34.Kapitel

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Das Bett in dem ich liege, ist weich, die Laken glatt und frisch gewaschen.

Mein Kopf wird von mehreren Kissen gestützt, sodass ich fast aufrecht liegen kann. Ein unglaublicher Druck hämmert von innen gegen meine Stirn und ich kann die Augen nur einen Spalt breit öffnen. Wie lange habe ich geschlafen? Das Licht ist viel zu grell, was meinen Kopfschmerz nur verstärkt. Die Haut in meinem Gesicht spannt und jemand hat mir mehrere breite Tapepflaster ins Gesicht geklebt, die meine lädierte Nase stützen sollen.

Wieder wache ich kurz auf, weil jemand mit einem feuchten Waschlappen über meine Arme und den Oberkörper streicht. Es sind weiche Frauenhände, die mich waschen und sie ist vorsichtig in ihren Bewegungen. Das Wasser ist warm und angenehm auf der Haut und ich blinzele vorsichtig in die Richtung der Frau, die neben meinem Bett sitzt. „Harry...kannst du mich hören?", fragt Emilia leise und sanft und taucht in meinem verschwommenen Sichtfeld auf. Gerne würde ich ihr antworten, aber ich kriege keinen Ton heraus. Es ist, als hätte man mir den Ton abgedreht. „Du kannst auch einfach einen Finger heben, wenn du nicht sprechen kannst", fährt sie fort und ich krümme den Zeigefinger, der auf der Bettdecke liegt. Sie seufzt: „Du hast Titus gerettet und die Männer in die Flucht geschlagen. Das werde ich dir nie vergessen. Tausend Dank."

Ich bringe ein leichtes Lächeln zustande, doch es ist so anstrengend, dass ich es nicht lange halten kann. „Du hast vier Tage geschlafen und im Schlaf geredet...aber den Namen haben wir leider nicht verstanden. Ist das vielleicht deine Freundin? Wir können Sie anrufen, damit sie sich keine Sorgen macht."

Mein belämmertes Gehirn kann nicht so schnell denken, weshalb ich einfach ruhig liegen bleibe. Das ist gerade alles zu viel. Emilia scheint verstanden zu haben, denn sie sagt leise: „Schlaf weiter. Du musst wieder auf die Beine kommen." Sie trocknet mich ab, streicht mir dann über den Kopf und geht leise aus dem Zimmer.

Als ich das nächste Mal aufwache, kriege ich die Augen schneller auf und auch das Licht, das durch das große Fenster in mein Zimmer fällt, blendet nicht. Der Wecker auf dem Nachttisch zeigt 16:34 Uhr an und das Datum ist der 22.Juni.

Oh ich war fast eine Woche ausgeknockt.

Oder hat man mir etwas gegeben, damit ich schlafe und mich besser erhole?

Vorsichtig setze ich mich auf und kneife die Augen zusammen, so anstrengend ist es. Allerdings ist es nicht verwunderlich. Wenn man eine Woche nur liegt, ist die Kraft einfach weg. Vorsichtig schlage ich die Bettdecke zurück: mein Brustkorb ist bunt und die vielen Hämatome heilen langsam ab. Scheiße, die haben mich ganz schön erwischt. Gibt es hier einen Spiegel? Ich würde gerne mal mein Gesicht sehen. Wenn es so aussieht, wie es sich anfühlt, dann muss es schlimm sein. Langsam schiebe ich ein Bein über die Bettkante und bleibe erst mal einen Moment sitzen, bis sich mein Kreislauf wieder soweit normalisiert hat, dass ich mich sicher fühle. Im Augenblick scheint es mir unmöglich, aufzustehen. Mit geschlossenen Augen sammele ich mich und stehe auf. Gerade in dem Moment, als die Tür aufgeht und Emilia hereinkommt, gefolgt von Titus. Der Junge sieht mich so bewundernd an, dass ich nicht anders kann, als zu lächeln. Schnell versteckt er sich hinter seiner Mum. „Wow, du stehst ja schon. Übernimm dich bloß nicht", sagt sie, stellt ein Tablett mit einem geschlossenen Teller auf einem Tischchen ab und sieht mich an. „Wie fühlst du dich?"

„Ganz gut. Noch ein wenig wackelig auf den Beinen", gebe ich zu und halte mich schnell am Fußende des Bettes fest, als ich ins Wanken gerate. „Leg dich lieber wieder hin. Ich habe dir was zu Essen gemacht und Titus wollte dir noch was sagen." Sie wendet sich an ihren Sohn, der schüchtern einen Schritt auf mich zu macht. „Danke, dass du mich gerettet hast", sagt er leise und reicht mir die Hand, die ich natürlich schüttele: „Das habe ich gerne gemacht."

Thin Ice • Buch II (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt