langsam. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und ich schluckte schwer. Es bestand kein Zweifel daran, dass die drei von der Regierung geschickt worden waren. Abgesehen von der Tarnkleidung erstickte auch die Tatsache, dass sie Großmutters Namen kannten, jegliche Zweifel im Keim.
»Wir möchten mit Ihrer Enkelin sprechen«, teilte die Frau uns ihr Anliegen mit. Ihr Tonfall machte klar, dass es sich hierbei keinesfalls um eine Bitte, sondern vielmehr um einen Befehl handelte.
»Aber sicher doch«, murmelte Großmutter tonlos. »Luna? Kommst du kurz?«
Unauffällig runzelte ich dir Stirn und wandte mich an Großmutter. Offiziell war mein Name schließlich Julia. Wie konnte sie das nur vergessen?
Großmutter warf mir einen kurzen, aber eindringlichen Blick zu. Sie hatte einen Plan, das sah ich ihr an. Quälend langsam setzten sich die Zahnräder in meinem Gehirn in Bewegung. Doch dann verstand ich. Sie wollte so tun, als sei ich gar nicht Julia. Sie hoffte, dass die drei denken würden, dass sie sich im Haus geirrt hatten; klammerte sich an die Hoffnung, dass sie wieder abziehen würden. Aber ob diese Leute tatsächlich auf einen solch einfachen Trick hereinfallen würden, wagte ich zu bezweifeln.
Erst, als ich die ungeduldigen Blicke der anderen auf mir spürte, kam mir ihre Aufforderung wieder in den Sinn. Unsicher trat ich aus dem Schatten des alten Eichenschrankes, war jedoch darauf bedacht, den großzügigen Abstand zwischen mir und den drei Abgesandten der Regierung zu wahren.
»Was wollen Sie von mir?« Vergeblich versuchte ich das Zittern in meiner Stimme zu verbergen. Ich hoffte, dass sich meine gespielte Ahnungslosigkeit in ihren Ohren dennoch authentisch anhörte. Vielleicht würde es mir gelingen, sie abzuwimmeln, wenn ich das unschuldige, kleine Mädchen mimte.
Die Frau machte sich nicht die Mühe, auf meine Frage einzugehen, und wandte sich stattdessen an meine Großmutter. Von dem Täuschungsmanöver alten Frau ließ sie sich nicht beirren. »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir kurz hereinkommen?« Ihre Stimme klang derart frostig, dass ich nicht umhin konnte, mich zu fragen, ob die Frau ihr gesamtes bisheriges Leben in einer Tiefkühltruhe verbracht hatte. Ich war mir sicher, dass ich noch nie zuvor einen derart gefühlskalten Menschen getroffen hatte. Nicht einmal Selina war so emotionslos. Sie zeigte zumindest all ihre negativen Gefühlsregungen mir gegenüber. Hass und Schadenfreude waren noch immer besser, als diese starre, undurchschaubare Maske, mit der die Blondine ihr Gesicht bedeckte.
Großmutter runzelte misstrauisch die Stirn. »Ich muss Sie leider enttäuschen. Um ehrlich zu sein, habe ich sehr wohl etwas dagegen. Wer sind Sie überhaupt?«
»Das werden Sie schon noch früh genug erfahren. Lassen Sie uns jetzt also herein, oder nicht?«
Meine Großmutter zögerte einen Moment lang und schien zu überlegen, welche Konsequenzen sie würde tragen müssen, wenn sie die Besucher aus dem Haus würfe. Meiner Meinung nach war es nicht einmal einen winzigen Versuch wert. Sie würden sich nicht von einer alten Frau und einer Dreizehnjährigen verjagen lassen.
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Als die Fantasie Grenzen bekam
Science Fiction2184: Luna lebt in einer Welt, in der es keine Fantasie mehr gibt. Von der Regierung wird sie den Menschen bereits bei ihrer Geburt entzogen. Allein den Umständen ihrer Geburt hat Luna zu verdanken, dass sie eine der Einzigen ist, die ihre Fantasie...