Es wird nicht nur ein langer Tag, sondern auch eine lange Nacht, die ich zusammen mit Lucas in einem kleinen Kastenwagen verbringe. Wir haben das Auto, das als Klempnerfahrzeug getarnt ist, in eine Auffahrt gestellt und beobachten die Villa nun schon seit Stunden.
Und es hat sich nichts getan.
Fast habe ich ein Deja Vu aus der Zeit, in der ich zusammen mit Zayn das Haus von Louis Onkel observiert habe. Mit dem Unterschied, dass Lucas etwas gesprächiger ist, als Zayn. Damit mir die Beine nicht einschlafen, habe ich meinen Sitz so weit nach hinten geschoben, wie es möglich ist und sie ausgestreckt. „Gibst du mir bitte mal den Grundriss?", fragt Lucas und ich ziehe das große Papier aus dem Chaos an Unterlagen, die vor mir auf dem Armaturenbrett herumliegen. „Also wenn ich das richtig gesehen habe, dann sollte man durch dieses Fenster hier in die Küche kommen", überlegt er und deutet mit dem Bleistift auf ein eingezeichnetes Fenster, das wir mit dem Fernglas etwas genauer beobachtet haben. Davor befindet sich ein dichtes Buschwerk und man sollte so ungesehen nahe ans Haus herankommen. Nickend nehme ich seine Aussage zu Kenntnis und suche mit dem Nachtsichtglas die Umgebung des Fensters ab. „Da ist eine Kamera...oben in der Ecke. Die werden wir ausschalten müssen", überlege ich und versuche das Modell zu erkennen. Leider habe ich darin keine Erfahrung und reicht das Nachtsichtgerät an Lucas weiter, der versucht herauszufinden, um welche Marke es sich bei der Kamera handelt. „Ich glaube, das ist eine Basecom Pro, aber ich bin mir nicht ganz sicher. Wir sollten uns das morgen bei Tageslicht nochmal genauer ansehen."
Weil mir früh am Morgen irgendwann die Bewegung fehlt, beschließe ich, eine Runde um den Block zu laufen, um meinen Kreislauf wieder wach zu bekommen. Lucas bleibt im Wagen sitzen und ich steige aus und schließe die Tür leise hinter mir. Mittlerweile ist es fast 4 Uhr am Morgen und auch der letzte in der Straße scheint ins Bett gegangen zu sein. Es ist vollkommen still und aus keinem Haus kommt mehr Licht. Meine Schuhe schaben über den Asphalt, als ich an der langen Mauer entlang gehe, die das Grundstück umgibt. Sie ist hell gestrichen und strahlt das wenige Mondlicht ab, das durch die Blätter der Bäume rings herum auf sie fällt. Am Haupttor bleibe ich einen Moment stehen und sehe mir die aufwändige Klingelanlage an, die mit einem kleinen Monitor und einem Fischauge ausgestattet ist. Vermutlich um den Besuch besser sehen zu können.
„Will du zu meinem Dad?", fragt eine Stimme und ich zucke zusammen. „Der schläft sicher schon", kichert der junge Mann, der hinter mir aufgetaucht ist und mich wie ein Honigkuchenpferd angrinst. Ich erkenne ihn sofort, das ist der Radiomoderator und Sohn des Hausbesitzers. Nick Grimshaw.„Ich bin eigentlich nur zufällig hier vorbeigekommen", sage ich langsam und sehe in den glasigen Augen sofort, dass der Kerl ziemlich angetrunken ist. „Achso", sagt er langsam und zieht einen Schlüssel aus der Hosentasche. Der Ring verhakt sich jedoch und er kriegt ihn nicht raus. „Ah, es hängt fest", jammert er und zerrt an der Hose. „Soll ich dir helfen?", biete ich an und er nickt: „Ja gerne." Vorsichtig löse ich den Schlüssel aus der Hosentasche und reiche ihn dann dem Typen. „So zärtlich war schon lange niemand mehr mit meinem Arsch", kichert er und schiebt neckend die Zunge zwischen die Zähne, bevor er die Tür öffnet. „Willst du vielleicht noch mit reinkommen? Ich kann sicherlich noch nicht schlafen, dazu bin ich viel zu wach."
