Unser Weg führte uns zur Sporthalle. Ich kam nicht sehr oft hierher, da ich strikt nach dem Motto »Sport ist Mord« lebte. Meine Ausdauer entsprach der eines Hundewelpen und ganz sicher stellte ich mich bei sämtlichen Sportarten auch genauso an wie einer.
Die Sporthalle war riesig und bestand aus mehreren Tennis-, Fußball-, Basketball-, und Volleyballfeldern sowie einem abgetrennten Tanzbereich, dessen Wände rundherum mit Spiegeln versehen waren. Auch mit einer Ecke für Kampfsportarten konnte die Sporthalle dienen. Direkt neben der Eingangstür befanden sich die Umkleiden, die allerdings kaum jemand benutzte, da die meisten sich schon in ihrem Zimmer umzogen, bevor sie zum Sport gingen.
Zu dieser Uhrzeit war die Halle wie leergefegt. Nur zwei sehr ehrgeizige Tennisspieler lieferten sich noch ein stummes Duell, das nur vom regelmäßigen Ploppen des Balls auf dem Hallenboden oder dem Schläger unterbrochen wurde. Ab und zu ertönte ein Fluchen.
»Was sollen wir hier?«, fragte ich verwirrt.
Sam gab keine Antwort und beließ es lediglich bei einem verschwörerischen Lächeln. »Wart's ab.« Ich heftete mich an seine Versen, bis wir schließlich den Tanzbereich erreichten.
»Und jetzt? Willst du hier mit mir Ballett tanzen, oder was?«, lachte ich nervös.
Sam beugte sich zu mir hinunter, bis seine Lippen ganz nah an meinem Ohr waren. »Also ich wäre ja für Engtanz.« Ich erschauderte und versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr er mich damit aus dem Konzept gebracht hatte.
Ich rollte mit den Augen und boxte Sam spielerisch in die Seite, vermied es jedoch, ihm in die Augen zu sehen. »Jetzt sag schon, was hast du vor?«
Wortlos lief er zu einem der Spiegel und zog an der langen Stange, die dort für die Balletttänzer angebracht worden war. Zuerst geschah nichts, doch dann glitt der Spiegel auf einmal wie eine Schiebetür zur Seite.
Sam machte eine einladende Handbewegung. »Ladies first!«
Unsicher trat ich auf das große Loch in der Wand zu. Was auch immer ich dahinter erwartet hatte, ich fand es nicht. Ich fand gar nichts. Dunkelheit erfüllte den ganzen Raum und schien sogar in die Sporthalle hinein zu dringen, obwohl hier alles beleuchtet war. Zögerlich machte ich einen Schritt in den hinter der Schiebetür liegenden Raum hinein und sah mich dort um. Schemenhaft erkannte ich eine Leiter und eine große, viereckige Box, die sich als ein Stromkasten entpuppte. Endlich fand Sam den Lichtschalter und brachte die nackte Glühbirne an der Decke zum Leuchten.
Die Leiter ähnelte der, die ich einst hinabgestiegen war, als ich zum ersten Mal die OMF betreten hatte, und war auch in etwa genauso hoch. Meine Knie schlotterten allein bei der Vorstellung, den ganzen Weg noch einmal bestreiten zu müssen. Ich war kein Freund großer Höhen, wenn ich nicht gesichert war, und das würde sich auch nicht einfach von jetzt auf nachher ändern. Da war ich mir sicher.
»Und da willst du jetzt hoch«, stellte ich nicht sehr begeistert fest. »Du weißt schon, dass das ziemlich hoch ist, oder?«
»Jep.«
»Bist du hier überhaupt schon einmal hochgestiegen?«
»Jep.«
Verdammt, mir gingen langsam die Argumente aus. »Ich glaube nicht, dass das erlaubt ist. Nicht umsonst kennt anscheinend fast niemand diesen Geheimgang, oder denkst du, die Gründer der Organisation fanden es einfach lustig, so just for fun einen Geheimgang einzubauen? Ganz sicher nicht. Wenn uns jemand erwischt, handeln wir uns einen riesigen Ärger ein. Und das kann ich im Moment gar nicht gebrauchen, Sam.«
»Wenn uns jemand erwischt, sage ich, dass es meine Schuld war und ich dich erpresst habe.«
»Nein!«, stieß ich erschrocken hervor.

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Als die Fantasie Grenzen bekam
Science Fiction2184: Luna lebt in einer Welt, in der es keine Fantasie mehr gibt. Von der Regierung wird sie den Menschen bereits bei ihrer Geburt entzogen. Allein den Umständen ihrer Geburt hat Luna zu verdanken, dass sie eine der Einzigen ist, die ihre Fantasie...