Ohne einmal darüber nachzudenken, willige ich ein. Besser kann man ein Haus schließlich nicht unter die Lupe nehmen. Der junge Mann tritt vor mir durch das Tor und ich gebe in Lucas Richtung noch schnell einen Daumen hoch. Seine Reaktion kann ich nicht sehen, aber ich hoffe einfach, dass er mit dem Wagen noch da ist, wenn ich wieder rauskomme.
„Wie heißt du eigentlich?", frage ich und gehe neben dem Mann den breiten Weg zum Haupthaus entlang. „Ich bin Nick."
„Ich bin Edward", sage ich und nenne rasch den Namen aus meinem falschen Reisepass. Nick grinst mich an und steuert auf die Haustür zu. „Edward...britischer ging wohl nicht mehr, oder?" Er kichert und stolpert die Treppen zur Haustür hoch. Schnell greife ich nach seinem Arm, damit er sich nicht vor der Tür auf die Nase legt. „Danke, oh man ich bin aber auch durch...das war wohl ein bisschen zu viel heute..." Ich hebe den Kopf und sehe die Überwachungskamera in der Ecke neben der Tür. „Da wird sich dein Vater sicherlich amüsieren, wenn er das sieht", sage ich und nicke hinauf zu der Kamera. „Ach, die ist gar nicht angeschlossen", winkt Nick ab und schließt die Tür auf. Sie ist aus schwerem Holz, schwingt aber leise auf und wir treten in eine kühle Eingangshalle. „Wieso hat er die Kamera dann? Ist doch vollkommen sinnlos", überlege ich und schließe die Tür hinter mir wieder leise. Nick wankt vor mir her durch die Eingangshalle und biegt nach rechts in die Küche ab, wo er den Kühlschrank öffnet und in das helle Licht blinzelt. „Meine Fresse, mein Kopf...", jammert er und greift nach eine Flasche. Es ist Fiji Wasser und ich ziehe die Augenbrauen hoch. Muss das wirklich sein, dass man Wasser von so weit her kauft, wo man doch auch Wasser aus der Leitung trinken kann? Naja, wenn man Geld hat, scheint das egal zu sein.
Zusammen sitze ich mit Nick wenig später im Wohnzimmer der Familie und schaue durch das große Fenster hinaus in den Garten. „Wohnst du eigentlich auch hier?", will ich wissen und Nick schüttelt sofort den Kopf: „Nein, ich wohne in der City aber der weg von der Party bis hierher war deutlich kürzer, deswegen bin ich hergekommen. Mein Dad hat mein ehemaliges Zimmer auch schon längst zu einem Fitnessraum umgebaut. Ich werde vermutlich heute Nacht hier auf dem Sofa schlafen." Er streckt sich aus und gähnt. Wie es scheint, ist er richtig müde und ich nutze die Chance und sage ihm, ich müsste mal aufs Klo. Wenn ich nur lange genug weg bin, schläft er vielleicht ein und ich kann mir das Haus ein wenig genauer ansehen.
„Das Badezimmer ist im ersten Stock, wenn du die Treppe raufkommst, erste Tür links", nuschelt Nick mir zu und ich stehe leise auf. In der Tür drehe ich mich nochmal um und tatsächlich hat er die Augen schon geschlossen.
Das Haus ist der Wahnsinn. Andächtig gehe ich die Treppe hinauf und versuche dabei, so wenig Lärm wie möglich zu machen. Überall stehen teure Möbel herum und ich würde fast behaupten, dass es noch schicker ist, als bei den Tomlinsons. Andächtig streiche ich mit dem Finger über die glatte Oberfläche eines Tischchens auf dem eine Vase mit Blumen steht. Ob das die Vase ist, die geklaut werden soll? Schnell ziehe ich das Handy aus der Tasche und fotografiere sie, bevor ich sie anhebe und auf der Unterseite nach einem Stempel schaue. Ikea.
Gut, das wird mit Sicherheit nicht das begehrte Stück sein, aber vielleicht finde ich sie ja zufällig irgendwo hier oben. Leise schleiche ich weiter den Flur entlang, bis ich das Badezimmer gefunden habe.
Verdammt, ist das ein schickes Ding. Diese freistehende Badewannen fand ich ja schon immer ziemlich cool und zu gerne würde ich mir ansehen, wo sich der Abfluss eigentlich befindet, denn das wollte ich schon immer mal wissen. Allerdings muss ich wieder runter ins Wohnzimmer, sehen ob Nick noch schläft und wenn ja, dann sollte ich schleunigst das Haus ansehen.
Wenn ich detaillierte Informationen über das Haus liefern kann, werde ich mit Sicherheit in der Gunst von Forster steigen und Cornel wird sich grün und blau ärgern.
Der Gedanke zaubert mir ein Grinsen aufs Gesicht und gibt mir neue Motivation, jetzt so viele Informationen wie möglich zusammen zu kriegen. Ich nutze den einsamen Moment und lasse Menzies von der Vase wissen. Weil ich kein Bild davon habe, kann ich lediglich die Auktion nennen und ihm mitteilen, dass Mr Grimshaw letztes Jahr dort eine Vase ersteigert hat. Vielleicht findet Menzies ja den Namen des Mannes heraus, der gegen Grimshaw verloren hat.
Nachdem ich mich versichert habe, dass Nick wirklich tief und fest auf der Couch schläft, schleiche ich durchs Haus, sehe mir die Fenster genau an und zähle die Kameras. Per Sprachaufzeichnung halte ich fest, wo sich die Kameras befinden und welche Räume man von der Straße aus nicht einsehen kann, dann mache ich mich schnellstens davon, bevor Nick aufwacht oder der Herr der Hauses einen nächtlichen Toilettengang unternimmt und mich womöglich noch erwischt. Leider ist die Haustür verschlossen und ich muss Nick aufwecken. Er ist so schlaftrunken, dass er gar nicht registriert, dass ich ihm erkläre, dass ich gehe. „Hier mit dem Schlüssel kannst du aufschließen, wirf ihn einfach in den Flur und ziehe die Tür hinter dir zu", nuschelt er und hält mir den Schlüssel hin. „Prima, danke dir..."
„Gute Nacht", lallt Nick und schnarcht weiter, sobald ich den Schlüssel in der Hand habe.
Nachdem ich aufgeschlossen habe, bleibe ich einen Moment in der Tür stehen und wiege das Metall in den Händen. Ich könnte den Schlüssel einfach mitnehmen, dann könnten wir einbrechen, ohne Spuren zu hinterlassen. Allerdings könnte dann auch klar sein, dass ich der Täter bin, denn Nick wird sicherlich noch wissen, dass ich den Schlüssel hatte.
Und wenn ich meine Fingerabdrücke abwische?
Dann könnte ich zumindest leugnen, dass ich ihn hatte. Außerdem weiß Nick meinen echten Namen ja nicht.
.-.-.-.
Achja der gute alte Nick:)
Ist es klug von Harry gewesen, mit ihm mitzukommen?Gestern war es ziemlich ruhig im letzten Kapitel. Hattet ihr alle viel zu tun oder hat Watty unterschlagen dass es ein Update gab?
Liebe Grüße und schönen Sonntag:)
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Thin Ice • Buch II (Two Hearts Reihe)
FanfictionFortsetzung von 9-2-9 [Teil 1 muss gelesen werden, sonst ist das Verständnis hier ein wenig eingeschränkt] Dünnes Eis Das ist es, worauf sich Harry bewegt, als er nach seiner Festnahme zurück nach London kommt. Forster hat ihn im Blick und seine näc...